Phonovorstufe mit EF86

EF86-RIAA mit aktiver Entzerrung
EF86-RIAA mit aktiver Entzerrung

Seit längerem betreibe ich eine Phonovorstufe – ab jetzt kurz RIAA genannt – mit passiver Entzerrung und einer E88CC je Kanal als Röhre. Ebenso lange trage ich mich mit dem Gedanken, zum Vergleich eine RIAA mit aktiver Entzerrung, also mit frequenzabhängiger Gegenkopplung zu haben. Vor Jahren stolperte ich über ein von Tobias Hermann veröffentlichtes Konzept mit EF86 im Eingang und ECC81 als Treiber und Kathodenfolger-Ausgangsstufe. Genau das Teil habe ich schon mal nachgebaut, mit dem Ergebnis war ich aber einigermaßen unzufrieden. Das allerdings zu einer Zeit, als ich im Umgang mit solchen Schaltungen noch recht unerfahren war. Es kann demzufolge gut sein, dass ich damals fehlerhaft aufgebaut habe.

Brummfrei mit – oder trotz – Wechselstromheizung

Also auf ein Neues! Um mir die Sache nicht allzu einfach zu machen, habe ich mir vorgenommen, die Vorstufe mit Wechselstrom zu heizen. Die Spannungsversorgung soll über ein abgesetztes Netzteil per Nabelschnur erfolgen.

Im Folgenden wird es darum gehen, wie ich die RIAA aufgebaut und brummfrei bekommen habe. Wer Grundsätzliches über die Schaltung wissen möchte, sei auf die Ausführungen von Tobias Hermann verwiesen. Nachfolgend das Schaltbild – wer es mit dem Original vergleicht, stellt fest, dass ich die beiden RC-Glieder in der Spannungsversorgung verändert habe: ich verwende zwei 100µF-Elkos statt je einen 47µF und 10µF. Sonst bleibt alles so, wie von Tobias Hermann beschrieben:

EF86-RIAA (nach Tobias Hermann)
EF86-RIAA (nach Tobias Hermann)

Allgemeines

Realisiert habe ich die RIAA auf Lötösenleisten. Von Anfang an war die Verwendung eines Aluminium-Druckgussgehäuses 1590F von Hammond vorgesehen, das erklärt die quadratische Montageplatte aus 3mm Aluminium.

RIAA mit EF86 - Aufbau auf Lötösenleisten
RIAA mit EF86 – Aufbau auf Lötösenleisten
zwei PIO-(paper in oil)-Kondensatoren am Ausgang der RIAA
zwei PIO-(paper in oil)-Kondensatoren am Ausgang der RIAA

Hier ein Bestückungsplan eines Kanals der RIAA. Der zweite Kanal ist spiegelbildlich bestückt.

Bestückung eines Kanals der RIAA. Der zweite Kanal ist spiegelbildlich zu bestücken.
Bestückung eines Kanals der RIAA. Der zweite Kanal ist spiegelbildlich zu bestücken.
WICHTIG: an Pin 2 und Pin 7 der EF86 liegen zwei getrennte interne Abschirmbleche der Röhre. Diese sind beide mit der Gerätemasse zu verbinden. In manchen Sockelbeschaltungs-Diagrammen sieht es so aus, als seien diese beiden Pins ohnehin intern miteinander verbunden. Das ist aber keineswegs der Fall! Ich bin froh, dass ich das irgendwann herausgefunden habe: es gab Einstreuungen in eine der EF86, und zwar vom Netztrafo des neben der RIAA stehenden DAC. Dabei durfte das eigentlich nicht sein, denn die EF86 hat doch ein internes Abschirmblech … – irgendwann entdeckte ich dann im Datenblatt, dass es hier zwei getrennte Bleche gibt. Schnell einen Draht vom mit Masse verbundenen Pin 2 zu Pin 7 gezogen, dann war Ruhe im Karton!

