Das SABA-Cello – ein Baubericht

von Frank E.

SABA-Celli - Foto: Frank E.
SABA-Celli – Foto: Frank E.

Vor ein paar Wochen war ich für einen Abend beim Audionisten zu Gast. Wir haben einige Stunden Musik gehört und dabei verschiedene Verstärker und Lautsprecher verglichen. Dabei kamen auch die SABA Celli zum Einsatz. Das Besondere an diesen Lautsprechern ist, dass hier ein alter Breitbänder aus den 1950er Jahren eingesetzt wird, der die dünnen Seitenteile des Gehäuses in Schwingung versetzt, die, ähnlich einem Gitarrenkorpus, resonieren und ebenfalls Töne erzeugen. Obwohl dieses Konzept den Merkmalen „moderner“ Lautsprecher widerspricht, haben mir die Celli dermaßen gut gefallen, dass der Audionist mich mit den Worten verabschiedete: „Ich glaube, du baust dir bald neue Lautsprecher“. Recht hatte er!

So fanden nach einiger Internetrecherche die benötigten Lautsprecherchassis zu mir: ein Paar SABA Permadyn 19-200-5298-U8 samt dazu gehörender Hochtöner. Um letztere anzukoppeln, sollten russische Paper-in-Oil (PIO) Kondensatoren verwendet werden.

SABA-Cello - Schablone zur Anfertigung der Oberseite - Foto: Frank E.
SABA-Cello – Schablone zur Anfertigung der Oberseite – Foto: Frank E.

In Sachen Formgebung der Lautsprecher wurde ich auf der Homepage von Troels Gravesen fündig, nach dessen Maßen ich eine Schablone anfertigte. Das Ausschneiden der Deckel aus 15mm Birkensperrholz funktionierte mit Hilfe einer Bandsäge sehr gut. Der Verschnitt würde später als Zwinge zum Aufleimen der geschwungenen Seitenteile aus 3mm kreuzverleimten Pappelsperrholz dienen. Die Frontlöcher für die Lautsprecher wurden gefräst und Distanzplatten angefertigt, um die Hochtöner um 15mm nach hinten zu versetzen. Damit soll erreicht werden, dass die Zentren der Lautsprecher auf annähernd einer Ebene liegen.

SABA Cello im Rohbau - Foto: Foto: Frank E.
SABA Cello im Rohbau – Foto: Frank E.

Die Verleimung der geschwungenen Seitenteile stellte erwartungsgemäß die größte Herausforderung dar, denn diese werden für die Celli auf Spannung verbaut, ohne die Biegung durch Anfeuchten oder Erhitzen zu erleichtern. Um eine größere Ansatzfläche für die Verleimung zu erhalten, wurden zusätzliche Leisten auf die Frontplatte geklebt. Das eigentliche Biegen mit dem Deckel als formgebendes Element hat dann mit Hilfe der Verschnittreste recht gut funktioniert. Hier muss aber unbedingt darauf geachtet werden, einen guten Leim zu verwenden und nicht zu stark zu zwingen, da das Pappelsperrholz schnell reißt.

SABA Cello - das Verleimen der Seitenwände - Foto: Frank E.
SABA Cello – das Verleimen der Seitenwände – Foto: Frank E.

Die Gestaltung der unteren Gehäuseöffnung wird unter Celli-erfahrenen Bastlern diskutiert: Manche plädieren dafür, dass das spätere Resonieren der Seitenteile im unteren Bereich durch nichts beeinträchtigt werden darf. Andere mahnen eine Kontrolle eben dieser Resonanzen durch Spangen oder Stege an. Ich habe mich an den Celli des Audionisten orientiert und mittels Drahtseil und Spannschloss eine Vorrichtung gebaut, mit der der Abstand von Front- und Rückwand und damit die Spannung der Seitenteile eingestellt werden kann. Dieses könnte besonders im Verlauf der Zeit nützlich werden, wenn das Holz strukturell ermüdet, seine Spannung verliert, und die Seitenwände beginnen zu „flattern“.

Nach zwei Wochen des Bastelns standen sie dann endlich da, die Lautsprecherchassis waren eingebaut und der ersten Töne erklangen. Die Celli machen einen präzisen, trockenen Bass, der einen mittelgroßen Raum problemlos füllt. Für mich wird dieser Bereich schon fast zu prominent dargestellt – die Lautsprecher haben deshalb sehr von einer leichten Dämmung der Gehäuse mit Dämmwolle direkt hinter den Breitbändern profitiert. Nun gefallen sie mir immer besser, auch wenn die Feinabstimmung noch nicht abgeschlossen ist. Ich bemerke immer wieder, dass sich besonders akustische Instrumente wie ebendiese anhören – und nicht „nur“ wie Aufnahmen davon. Menschliche Stimmen werden detailliert und klar dargestellt. Es sind tolle Lautsprecher!

Ich möchte noch erwähnen, dass die Ideen, die in den Bau der Celli geflossen sind, nur zu einem geringen Teil von mir stammen. Besonders der Audionist hat mich mit eigenen Ideen und zusätzlichen Tipps von Segschneider und anderen Celli-erfahrenen Audio-Freunden unterstützt.

Vielen herzlichen Dank dafür!


