Mal was anderes hören – #01

Ständig suche ich nach interessanter Musik, die ich noch nicht kenne. Bei der Sucherei kommt nicht immer was heraus, aber wenn doch, lohnt es sich vielleicht, die Funde zu dokumentieren. Ich will nichts versprechen, aber doch versuchen, eine neue Rubrik zu installieren, um meine kleinen Entdeckungen zu teilen. Mal sehn, was draus wird …

Pokey LaFarge and the South Side Three

Diesen Künstler und seine Band entdeckte ich im Blog retro vintage modern hifi. Dort fand sich ein Weihnachts-Thread mit einem eingebetteten YouTube-Video, in dem LaFarge in einer Stadtbahn das ziemlich abgedrehte Weihnachtslied „Mele Kalikimaka“ performt. Das war so lustig, dass ich mich fast weggeschmissen hätte. Ich wollte dringend mehr über die vier amerikanischen Jungs wissen, die sich nach etwas Recherche auf Spotify und YouTube als in der Wolle gefärbte Roots-Musiker erwiesen. Viel Spaß mit dem Video!

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Punch Brothers

Auf die fünfköpfige Band um den Mandolinisten Chris Thile wurde ich aufmerksam durch Berichterstattung im Deutschlandfunk Kultur aus Anlass eines Auftritts der Punch Brothers in der Elbphilharmonie in Hamburg. Ich tat, was ich immer tue, wenn mir interessante Musik unterkommt und streifte durch YouTube, Spotify und wikipedia, um Informationen und Musikeindrücke aufzusaugen.

Die Punch Brothers haben ihre Wurzeln im Bluegrass, daher auch die Instrumentierung Mandoline, Banjo, Fiddle, Gitarre und Bass. Die fünf verschmelzen den Bluegrass allerdings mit Elementen aus Jazz, Rock, Pop und Klassik und gehören so wohl zum progressiven Flügel der Bluegrass-Szene. Alle Musiker sind absolute Virtuosen. Wie die filigranen Melodieläufe der einzelnen Instrumente ineinandergreifen, ist atemberaubend.

Chris Thile ist nicht nur ein begnadeter Mandolinist, auch seine gesanglichen Fähigkeiten versetzen in Erstaunen. Das nachfolgende Video zeigt allerdings ein instrumentales Stück – bei Interesse lohnt es sich, einen kompletten Auftritt der Punch Brothers anzusehen .

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Sarah Jarosz

Wikipedia schreibt:

Sarah Jarosz (* 23. Mai 1991 in Austin, Texas) ist eine Singer-Songwriterin traditioneller US-amerikanischer Musik.

Ich muss gestehen: sehr viel mehr als das weiß ich noch immer nicht über diese Künstlerin. Aber eins weiß ich: sie hat eine grandiose Stimme!

Immer wieder bin ich überrascht, wie passgenau mir Spotify am Anfang jeder Woche eine persönliche Playlist auf Grundlage meiner gehörten Musik zusammenstellt. Faszinierend, aber auch beängstigend … Na ja, vor ein, zwei Wochen hörte ich so als background-Berieselung meine neueste Playlist, da taucht plötzlich diese Stimme auf! Ein Dylan-Cover – Simple Twist of Fate – viele Male schon gehört und nun so! Das altbekannte Ding erstrahlt in einem ganz neuen Glanz, also hingejumpt zum Rechner und nachgeschaut: Sarah-wer? Sarah Jarosz – nie gehört!

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Merkwürdiges aus meiner Plattensammlung

Im Laufe der Zeit sammeln sich allerlei seltsame Sachen an im Plattenregal. Zwei dieser Preziosen habe ich heute herausgezogen: einmal die Platte eines estnischen Violinisten namens Lemmo Erendy, zum zweiten ein Album des Singer-Songwriters Jim Croce.

Lemmo Erendy (1939 – 1996) existiert im Netz nur in der estnischen Wikipedia und einigen estnischsprachigen Webseiten. Auf der hier zu besprechenden Vinylscheibe spielt er Kompositionen der drei ebenfalls estnischen Komponisten Mati Kuulberg, Alo Poldmae und Raimo Kangro. Das alles hochprofessionell – alle vier sind studierte Leute, an der Musik gibt’s nichts zu mäkeln.

Lemmo Erendy - Lemmo Erendy (1990)
Lemmo Erendy – Lemmo Erendy (LP 1990)

Wer um alles in der Welt jedoch hat beim doch angesehenen russischen Plattenlabel Melodia den guten Lemmo dermaßen fehlberaten: sich da hinzustellen wie ein Musikbeamter an der Bushaltestelle – in beiger Dutzendklamotte? Oder wie ein Profikiller mit seinem getarnten Arbeitsgerät in einem unfreiwillig komischen Gangstermovie?