Das nächste Bild zeigt die gesamte Baugruppe fertig montiert im Gehäuse. Die Steckverbinder für die Nabelschnur zum Netzteil sind Harting HAN 3A-Typen.

Eingebaut ins Hammond-Gehäuse. Rechts zwei Harting-Steckverbindungen für die Spannungsversorgung
Eingebaut ins Hammond-Gehäuse. Rechts zwei Harting-Steckverbindungen für die Spannungsversorgung

Hier schließlich die RIAA mitsamt Netzteil:

RIAA-Rückansicht mit Netzteil
RIAA-Rückansicht mit Netzteil

Brummrelevantes

Ich habe peinlichst drauf geachtet, dass die Masse der Schaltung (Gerätemasse) nirgends direkten Kontakt zum Gehäuse hat. Die Cinchbuchsen sind also isoliert zu montieren und die Buchsenmassen sind mit einzelnen Kabeln mit dem zentralen Geräte-Massepunkt zu verbinden. Abschirmungen dürfen nur an einem Ende mit der zentralen Gerätemasse Kontakt haben. Auch die Masseklemme wird isoliert montiert und per Kabel mit dem zentralen Massepunkt verbunden.

Das Netzteil

Die Hochspannungs-Versorgung
das externe Netzteil und seine Anbindung an die RIAA
das externe Netzteil und seine Anbindung an die RIAA – zum Vergrößern anklicken

Das RC-gesiebte Netzteil weist keine Besonderheiten auf. Auf den Ladeelko folgen zunächst drei RC-Glieder, die insgesamt eine aus den Bauteilen berechnete Dämpfung unerwünschter Störsignale von -120dB aufweisen – bezogen auf eine Ripple-Frequenz von 100Hz, die bei Brückengleichrichtung der 50Hz-Netzspannung entsteht. Im RIAA-Gehäuse selbst finden sich je Kanal nochmals zwei RC-Glieder mit zusätzlichen -85dB Dämpfung – zusammen also -205db Dämpfung von 100Hz-Brummanteilen auf der Versorgungsspannung der Vorröhren. Das ist mehr als ordentlich!

Nun zu den Besonderheiten:

  • der Minuspol der Netzteilschaltung ist nirgends (!) mit dem metallischen Netzteilgehäuse zu verbinden!
  • Minus Netzteilspannung ist zwingend (!) am Minus-Anschluss des Ladeelkos abzunehmen und über die Nabelschnur dem zentralen Gerätemasse-Punkt der RIAA zuzuführen!
  • der Schutzleiter muss leitend mit dem metallischen Netzteil-Gehäuse verbunden werden und wird dann über die Nabelschnur durchgeschleift zur RIAA. Dort wird er mit dem metallischen Hammond-Gehäuse verschraubt. Dieser Verbindungspunkt wird RIAA-Gehäusemasse genannt.
  • in der RIAA stehen zentrale Gerätemasse und Gehäusemasse über einen 100Ω-Widerstand in elektrischem Kontakt.
Die Heizung und deren Massebezug
Die Heizung und deren Massebezug
Die Heizung und deren Massebezug – zum Vergrößern anklicken

Die Heizspannung wird – ebenso wie die Hochspannung – über eine separate, allerdings abgeschirmte, Nabelschnur zur RIAA geführt. Dazu verwende ich ein abgeschirmtes Netzkabel. Die Abschirmung wird nur am netzteilseitigen Ende mit der Gehäusemasse des Netzteils verbunden und endet im Nabelschnur-Stecker offen.