Redaktionelle Anmerkung I:

Segschneider zum Thema Hochtöner:

Die großen Radios der Röhrenära  hatten bis auf wenige Ausnahmen die Hochtöner seitlich montiert. Gegenüber der Abstrahlung von der Frontseite entstand ein Pegelverlust, der durch nochmals empfindlichere Hochtöner ausgeglichen wurde. Typische Hochtöner dieser Ära können 110dB erreichen. Das muss berücksichtigt werden, wenn man derartige Schallwandler auf der Frontseite an ein 95dB lautes Hauptchassis angleichen will. Leider lässt sich keine allgemeine Regel angeben, wie man diesen Hochtonpegel zähmen kann. Erstens sind die verwendeten Chassis keineswegs gleich, selbst der SABA ist in unterschiedlichen Bauformen mit unterschiedlichen Magneten ausgestattet worden. Zweitens bündeln diese Konushochtöner den Schall, schon geringe Anwinkelung zur Hörposition macht eine andere Kompensation notwendig. Und drittens hängt es sowohl von der Distanz zum Hörer als auch von der Raumcharakteristik ab. Aber ohne Vorwiderstand, der den Pegel des Hochtöners absenkt,  ohne den geht es gar nicht.

Redaktionelle Anmerkung II:

Mitte Februar wandte sich Frank E. in einer Email an mich. Er trug sich mit dem Gedanken, eine neue Endstufe zu bauen und liebäugelte mit dem GRANDE. Es stellte sich heraus, dass er ganz in der Nähe wohnt, und so lud ich ihn zu einer kleinen Hörsession ein – als Entscheidungshilfe sozusagen. Ich glaube, die Idee mit der neuen Endstufe wurde schon an diesem Abend verworfen 🙂 …

MiMü

Endlich mal was über Lautsprecher!

Altec 420A (hinten) und SABA Permadyn 19-200 5298 U 8 (vorn) - Foto © Michael Münch
Altec 420A (hinten) und SABA Permadyn 19-200 5298 U 8 (vorn) – Foto © Michael Münch

Gelegentlich erreichen den Audionisten Anfragen von Lesern, die mehr zum Thema Lautsprecher wissen wollen:

(…) so klasse die Röhrenendstufen klingen mögen, aber mir fehlen langsam die Beschreibungen der dazu passenden Lautsprecher, um den Kettengedanken zu komplettieren! (…)

(…) Da Du ja den Herren gut zu kennen scheinst, wäre es vielleicht auch mal Wert, ihn nach dem alternativen Lautsprecher Beyma zu fragen, zumal dies Konzept schon einige Jahre zurück liegt! Vielleicht haben sich da auch neue Erkenntnisse ergeben? (…) Allerdings interessiert mich auch Dein Cello Projekt!

(…) Es wäre auch klasse, wenn Sie mal das Geheimnis der Lautsprecher lüften würden.
Womit hören Sie und vor allem Ihre Söhne um mit den Kleinleistungsverstärkern entsprechend zu harmonieren ? Der Saba-Cello-Blog ist ja noch offen. Oder ist es nach wie vor die Siemens Box (…)

Erst neulich beantwortete ich eine solche Anfrage. Ich zitiere mal mich selbst:

(…) wir alle … hören mit Vorliebe mit den grünen Pappen. Das wird sicher auch noch eine Weile so bleiben. Dass ich aber nichts über meine SABA Celli schreibe (ergänzende Anmerkung heute: obwohl ich es im Blog mal angekündigt habe!), hat … Gründe: die haben in den Jahren, die ich sie habe – ich glaube, sie vor sieben oder acht Jahren für 500€ bei e..y erstanden zu haben – technisch gesehen mehrere Häutungen durchgemacht. Das einzige, was noch so ist wie damals, sind die hölzernen Korpi. Alles andere ist ausgetauscht worden gegen Besseres, es gab diverse Modifikationen in Sachen Dämpfung. Die verbessernden Änderungen habe allerdings nicht ich vorgenommen, sondern mein Mentor und Freund Segschneider. Was er da so im Einzelnen gemacht hat, ist allerdings nicht für die Veröffentlichung vorgesehen, jedenfalls derzeit nicht. Bitte erlauben Sie uns also in dieser Sache ein wenig Geheimniskrämerei.

Warum veröffentlichen wir das nicht? Ganz einfach: meine SABA-Gehäuse sind die Kopie der Kopie der Kopie des idealen SABA-Cellos (wenn es das je gegeben hat) und somit – wie hunderte anderer Cello-Nachbauten auch – im Grunde genommen schon wieder Einzelstücke. Um die zu pimpen, braucht es ganz individuelle Maßnahmen, es kommt auf viel Erfahrung, Intuition und zielgerichtetes Probieren an. Der Vorgang ist somit nicht in ein veröffentlichbares Rezept zu packen. Liebe Leser, habt bitte Verständnis dafür, dass Segschneider und ich uns nicht auf solches Glatteis begeben wollen und uns auch die Zeit fehlt, anderen hier praktische Hilfestellung zu geben.

„Sag mal, Segschneider – irgendwas müssen wir den Lesern aber doch mit auf den Weg geben können?“

Eine persönliche Anmerkung von Segschneider in Sachen Lautsprecher

Die Frage, welcher – selbstverständlich höchstempfindliche! – Lautsprecher zu den Verstärkern passt, die im Audionisten so vorgestellt worden sind, und darüber hinaus die Frage, welche Lautsprecher der beteiligte Personenkreis hört, diese Frage ist uns schon mehrfach gestellt worden. Und warum wollen wir uns (derzeit) nicht mit Lautsprechern beschäftigen?

Einige Gründe hat Michael bereits genannt. Darüber hinaus ist nachzutragen, dass ich (zu über 90%) Klassikhörer bin, und ein Lautsprecher wie der meine nur zur Musikwiedergabe all dessen taugt, was mit natürlichen Instrumenten angestellt wird, sei es nun die Stimme von Diana Krall, die ich hier mal zu den Instrumenten der Natur zähle, oder sei es klassischer Jazz. Das ist, man muss das so deutlich sagen, eine massive Einschränkung. Alle Breitbänder haben bestimmte Begrenzungen, und ich empfehle jedem, der mit diesem Thema nicht voll vertraut ist, die exzellenten Anmerkungen von Bob Brines zu studieren. Da seine Seite brinesacoustic.com während der Arbeit an diesem Beitrag aus dem Netz genommen wurde, soll Bob Brines hier zitiert werden:

Bob Brines:
Who Should Use Single Driver Speakers?