Aber damit nicht genug: hier die auf der Rückseite des Covers zu findenden Bilder der drei Komponisten:

Mati Kuulberg (1947-2001)
Mati Kuulberg (1947-2001)

Alo Poldmae (1945-)
Alo Poldmae (1945-)

Raimo Kangro (1949-2001)
Raimo Kangro (1949-2001)

Wenig besser als Verbrecherfotos … die drei wirken auf diesen Bildern wie Typen, die einem Kaurismäki-Film entsprungen sein könnten.


Jetzt kommen wir zu Jim Croce (1943-1973). Diesem amerikanischen Singer-Songwriter verdanken wir so herrliche Songs wie Bad, Bad Leroy Brown (1973), I Got A Name (1973), Time in A Bottle (1973) und I’ll Have To Say I Love You In A Song (1974 posthum erschienen). Am 20. September 1973 starb Croce bei einem Flugzeugabsturz. Am 1. Dezember 1973 erschien das Album I Got A Name.

Discogs zählt beim derzeitigen Stand 64 veröffentlichte Versionen dieses Albums. Auf beinah allen Alben prangt ein angemessenes Foto – nur auf einem findet sich die hier gezeigte Entgleisung, dabei handelt es sich ausgerechnet um eine 1976 in Deutschland erschienene Ausgabe.

Wer war denn da von allen guten Geistern verlassen, uns den armen Jim Croce so zu präsentieren? Am Tisch hängend wie ein Schluck Wasser in der Kurve, vor piefigen Topfblumen, im bunten Hemdchen mit Fluppe und Bier in der Hand, Burger mit Pommes in Griffweite … ?

Jim Croce - I Got A Name (1973)
Jim Croce – I Got A Name (LP 1973, Ausgabe für den deutschen Markt von 1976)

Aufgrund des schrecklichen Fotos erwartet man auf der Platte so’n Zeug wie Kreuzberger Nächte sind lang, aber doch nicht das feinsinnige Material, das Croce hier tatsächlich vorlegt. Wir wenden uns kopfschüttelnd ab …

heavy rotation Vol. 21: Eberhard Schoener – Flashback (LP 1978)

Ich hab nachgesehen: der letzte Beitrag aus der Kategorie heavy rotation erschien vor über einem Jahr. Und es ist geschlagene sechs Monate her, dass ich hier in irgendeiner Weise Musik empfohlen habe. Das ist für ein Blog, das sich im Untertitel „ein Hör-Tagebuch“ nennt, doch einigermaßen wenig … Heute ist allerdings ein guter Tag, diesem Mangel ein wenig abzuhelfen. Die ganze Nacht hat es mehr oder weniger stark gestürmt und heftigst geregnet, draußen ist es immer noch sehr windig und nasskalt, so dass an die Dinge, die man sich sonst so für den 1. Mai vornimmt, überhaupt nicht zu denken ist. Das schafft zeitliche Freiräume … also dann:

Eberhard Schoener – Flashback (LP 1978)

Jahrelang zog’s mich nicht auf Plattenbörsen, aber neulich fuhren mein Zweitgeborener und ich gemeinsam los: erst zum Frühjahrsflohmarkt auf dem Gelände des Osnabrücker Moskaubads, danach dann tatsächlich noch in die OsnabrückHalle zur Plattenbörse. Dort fand ich die faszinierende Eberhard Schoener-LP Flashback.

Schoener ist mir ein Begriff seit Mitte der 70er Jahre. 1974 sah ich ihn erstmals im Fernsehen: die ARD übertrug im Rahmen der Eurovision live eine Aufführung des Jon Lord-Projekts Windows, das klassische Musik mit Hardrock-Elementen zu verbinden suchte. Eberhard Schoener leitete hier das Münchner Kammerorchester und bediente den Moog Synthesizer. Damals galten solche Kooperationen von klassisch ausgebildeten Musikern wie Schoener mit Rockbands als etwas sehr Besonderes. Schoener arbeitete nicht nur mit Deep Purple-Mitglied Jon Lord zusammen, sondern u.a. auch mit Procol Harum, Tangerine Dream oder dem Alan Parsons Project.

Seine eigenen Kompositionen sind von klassischer Musik, Welt- und Popmusik beeinflusst. Bei deren Einspielungen geben sich hochkarätige Mitwirkende die Klinke in die Hand. Und nun kommt’s und deshalb ist mir das Album Flashback so wichtig: bei dessen Aufnahme 1977 waren drei Musiker mit von der Partie, die wenig später Weltkarriere als The Police machen sollten: Steward Copeland (dr), Andy Summers (g) und Sting (b, voc).