Die übliche Methode, beide Heizspannungs-Adern über jeweils 100Ω auf Masse zu legen, können wir hier nicht anwenden. Die Ausgangsstufe der RIAA ist ein Kathodenfolger. Dadurch liegen – ich hab’s gemessen! – an der Kathode des zweiten Systems der ECC81 etwa +100V an. Die Röhre verträgt allerdings zwischen Kathode und Heizfaden lediglich einen Potentialunterschied von 80V. Der wäre bei einer „geerdeten“ Heizung schon überschritten. Ich habe die Sache hier so gelöst, dass ich die Symmetrierwiderstände an einen Punkt mit höherem Potential lege, den ich mir durch einen Spannungsteiler schaffe – die im obigen Schaltbild sichtbare Reihenschaltung 100kΩ/390kΩ. Dort fallen am 100kΩ-Widerstand ca. 53V ab. Daran lege ich die Symmetrierwiderstände. Warum nicht 100V am Spannungsteiler? Tja, damit wäre die Kathode des Ausgangssystems der ECC81 wohl einverstanden, aber dann schwitzt System 1: dessen Kathode liegt im Betrieb an ca. 0,5V. Mit einem Heizungs-DC-Offset von +53V sind beide Kathoden zufrieden. Und was ist mit der EF86? Die kommt ebenfalls gut klar damit: sie ist mit einer maximalen Spannung von 100V zwischen Heizung und Kathode angegeben.

Schließlich braucht die Heizung noch einen Massebezug. Den liefert hier ein 10µF-Kondensator zwischen DC-Offset-Punkt und Masse.

Die Heizleitungen in der RIAA bestehen aus doppelpoligen, abgeschirmten Leitungen. Ich habe mir angewöhnt, die Abschirmungen von Heizleitungen mit der Gehäusemasse zu verbinden. Und immer dran denken: Abschirmungen nie als Leitungen verwenden und nur an einem Ende an Masse schalten!

Die Verkabelung rund um die Röhrenheizungen
Die Verkabelung rund um die Röhrenheizungen. Der aufmerksame Leser wird bemerken, dass ich in meinem Gerät 82-Ohm-Widerstände verbaut habe statt solcher von 100 Ohm. Die 82er waren gerade zur Hand – an der Funktion ändert das aber nix.
Ein/Aus-Schalter mittels Niederspannung
RIAA-Ein/Aus mittels Niederspannung
RIAA-Ein/Aus mittels Niederspannung

Um nicht auch noch die Netzspannung über die Nabelschnur führen zu müssen, wird die RIAA mittels Niederspannung ein- und ausgeschaltet. Der kleine 6V-Trafo läuft zu diesem Zweck dauernd durch. Das ist der Preis dafür, dass man das Netzteil dann hinter den Schrank packen kann, wenn man will. Und im Schaltbild sieht man jetzt, dass der Netzteil-Trafo auch primärseitig abgesichert ist. Das Netzteil wurde frei auf einer Lochrasterplatine verdrahtet. Mit allem Drum und Dran sieht der Vogel so aus:

das Netzteil
das Netzteil
Die Nabelschnüre

Für die Zuführung der Anodenspannung und der beiden Niedervolt-Leitungen der Ein/Aus-Schaltung habe ich Mehrfachkabel genommen, das sonst für Anhängerkupplungen verwendet wird. Das zweite Kabel ist abgeschirmt und führt die Wechselspannung für die Röhrenheizung sowie den Schutzleiter. Die Steckverbinder kommen von Harting, Typ HAN 3A.

Vorläufiges Fazit

Die RIAA läuft seit ein paar Tagen. Sie besticht durch geringes Rauschen und Brummfreiheit. Das Rauschbild ist allerdings leicht dunkel eingefärbt. Tobias Hermann erklärt dies mit dem Schrotrauschen der Pentode EF86. Da dieses Rauschen jedoch vom Pegel sehr viel niedriger als das Platten-Grundrauschen liegt, beeinträchtigt es den Hörgenuss gar nicht.

Das Gerät reproduziert luftige Höhen, ausgeglichene Mitten und gut differenzierte Tiefen. Die räumliche Darstellung erscheint sehr plastisch. Eine abschließende klangliche Beurteilung steht noch aus – jedenfalls macht das Hören mit diesem Gerät eine Menge Spaß!

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