Single driver speakers are not for everyone. I want to make this clear at this point, because the last thing I want to do is have a pair of speakers returned as „unsuitable“.

Single driver speakers are most suitable for the more intimate genre and at moderate volume levels. This includes solo voice, small group jazz and 18th century classical and chamber music. For these genre, single driver speakers are superb. You will hear nothing better. They also do classic rock pretty well as long as the volume is kept to reasonable levels. By reasonable, I mean ~80dB at the listening position. (…) Now, if you are into heavy metal or want Mahler symphonies at concert volume, I suggest that you look elsewhere. (…)

© Bob Brines

Bob Brines:
Why Single Driver Speakers?

Single driver speakers have a unique sound. That sound comes from a lack of a conventional crossover. In a two-way speaker, the acoustic phase of each driver rotates in opposite directions around the crossover point. While the combined phase may be correct at the crossover point, away from that point, the phase will be constantly changing. Why is this important? The human ear/brain is designed to locate sounds primarily by phase. We are very sensitive to phase in the 300-3000Hz range. Outside on this range, sound location becomes increasingly difficult, but within this range, if the phasing is messed up, the sound stage lacks precision and depth. A normal two-way speaker has the crossover point in the middle of 1500-2000Hz range, which is smack in the middle of the frequency band where humans are most sensitive to phase changes. By not having a crossover and the attendant phase problems, a single driver speaker sounds much more natural.

A good single driver speaker is more articulate and detailed in the bass and midrange than a multi-way speaker. Because the driver in a single driver speaker must work up to 10kHz and beyond, the cone is much lighter than the cone of a comparably sized driver in a multi-way speaker that is crossed out by 2kHz. Less cone mass means faster response to the electrical signal and better transient response. The lighter cones also promote higher efficiency. (…)

© Bob Brines

Breitbänder sind für Leisehörer, also für einen Personenkreis, der sich auf Spitzenpegel von 85 bis allermaximalst 90dB beschränken kann und daran Freude hat. Nebenbei bemerkt ist das auch das Schonendste für die Ohren, die bei andauernd höheren Pegeln zu leiden beginnen.

Was tun, wenn man diese Einschränkungen nicht akzeptieren möchte? Nun, dann beginnt eine – hoffentlich nicht allzu lange – Suche nach den seltenen Gerätschaften, die Höchstempfindlichkeit mit großen Chassis vereinen. Prototypisch sei der Altec 604 genannt, aber es gibt auch andere. An dieser Stelle soll auf einen Audionisten-Beitrag hingewiesen werden, der über Erfahrungen aus dem Vergleich Altec 604-8H-III vs. Altec 420A (Altec Santana) berichtet.

Altec-Schwestern: links die Altec Santana mit dem 420A-Chassis, rechts ein Altec 604-8H-III in einem DIY-Bassreflex-Gehäuse - Foto © Michael Münch
Altec-Schwestern: links die Altec Santana mit dem 420A-Chassis, rechts ein Altec 604-8H-III in einem DIY-Bassreflex-Gehäuse – Foto © Michael Münch

Recht verbreitet sind Konzepte, die einen 20er Breitbänder mit einem großen, meist 38er Chassis kombinieren und je nach verwendeten Chassis den Weichenpunkt so um die 300 Hz legen – weithin bekannt geworden in der Szene ist der Entwurf von Visaton. Nelson Pass, ein gestandener Breitbandfan, hat der amerikanischen Szene eine vergleichbare Lösung vorgestellt, welche die astronomisch teuren Feastrex Chassis einsetzt. Auch in Europa sind derartige Lösungen in letzter Zeit verbreitet worden, so z.B. von Troels Gravesen, so von Hans Kortenbach, so aber auch von der Selbstbauerszene, die sich nicht scheut, alte Radiochassis wie den Saba mit geeigneten Tieftönern zu vereinen. Entsprechende Projekte sind im Internet leicht zu finden.

Kommen wir zurück zur Frage, was man als Fullranger oder Breitbandchassis denn heutzutage wählen könnte. Wer meine oben erwähnten Vorlieben teilt, kann gerne zum Saba greifen, so wie ich das getan habe. Leider werden diese historischen Schallwandler so langsam seltener, das Angebot verengt sich. Aber als voll geeigneten Lautsprecher kann man einer breiteren Allgemeinheit solch ein Konzept kaum andienen. Nicht jeder ist Klassikhörer.

Schauen wir zuerst auf die Internetseiten eines Mannes, der sich dieser Thematik mit Leidenschaft und Hingabe verschrieben hat, Kevin Davis (glowinthedarkaudio.com). Der Schallwandler, der die höchste Empfehlung von ihm erhält, ist ebenfalls ein alter: Supravox 215 RTF 64 ohne Hochtonkegel. Er ist, Wunder über Wunder, heute noch erhältlich und, noch erstaunlicher, sogar zu einem überraschend akzeptablen Preis. Einziges Manko: es ist ein 8 Ohm Chassis, und es gibt von Supravox keinen passenden Hochtöner.