Um einen Eindruck von diesem Album zu bekommen, lohnt es sich, das folgende Video anzuschauen, ein Medley der beiden Flashback-Titel Trans Am und Rhine-Bow (nicht etwa Rainbow). Der weißgekleidete Keyboarder ist Schoener, die Herren in der Mitte sind die drei Polizisten, den rechten Keyboarder kenne ich nicht:

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Wir sehen hier The Police, bevor sie The Police wurden. Mit dem Wissen von heute bildet man sich ein, in den Polizeianwärtern sei alles Spätere schon angelegt und spürbar gewesen. Das ist wohl Unsinn. Immerhin aber prägen die drei Musiker ihre Anteile an Schoeners Album-Projekt hörbar. Stings Falsettgesang wurde bald zum Markenzeichen der zukünftigen Mega-Band, ebenso Copelands superpräzises Schlagzeugspiel und Summers Klangteppiche, die er mit der Gitarre ausrollt.

Die 10€ für eine near mint-Scheibe waren wahrlich gut angelegtes Geld!

Wer jetzt noch nicht genug hat, mag sich vielleicht das Projekt Windows von Jon Lord ansehen, wie es damals über den Äther ging. Viel Spaß dabei!

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P.S. … und ich geh jetzt löten!

Warum gibt es Musik?

Der Dichter und Sänger Heinrich von Meißen, gen. Frauenlob, aus dem Codex Manesse (via wikimedia commons – public domain)

Musik muss zu den Kulturgütern gezählt werden. Ist vielleicht sogar DAS Kulturgut. Alle menschlichen Kulturen frönen einer Form von Musik – zur Freude oder auch als Form des Gebets. Diese Ausformungen können allerdings sehr unterschiedlich ausfallen. Warum Musik diese Rolle spielt, ist eine Frage, der viele Forscher nachgehen.

Die streng darwinistisch orientierten Forscher haben eine Theorie, aber keine Antwort. Gemäß Darwin gehen sie von folgendem Punkt aus: „Wenn Musik keine Bedeutung und keinen Vorteil im Lauf der Evolution gehabt hätte, dann hätte sie sich nicht erhalten, hätte sie nicht überlebt“. Es wird sogar behauptet, dass Musik ein Auslesekriterium gewesen sei – dass also Menschen, die musizierten, von der Evolution bevorzugt worden sind. Warum? Das weiß keiner, darwinistisch muss man das auch nicht wissen. Der Musizierende ist bestangepasst und hat überlebt.

Nun, der bedeutende Wissenschaftstheoretiker Karl Popper hat am Darwinismus kritisiert, dass „der Überlebende ist der Bestangepasste“ letztlich hohl ist, denn „der Bestangepasste ist der Überlebende“ (ein anderes Kriterium für bestangepasst gibt es nicht). Und dass das Ganze daher ein Zirkelschluss ist.

Charles Darwin
Charles Darwin, 1809-1882 (Bild: public domain – via wikimedia commons)

William James
William James, 1842-1910 (Bild: public domain – via wikimedia commons)

Darwin selbst war sich nicht so sicher. Er hielt Musik für eine der rätselhaften Entwicklungen der Menschheit. Seine Nachfolger dachten „muss ja einen Sinn haben“. Und die Gegenspieler dachten das Gegenteil. Da wäre zum Beispiel William James, der als einer der Gründungsväter der Psychologie angesehen wird.

Er glaubte nicht, dass Musik ein Auslesekriterium ist, sondern dass Musik als Nebenprodukt anderer kognitiver Fähigkeiten entstand. Menschen lieben Musik, leben länger und gesünder, wenn sie Musik genießen. Da sind wir wieder bei Darwin (Musik lässt uns überleben) – oder ist sie einfach nur ein Nebenprodukt? Wirklich?

Es wird noch lustiger. Ich musste als Psychologiestudentin an Anthropologiekursen teilnehmen. Da geht es ums Selektionsverhalten von Männern und ihrer Suche nach Weibchen. Bei Anthropologie geht es immer um Männchen. Soll ich als feministisch eingestellter Mensch beleidigt sein? Weibchen können ja nur ab und zu produzieren. Männchen dauernd mit lauter Weibchen. Ehe ist also kontraproduktiv!