Ich greife diese Empfehlung deswegen an erster Stelle auf, weil auch andere Sachkundige – die Autoren der Schrift „Höchst empfindlich“ nämlich – einen äußerst positiven Eindruck von diesem Chassis hatten, als sie vor gut zwanzig Jahren die Faktenlage zu ihrem Buch recherchierten. Damals war es freilich schwierig, den Supra überhaupt zu bekommen, wie die Autoren berichten, aber das hat sich glücklicherweise heutzutage gebessert.

Alternativ kämen, wenn man eher rockig-poppige Musik hört, der Tangband W8-1772 oder der Visaton B200 infrage. Fostex – Achtung, jetzt wird’s voll subjektiv – ist eine etwas andere Nummer, und wenn ich aus diesem Sortiment wählen wollte/sollte/müsste, würde ich den Fostex FE 168 Sigma nehmen. Er benötigt keinen zusätzlichen Hochtöner, sollte aber – wiederum voll subjektiv – im backloaded horn betrieben werden. Insofern ist er nicht ganz mit den beiden erstgenannten zu vergleichen. Denn Tangband und Visaton erlauben es dem Betreiber, dem Weg von Kevin Davis zu folgen und sie auf einer offenen Schallwand einzusetzen. Ich würde die Version mit den klappbaren Flügeln wählen, und als Hölzer Birke Multiplex, Pappel, Erle oder Ahorn empfehlen, die jeweils einen etwas unterschiedlichen Charakter des ganzen Lautsprechers ergeben, und dem Anwender damit eine kleine individuelle Anpassung erlauben.

offene Schallwand mit unsymmetrischen klappbaren Seitenflügeln

Wenn eine offene Schallwand sich in den Hörraum einfügt, oder wenn der Hörraum auf die Schallwand hin modifiziert werden kann, dann ist sie mit Sicherheit der Weg, der mit dem Einsatz geringster Mittel große musikalische Freude bereiten kann – diesbezüglich hat Kevin Davis unbedingt recht.

Kevin präsentiert auf seiner sehr informativen und gut fotografierten Website Glow In The Dark Audio eine von ihm für Versuche eingesetzte offene Schallwand, die er liebevoll „TELEFUNKEN Open Baffle“ nennt. Er war so freundlich, ein Foto davon zur Verfügung zu stellen:

"TELEFUNKEN Open Baffle" - Foto mit freundlicher Genehmigung von Kevin Davis, glowinthedarkaudio.com
„TELEFUNKEN Open Baffle“ – Foto mit freundlicher Genehmigung von Kevin Davis, Glow In The Dark Audio

Nach uns vorliegenden Informationen stammt das Konzept von SIEMENS. Hier eine mögliche Dimensionierung:

offene Schallwand nach SIEMENS
offene Schallwand nach SIEMENS

Nicht erwähnt habe ich die 20er Chassis von Phy-HP. Ich würde sie gerne einbeziehen – aber mit welchem Hochtöner? Die wohl eher aus markttechnischen Gründen (wollte man ein Alleinstellungsmerkmal?) gewählte Impedanz von 16 Ohm macht es unmöglich, sich aus vorhandenen alten Radiochassis zu bedienen, denn die haben alle 4 oder 5 Ohm. Am Markt zu erhalten wären Hörnchen (nein, nicht die vom Bäcker) oder magnetostatische Hochtöner, und von beiden bin ich kein Freund. Wer die Hürde des passenden (?) Hochtöners springen kann, findet freilich im Phy-HP ein zwar teures, aber kein schlechtes Chassis. Im Unterschied zum Tangband kann es leise Töne, den ausschwingenden Instrumentenklang, die subtile Frauenstimme recht gut wiedergeben.

Der Supravox 215 RTF 64 benötigt ebenfalls einen Hochtöner. Und bis zum Beweis des Gegenteils würde ich davon ausgehen, dass eine Kombination mit alten Radio-Hochtönern nicht nur möglich ist, sondern auch eine sinnvolle Lösung. Sinnvoll, weil gleich und gleich – Konuslautsprecher mit Papiermembran zu Konuslautsprecher mit Papiermembran – gesellt sich gern. Der RTF 64 hat eine Empfindlichkeit von 97db (!!). Man kann ihn deswegen mit so schnuckeligen kleinen Verstärkern wie beispielsweise dem Darling (nur 0,7 Watt) gut zusammenspannen. Ein Saba-Hochtöner hat, wenn wir den Messungen von Troels Gravesen folgen, im Bereich oberhalb 10 kHz eine Empfindlichkeit von über 100dB. Bei 5 Ohm Impedanz und einem passenden Vorwiderstand kann man diesen Hochtöner – und wahrscheinlich auch die einiger anderer Hersteller – durchaus mit einem 8 Ohm-Chassis zusammenbinden. Apropos WAF: Saba Hochtöner gibt es auch mit schwarzer Membran. Der Rest ist Feinabstimmung – mühselig, aber durchaus zu leisten.

Immer noch bleibt aber die Einschränkung bestehen, dass eine offene Schallwand nicht bei jedermann in den Hörraum passt, um vom WAF mal ganz zu schweigen. Diese letzte Hürde wäre wohl zu überwinden, aber jetzt springe ich voll ins kalte Wasser: das habe ich mit einem RTF 64 noch nie gemacht. Und es wird nicht einfach. Als Kombination bietet sich an, den Supra in ein Gehäuse vom Typ Cello zu stecken, das freilich modifiziert werden sollte.

... auffallend schlicht: die SABA Celli des Audionisten - Foto © Michael Münch
… auffallend schlicht: die SABA Celli des Audionisten – Foto © Michael Münch

Die genaue Grundform des Gehäuses findet der Interessierte bei Troels Gravesen (troelsgravesen.dk/greencones.htm). Einige deutsche Tischlereien fertigen vergleichbare Gehäuse an, auch individuell konfektionierte – Beispiel: Fa. „Holz und Musik“. Sogar ein wenig versierter Selbstbauer, der keine komplexen Holzarbeiten ausführen kann oder mag, könnte zu einem solchen Lautsprecher gelangen.

Was wäre meines Erachtens gegenüber der bei Troels Gravesen gezeigten Form zu ändern? Nun, ich würde – wäre es für mich – die Öffnungen auf der Rückseite schließen. Dann wird eine geringe Dämpfung im Inneren obligatorisch. Und die würde ich mir schon zutrauen. Aber, hier sprechen wir jetzt von größeren Entwicklungsarbeiten: spezielles Gehäuse, Dämpfung, passender Hochtöner, Feinabstimmung etc. Und das alles unbezahlt. Denn jetzt kommt das sprichwörtliche dicke Ende – reden wir von den Kosten. Gehäuse plus Schallwandler plus Hochtöner plus Dämpfungsmaterial plus Kleinteile – all das addiert sich rasch zu circa anderthalb Tausendern Sachkosten zusammen. Zuviel jedenfalls, um ein solches Projekt anzugehen, wenn man bereits einen Lautsprecher nach eigenen Wünschen in Bestform zuhause stehen hat. Sorry, aber so ist es nun mal. Und bei Michael ist es nicht anders. Deshalb widmen wir beide uns in der nächsten Zeit eher anderen Projekten.


Anhang

Folgendes erscheint noch erwähnenswert: die Bauform „SABA Cello“ ist nicht die einzige Möglichkeit, Breitbänder wie SABA Greencones und andere in resonierenden Gehäusen zu betreiben. Als Beispiel hierfür sei die „Butterfly“ von Niels von der Osten-Sacken genannt.

"Butterfly" - Foto mit freundlicher Genehmigung von Niels von der Osten-Sacken
„Butterfly“ – Foto mit freundlicher Genehmigung von Niels von der Osten-Sacken
"Butterfly" - Foto mit freundlicher Genehmigung von Niels von der Osten-Sacken
„Butterfly“ – Foto mit freundlicher Genehmigung von Niels von der Osten-Sacken

Breitband-Diskussion – die Zweite

Heute erreichte den Audionisten ein Kommentar zum Beitrag „Breitband-Diskussion“. Ein Leser dieses Blogs hatte Götz Wilimzig direkt angeschrieben und äußerte in seiner Email seine Zweifel in Bezug auf die Brauchbarkeit der in der Schrift „Höchst empfindlich“ empfohlenen Radio-Breitband-Lautsprecherchassis vom Typ Saba Greencone und deren neuzeitlichem Ersatz Beyma 8AG/N.

Nun streue ich mal ein wenig Asche über unsere Häupter: wir entschieden uns, diese Mail hier zu veröffentlichen. Zwar anonymisiert, aber doch ungefragt und sehr pointiert beantwortet. Umso mehr freut uns die neuerliche Reaktion unseres Lesers, der zwischenzeitlich Versuche angestellt hat und in seinem Kommentar nun zu diesem Urteil kommt:

Hallo liebe Audionisten,

nach meiner anfänglichen Kritik an der Musikwiedergabe über Breitbandlautsprecher muss ich mein Urteil durch eine neue Erfahrung zumindest teilweise revidieren!

Mein Urteil über die Alternative Beyma möchte ich aber derzeit noch aufrecht erhalten. Auf Dauer fehlte mir einfach der Tiefgang, das Volumen! Dieses aber jetzt nur aus der Erinnerung heraus, weil die Boxen schon eine Zeitlang nicht mehr existieren.

Was aber die alten Radiolautsprecher anbelangt, habe ich solche Exemplare mal in zwei einfache 70 X 100cm Schallwände konzentrisch eingebaut! Und siehe da, es stellte sich ein frappierendes, farbenreiches Spiel ein, bespickt mit feinsten Informationen und einer Stimmennatürlichkeit, die mich absolut verblüffte! Dazu kam jenes mir fehlende Volumen dazu, heißt ein Akustik Bass wurde glaubhaft abgebildet. Es war wirklich nicht mehr entscheidend, wie weit der Frequenzgang zu messen ist, sondern viel wichtiger wurde die Kohärenz des gesamten Abbildes!

Von daher war es mir ein Anliegen, dieses hier zu revidieren und letztlich zu relativieren.

MfG

Wir freuen uns, dass hier jemand sein ursprünglich gefälltes Urteil zurücknimmt und das auch öffentlich tut – chapeau! Außerdem verweisen wir auf dies:

Es gibt nichts Gutes – außer, man tut es!

Erich Kästner

Breitband-Diskussion

Nach wie vor reibt sich ein Teil der Leserschaft an den im Buch „Höchst empfindlich“ veröffentlichten Verstärker- und Lautsprecherkonzepten. Mitautor Götz Wilimzig bekommt nicht selten Zuschriften mit Fragen und Anregungen hierzu. Eine aktuelle Email hat er nun an mich weitergeleitet. Ich solle doch mal überlegen, ob wir die nicht im Team beantworten wollen – hier im Audionisten-Blog.