Männchen wollen ihre Gene verbreiten. Hauptsache, in der nächsten Generation gibt es ein Maximum an eigenen Genen. Liebe gibt es nicht. Tschuldigung. Ich muss mal lachen. Dann rufen Männchen (Musik!) damit sie Weibchen abkriegen. Noch besser – wenn ein Männchen ruft, sitzen andere kurz davor, damit die Weibchen, die das rufende (musizierende) Männchen suchen, auf dem Weg dahin an den anderen Männchen vorbeikommen müssen und diese sie dabei „abgrasen“ können.

Also – ist Musik, wie einige Wissenschaftler glauben, nur Selektions- und/oder Imponiergehabe? Das nächste Mal, wenn Sie Ihre Lieblingsmusik genießen, suchen Sie also ein neues Weibchen oder GENIESSEN SIE, ganz für sich? Diese Frage müssen Sie sich selbst beantworten…

Claudia S.

Literatur:
Aniruddh D. Patel (2008). Music, language, and the brain. New York: Oxford University Press.

Kehraus

Gelegentlich tut es gut, den Browsercache zu leeren, den Desktop des Rechners aufzuräumen, temporäre Daten zu löschen und überhaupt ein wenig Archivarbeit zu leisten. Den Schreibtisch in die Aktion einzubeziehen, kann bestimmt nix schaden. Das schreibt hier übrigens einer, dessen Arbeits- und Denkmöbel als Heimstatt kreativen Chaos´ zu bezeichnen eine schamlose Beschönigung wäre! Tatsächlich ahne ich, dass der Zustand meines Arbeitsplatzes einiges aussagt über mich als Nutzer und über den Grad an Unordnung auch in meinen Gedanken …

Das eben Erwähnte gilt natürlich ebenso für die Menge an musikalischen Eindrücken, die sich sukzessive im Kopf ansammelt. Beizeiten muss ich meine innere Festplatte aufräumen, wenn ich mal wieder an die Grenzen meiner musikalischen Aufnahmefähigkeit stoße. Geradezu versessen auf „Stille im Kopf“, höre ich dann tagelang kaum mehr Musik, lasse Radio, Anlage und Spotify ausgeschaltet und verschiebe nach Möglichkeit Einkäufe in Muzak-verseuchten Verbrauchermärkten auf später.

Elbsandsteingebige
Elbsandsteingebige / Sächsische Schweiz – © Dirk G. (einer unserer Wanderfreunde)

Insofern kam mir eine schon länger geplante Wanderwoche in der Sächsischen Schweiz mehr als recht! Sechs Tage waren wir unterwegs, insgesamt etwa 80 km legten wir an vier Wandertagen per pedes zurück. Obwohl wir eine neunköpfige Gruppe waren – elf, wenn man die Hunde mitzählt – war reichlich Zeit zum Schweigen, zum Nachdenken – kurzum: zum Runterkommen. Gerade in den Tagen zuvor hatte ich mich musikalisch überladen, in jeder freien Minute freute ich mich hörend über meinen neuen Plattendreher. Das geschah zwar auf sehr hohem klanglichen Niveau, aber das rettete mich gerade nicht davor, es mit dem Input quantitativ zu übertreiben.

Fastenbrechen

Nach dem viel zu schnell vergangenen Urlaub gilt es nun, auf behutsame Art und Weise wieder Musik „nachzufüllen“.


Cæcilie Norby & Lars Danielsson - Just the Two of Us (LP, 2015)
© ACT

Auf ein Album habe ich mich besonders gefreut: Cæcilie Norby & Lars Danielsson – Just the Two of Us (LP, ACT 2015). Die dänische Vokalartistin und der schwedische Ausnahmebassist sind privat ein Paar, aber hier erstmals als Duo auf einem gemeinsamen Album zu hören.

Man muss sich schon etwas trauen, wenn man ein Album mit einer Cover-Version des Joni Mitchell-Titels Both Sides Now beginnt. Doch schon nach den ersten gezupften Basstönen und dem Einsetzen der die mittleren Lagen auslotenden Stimme der Sängerin weicht die Skepsis des Zuhörers.

Die versierte Jazz-Vokalistin Norby beherrscht den Blues ebenso wie den Scat-Gesang. Gleichermaßen vielseitig der Bassmann Danielsson: mühelos zwischen perkussivem Spiel, Akkord-Begleitung und solistischen Anteilen wechselnd liefert er jederzeit das Pendant zum vokalen Treiben seiner Duo-Partnerin. Hier beansprucht niemand die Anführerschaft, beide stellen sich in den Dienst der mehr als guten Sache. So wird diese Platte zum Dokument eines großen Einverständnisses der beiden Künstler, wohl auch und vor allem auf der menschlichen Ebene … Hochemotional!