Leserbrief

Sehr geehrter Herr Wilimzig und wertes Autorenteam,

mit Genuss und auch Erstaunen habe ich Ihr Buch „Höchst empfindlich“ gelesen und auch einige Prinzipien an meinem EL84 SE Verstärker umgesetzt.
Was mich allerdings immer wieder irritiert, ist die Umsetzung des Lautsprecher-Konzeptes! Ein Beyma, aber auch ein alter ovaler Radiolautsprecher bringen einfach nicht das nötige Volumen. Der Bassbereich wird doch sehr arg eingeschränkt wiedergegeben! 🙁
Nein, ich bin kein Liebhaber der Disco- oder gar Technomusik mit ihren extremen Tiefen. Aber so ein Beyma fällt bei ca. 100Hz an zu sinken und was bei 60, 70 Hz noch an Schalldruck abgegeben wird, dürfte wirklich marginal sein!
Was nützt mir dann ein so kleiner Ausschnitt des Spektrums, wenn das Volumen irgendwie zu kurz kommt?
Aber mein Hauptproblem bleiben einfach die Tiefen! Das muss nicht gleich bis 20Hz runter gehen, aber 40, 50 wären schon gut gewesen. Von daher habe ich halt meine Zweifel an dem gesamten Lautsprecher Konzept! Muss ich der Nostalgie geschuldet so viele Abstriche machen? 🙂
Sehe das natürlich auch unter dem Aspekt des Lobliedes, das in dem Buch gesungen wird!
Dass Breitbänder grundsätzlich auch Stärken haben, will ich ebenfalls nicht bestreiten. Aber Ihr Fazit von der großen Güte der Wiedergabe von Radiolautsprechern kann ich derzeit einfach noch nicht bestätigen!

Mit freundlichen Grüßen
(Name ist der Redaktion bekannt)


Unsere Antwort

SABA Cello
SABA Cello
Lieber Audiofreund,

Sie sind kein Anhänger der alten – oder auch neuen? – Breitbänder. Müssen Sie nicht sein, niemand zwingt Sie. Sie haben vielmehr die volle Freiheit, zu hören mit welchem Lautsprecher auch immer Sie wollen. Sie finden die Tugenden, die manche anderen Menschen an (einigen!) Breitbändern finden, einfach nicht wieder – wenn wir das recht verstehen. Kein Problem! Wir finden dutzendweise bei neuen Lautsprechern die Tugenden nicht wieder, die Vertrieb und Reviewer ihnen andichten!

Leider haben Sie weder technische Forderungen genannt noch Messschriebe beigefügt, die Ihr Unbehagen verdeutlichen könnten. Vielleicht beziehen Sie sich auf die Dinge, die im Internet verbreitet worden sind. Da gibt es zum Beispiel Troels Gravesen, einen dänischen Lautsprecherentwickler, der stellvertretend für viele alte Breitbänder mal den Saba Greencone untersucht hat. Und, siehe da, im sogenannten Reso-Gehäuse läuft der Saba bis 50 Hz runter – nach Troels Gravesens eigenen Messungen. Ja, was kann der Mann dann gegen so einen Lautsprecher haben? Dieses Rätsel ist keines, denn was moderne Lautsprecherentwickler gegen solche Konzepte haben, ist mehrfach publiziert worden, auch bei Herrn Gravesen selbst.

Der Forderungskatalog der Moderne schließt den Breitbänder schlichtweg aus. Wenn wir einen Schallpegel von 95dB bei kleinem Klirr, meist wird 1% genannt, haben wollen, dann gibt es keinen Breitbänder, der das erfüllen kann. Und darüber hinaus kann man noch das beaming ins Feld führen und: Problem erledigt, jedenfalls für moderne Entwickler! Deren Produkte sind – ganz wie bei Angela Merkel – immer alternativlos. Das entspricht ganz und gar dem heutigen Geschäftsleben, zu dem der Verkauf von Lautsprechern ja gehört.

A propos Geschäftsleben. In der Zeitspanne, in der Greencones produziert worden sind, muss ein heutiger Lautsprecherhersteller ein halbes Dutzend Neuheiten vorstellen – mindestens. Oder er geht Pleite. Das Tempo, in welchem sogar die Selbstbauerpostillen neue und aberneueste Schallwandler veröffentlichen, kann man nur noch rasend nennen. Auch diesbezüglich hat sich die Welt geändert. Das gilt sogar für Ihren Röhrenverstärker! Technisch gesehen ist er – leider – nicht mehr „up to date“! Die Forderungen, die ein neuzeitlicher Transistor erfüllt, die kann ein Röhrenverstärker nur noch in seltensten Ausnahmefällen anbieten – so ist es nun eben.

Kleiner Tipp von uns: Sie finden sowohl bei Troels Gravesen als auch bei dipolplus und vermittels Internetrecherche auch anderswo Rezepte, wie man einen Breitbänder mit einem grossen Chassis „unterfüttern“ kann, um am Ende (meistens) ein Dreiwege-Konzept zu haben, das modernen Forderungskatalogen entspricht. Und wenn das Ihren Gefallen finden sollte, wer wollte Sie aufhalten?

Es hat mal ein und dieselbe Jacke gegeben, die jedem Chinesen gepasst hat. Nur die Jacke vom grossen Vorsitzenden Mao soll innen mit Seide gefüttert gewesen sein – falls das nicht ein böswillig von der CIA verbreitetes Gerücht gewesen ist. Aber einen Lautsprecher, der jedem gepasst hätte, den hat es noch nie gegeben. Und wir denken, dass es den auch nie geben wird.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein glückliches Händchen bei der Wahl „Ihres“ Lautsprechers!

Altec 604-8H-III vs. Altec Santana Mk.1

Hörtreff bei Meinolf in Dortmund
Hörtreff bei Meinolf in Dortmund

Vergangenen Samstag ging’s zum Audiotreffen zu Meinolf nach Dortmund. Wie er auf seiner Website schildert, hat er einem Paar Altec 604-8H-III wunderschöne Bassreflex-Gehäuse aus Multiplex gebaut und betreibt glücklich die von ihm restaurierten V69a-Monoblocks daran. Wir anderen – Björn, Segschneider, ein weiterer Teilnehmer und ich – waren natürlich gespannt wie die Flitzebogen, wie sich diese Kombi präsentieren würde.

Um noch eins draufzusetzen – das ist nicht qualitativ gemeint – brachte ich zum Hörvergleich ein Paar Altec Santana Mk.1 mit, das ich zu dem Zeitpunkt daraufhin testete, ob ich sie dem Vorbesitzer, der sie mir für diesen Anlass ausgeliehen hatte, abkaufen wollte. Ich erhoffte mir Entscheidungshilfe.

Die Santanas sind unscheinbare, fast würfelförmige Kisten, haben’s aber schon gewichtsmäßig faustdick hinter den Ohren. Da ich körperlich gesehen eher der Typ „schlapper Hänfling“ bin, hatte ich vorsorglich ein Transportwägelchen mitgebracht und Meinolf stellte eine Sackkarre bereit. Haben wir aber beides nicht gebraucht: Björn schnappte sich wortlos die Dinger und trug eins nach dem anderen – als wär’s nix – von der Straße rund ums Haus und über die Terrassentür ins Wohnzimmer. Wozu Muckibude alles gut ist …

... einträchtig nebeneinander: die beiden Altec-Schwestern
… einträchtig nebeneinander: die beiden Altec-Schwestern

Die beiden 38er-Chassis sind sich recht ähnlich: der Konus-Lautsprecher Typ 420A in der Santana (siehe oben links) wirkt wie der Grundaufbau der 604er, die anstelle des inneren Konus ein Hochtonhorn aufweisen, also Duplex-Lautsprecher sind. Die Santana hingegen hat neben dem großen AlNiCo-System einen separaten Hochtöner – über einen Kondensator angekoppelt, ähnlich wie bei SABA-Celli und verwandten Konstruktionen.

der Testaufbau
Zum Testen stellten wir die Santanas auf Holzkästen, um die Hochtöner auf Ohrhöhe der Zuhörer zu bringen.

Hier nun unsere Eindrücke

Ich bat die anderen Jungs, mir ihre Einschätzung unseres kleinen Vergleichs-Hörens in ein paar Zeilen zu schildern. Mittlerweile trudelten unabhängig voneinander die entsprechenden Emails ein

Segschneider:

Es tut gut, gelegentlich die gewohnten Trampelpfade zu verlassen und Anderes zu erproben. Diesmal waren es große Lautsprecher der Vergangenheit. Und groß meint hier sowohl die physische Größe, es waren 38er, als auch die Größe des guten Rufes: beide Teile waren von Altec. Einmal die 604er aus dem Profisegment, in einem entsprechend großen, vorzüglich gebauten Multiplexgehäuse mit Resonanzöffnung, und dann die Santana in der ersten Version, noch im originalen Gehäuse. Beides ordentliche Trümmer, und im Falle Santana müssen sie angehoben werden, denn direkt auf der Erde stehen sie eindeutig zu tief.

Leistung wird ebenfalls benötigt, mit einem Watt kommt keiner der beiden Lautsprecher aus. Aber beide kommen – nicht weiter verwunderlich, da aus der Röhrenära stammend – mit Röhrenendstufen der besseren Sorte gut zurecht. In diesem Falle liefen sie an einem Spitzenprodukt, einer restaurierten V69, die im Bedarfsfalle über 20 Watt locker gemacht hätte. Das wurde freilich nicht benötigt, es sei denn, man wäre leidenschaftlicher Lauthörer. Dann allerdings werden friedliche Nachbarn gebraucht, denn mit beiden Geräten kann die Nachbarschaft mitbeschallt werden.

Prinzipiell stehen sich die beiden Altecs nahe, das Hauptchassis, ein enormer Brocken, ist nahezu identisch. Untenrum kann es Druck aufbauen, der in einem kleineren Raum bereits Probleme verursacht. Dies sind Gerätschaften für große Räume und größere Hörabstände. Die 604er sind diesbezüglich etwas unkritischer, sie sind eine Punktschallquelle und auch im Nahbereich sind ihre guten Eigenschaften zu spüren. Die Santanas sollten soweit vom Hörer enfernt sein, dass sich die beiden Chassis akustisch ineinander blenden. Dann alllerdings harmonieren sie sehr gut, was kein Wunder ist, denn hier arbeiten zwei Konuschassis klassischer Bauweise ohne größere Weichenkonstruktion Hand in Hand.

Beide Lautsprecher liefern eine gute Stimmwiedergabe. Man darf aber fragen, ob das ihre größte Tugend ist. Wohl eher nicht, aber das ist meine ganz private Meinung. Bei Lautstärke unlimited laufen sie zu großer Form auf. Und ich wäre neugierig, ob die kleineren Differenzen nicht zuallererst auf die unterschiedlichen Gehäuse zurückzuführen sind. Die Santanas im geschlossenen, würfelförmigen Kasten liefern untenrum echten Theaterdonner. Die 604er zeigen einen etwas – wir reden von Nuancen! – klareren und konturierteren Tiefton, aber sie hatten auch ein Resonanzgehäuse aus Multiplex zur Verfügung. Ich würde beide Geräte – nach einem entsprechenden Umbau, selbstverständlich – gerne in vergleichbaren Gehäusen hören. Und ja, der Liebhaber „großer“ Musik kommt mit beiden Geräten voll auf seine Kosten: Rock, Pop, die volle Bühne, große Orchester oder Oper – da geht die Sau durch den Zaun. Unbedingt.


unser Gastgeber Meinolf
unser Gastgeber Meinolf

Meinolf:

Breitbänder mit Horn gegen Breitbänder mit klassischen Hochtönern – ein fairer Vergleich?