Nach etwas mehr als 45 min. endet dieses vorzüglich gepresste Vinylalbum mit einer eindrucksvollen Version von Leonard Cohens Hallelujah.


Tschaikowsky - Konzert für Violine und Orchester D-dur op.35 - David Oistrach, Violine
© MELODIA/eurodisc

Tschaikowski – Konzert für Violine und Orchester D-dur op.35 – David Oistrach, Violine – Dirigent: Kyrill Kondraschin – Staatliches Sinfonieorchester der UdSSR (LP 1959, MELODIA/eurodisc)

Mein neuer Plattendreher schließt mir nun auch das Tor zur Klassik weiter auf. Ich habe eine Vielzahl von Klassik-Vinylalben, die aber bisher eher Beifang waren auf meinen Streifzügen über die Flohmärkte und durch die sozialen Kaufhäuser der Region.

Neulich hörte ich zu technischen Vergleichszwecken (tube rolling) etliche Male hintereinander das Tschaikowski-Violinkonzert D-dur op.35. Solistin: Anne-Sophie Mutter unter Herbert von Karajan mit den Wiener Philharmonikern. Als ich mich da reingegrooved hatte, machte es ordentlich Spaß, der zum Aufnahmezeitpunkt 1988 noch jungen Frau beim unbekümmerten Bewältigen der vielen eingebauten Schwierigkeiten zuzuhören. Es hatte allerdings auch ein bisschen was von einer Reihung lauter einzelner kleiner Kunststückchen. Hier ein dreifacher Rittberger, gleich darauf doppelter Toeloop, wenig später ein soundsovielfacher Salcho – und das alles auf der Geige!

Ich weiß nicht, was mich dann ritt, dass ich noch mal zur Plattensammlung ging und nach anderen Aufnahmen des Tschaikowski-Konzerts sah. Jedenfalls hielt ich nach kurzer Suche die eingangs genannte Platte mit David Oistrach als Solist in der Hand. Kurzer prüfender Blick auf die Plattenoberfläche, sofortiger Gang zur Plattenwaschmaschine und drauf damit auf den Plattenteller. Was sich nun entfaltete, war freilich von ganz anderem Kaliber. Natürlich ist Oistrach ein brillianter Techniker, aber erst seine Einspielung erschließt mir auch die emotionale Tiefe des Konzerts. Ich bin nicht nur davon begeistert, sondern auch von der klanglichen Qualität dieser alten Vinylscheibe! Auf jeden Fall ein würdiger Kandidat, mich nach dem Urlaub wieder mit Musik „aufzuladen“!


Paolo Conte - Concerti (2LP 1985, Live)
© CGD

Paolo Conte – Concerti (2LP 1985, Live). Diese Platte habe ich hier im Blog schon mal erwähnt. Mal abgesehen davon, dass ich von der Unmittelbarkeit dieser Live-Aufnahmen des italienischen Liedermachers und Chansonniers geradezu elektrisiert bin, nutze ich sie gern, um in meiner Anlagenkette verschiedene Röhrenfabrikate vergleichend gegeneinander antreten zu lassen. Überdies ist das eine Einspielung, die die Spannung von der ersten bis zur vierten Plattenseite hält.

Gestern hörte ich einige ausgewählte Stücke im Rahmen meiner Aktion „vorsichtig wieder an gute Musik gewöhnen“!


Und wenn’s richtig fetzen soll, ohne dass es peinlich wird, fällt meine Wahl gern mal auf eine Platte von Wolf Maahn. Ich finde, dass Maahn einer derjenigen ist, auf die der Begriff „unterschätzt“ unbedingt zutrifft. Er ist nicht nur jemand, der die Musik noch von Hand macht, sondern auch ein Musikant im besten Sinne, den ich auch wegen seiner Texte bewundere. Mein Lieblingssong von ihm findet sich auf dem Album „Kleine Helden“ (LP 1986) und heißt Ich wart auf Dich.

Auf solche Ideen muss man erst mal kommen:

Ich bin müde –
und ich wünsch mir jetzt Dein Kleid voller Leben
So möcht ich Dich eine Zigarette rauchen sehn
Um dann müde in Dich zu kriechen …

Wolf Maahn – Ich wart auf Dich

Wolf Maahn - Was? (LP 1989)
© EMI

Diesmal greife ich aber nicht zu „Kleine Helden“, sondern zu Wolf Maahn – Was? (LP 1989). Ich zapple noch ein bisschen durchs Wohnzimmer, zu Stunde um Stunde, und schalte dann die Anlage aus. Für diesmal ist es genug, mein innerer Konzertsaal ist wieder bestückt. Neue musikalische Abenteuer können kommen – ich bin vorbereitet!

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