So schaut es aus, wenn Altec 604-8H-III gegen Altec Santana Mk1 antreten:

Hinter einem AMC Vorverstärker und einer V69a Studioendstufe müssen sie zeigen, was in ihnen steckt. Die eine als Bassreflexbox, die andere als geschlossenes System mit reichlich Dämmmaterial (Santana).

Als Erbauer der 604er Box schluckte ich erst mal, als die Santana die ersten Töne von sich gab. Ein ernstzunehmender Konkurrent, das war mein erster Eindruck. Druckvoller Bass, sehr schöne Räumlichkeit, was will das HiFi Herz mehr?

Auf den zweiten Blick (oder das zweite Ohr) dann aber doch etwas Unterschiedlichkeit: die 604er spielt im Mittel-Tieftonbereich freier, differenzierter, ehrlicher. Der Bass kommt trockener, schneller und „strammer“. Auch die Bühne gewinnt ein bisschen mehr an Tiefe und Breite, Stimmen sind eine Spur authentischer.

Aber: man/frau muss ja auch Preis und Aufwand in die Waagschale werfen: und da ist die Santana klarer Sieger!!

Was wir nicht getestet haben, wie sich der Endverstärker auf das Verhalten der Santana/604 auswirkt.


ein weiterer Teilnehmer:


... hier legt Björn gerade mit sichtlicher Freude den gewaltigen AlNiCo-Magneten des 420A einer Santana frei ...
… hier legt Björn gerade mit sichtlicher Freude den gewaltigen AlNiCo-Magneten des 420A einer Santana frei …

Björn aus HH:

Die Altec-Santana fasziniert mit einer tollen Bühnenabbildung – das Musikgeschehen nicht ganz so präzise sezierend, wie der zum Vergleich herangezogene Altec-604, dafür aber leicht schönfärberisch und charmant. Mich faszinierte besonders der Grundton/Bassbereich – wie kann man aus diesem (vergleichsweise kleinen) Gehäuse soviel Volumen herzaubern? Den Hochtöner braucht man nur, wenn die Box nicht auf den Hörplatz ausgerichtet ist, ansonsten verrichtet der 15-Zoll-Biflex-Breitbänder seine Arbeit bis in den Hochtonbereich hervorragend.

Fazit: unbedingt empfehlenswert – wollte man etwas Vergleichbares aus aktuellem Markt-Angebot erstehen, müsste man ein Vielfaches an Geld investieren.


der Audionist im grauen Kittel
Im Vorfeld unseres Treffens wurde dieser graue Kittel zum running gag. Ich behauptete, den zöge ich immer dann an, wenn meine Heimleiterin – so bezeichne ich zuweilen scherzhaft meine Liebste – mir kleinere hausmeisterliche Verrichtungen aufträgt. Prompt konterte Segschneider, das glaube er erst, wenn er mich im grauen Kittel aus dem Auto steigen sähe … – bitteschön, kann er haben 🙂 —

… und ich selbst,

ich hörte Meinolfs Kombination V69a/Altec 604-8H-III zum ersten Mal und war – wie sollte es anders sein – begeistert von der Wiedergabe. Die Kette stellte das Musikgeschehen mit höchster Präzision in den Raum und verzichtete dabei auf jegliche klangliche Extravaganzen. Das erlaubte es mir als Hörer, der Musik ganz losgelöst von jeglichem Gedanken an „Anlage“ zu folgen. Faszinierend!

Dann wurde es noch mal spannend: wir klemmten statt der 604er die Santanas an. Als die Musik – Paso Doble von Paolo Conte – abermals begann, gingen ringsum schlagartig die Augenbrauen hoch. Jeder hatte erwartet, dass nun nach gutem Wein eher Durchschnittliches ausgeschenkt würde. Weit gefehlt! Allerdings: ein bisschen arm an Glanz in den Höhen war’s vielleicht, was wir da hörten … und wirklich: Björn kam schließlich drauf, dass die Hochtöner keinen Mucks von sich gaben! Was nun? Wir beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen und schraubten eine der Kisten auf. Und siehe da: der Hochtöner war absichtlich abgeklemmt und das Kabelende isoliert worden. Diese Maßnahme eines Vorbesitzers machten wir rasch rückgängig, auch an der zweiten Box.

Test, die zweite! Was jetzt kam, versetzte uns nochmals in Erstaunen. Dass die Unterschiede in der Wiedergabe im Vergleich zu den 604ern in ihren Bassreflexboxen nur so gering sein würden, hatte keiner von uns erwartet. Allenfalls leichte Einbußen in der Präzision insgesamt und bei der Differenzierung in den ganz tiefen Lagen waren zu hören – das ist aber Meckern auf ziemlich hohem Niveau. Die Freunde rieten mir unisono zum Kauf!

Warum klemmt jemand die Tweeter ab? Dafür mag es eine ganz einfache Erklärung geben: da hat einer separate Hochtöner – vielleicht ein Hornsystem – oben auf die Santanas gestellt und deshalb die originalen Zwitscherlinge totgelegt.

„Mein“ Vorbesitzer, dem ich die Altexe nun abgekauft habe, war’s allerdings nicht, was zum einen bedeutet, dass er selbst die Santanas jahrelang ohne Hochtöner gehört hat, ohne es zu merken – zum anderen spricht das für die gewaltigen Mittel-Tieftöner Breitbänder*, die ihrerseits für genügend Höhen gesorgt haben, um diesen Mangel für einen Normalhörer zu kaschieren. Toll!

*Nachtrag: Björn weist darauf hin, dass es sich beim 420A um einen Breitbänder handelt, der nach oben hin mit 14kHz angegeben ist. Kein Wunder, dass wir bei abgeklemmten Hochtönern zunächst nix vermissten!

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