„Schweizer Präzision“ – Plattenspieler-Historie der ganz feinen Art

Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)
Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)

Mein Freund Meinolf Stute hat sich auf die Restaurierung von HiFi-Equipment spezialisiert und im Laufe der Jahre viel Wissen und Erfahrung in Sachen Vintage-Plattendreher erworben. Wenn Meinolf von einem Buch zu diesem Thema nicht nur angetan, sondern geradezu begeistert ist, muss es sich um ein ganz besonderes Werk handeln. Meinolf beschreibt das sehr eindringlich auf seiner website www.ms-vint-audio.de.

Er bittet mich nun, zur Verbreitung seiner Buchrezension und damit des Buches beizutragen, indem ich seinen kompletten Beitrag in diesem Blog nochmals veröffentliche – eine Bitte, der ich gern nachkomme.

Hier Meinolfs Buchbesprechung:

Kennen Sie das Buch „Schweizer Präzision“ in der 3. Auflage?

Eckdaten:
– 962 Seiten geballte Information
– Ausgabe in 2 Einzelbänden
– 1870(!!!) Abbildungen in höchster Qualität
– Druck und Bindung: exzellent
– Preis: 198 Euro zzgl. Versand (Stand vom 25.3.2019)

Falls nicht: Sie verpassen etwas Bemerkenswertes!

Selten hat mich ein Fachbuch dermaßen beeindruckt, wie die 3. erweiterte Ausgabe des mittlerweile zweibändigen (!!!) Werkes von Joachim Bung.

Der Autor schreibt hier mit ganz, ganz viel Herzblut und hat eine schier unglaubliche Menge an Originalmaterial, Prospekten, historischen Aufnahmen …. zusammengetragen.

Alleine das lohnt die Anschaffung!

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Doch der Reihe nach:
nach dem Erscheinen im Februar 2019 habe ich umgehend bestellt und war über die nette Kommunikation überrascht. Da sitzt jemand auf der anderen Seite des Netzes, der ausgesprochen persönlich und freundlich seinem Gewerk und seiner Passion nachgeht.

DHL machte der ersten Zustellung einen Strich durch die Rechnung, der uns beide verärgerte. Aber unbeeindruckt – und unbeschädigt – stellte Herr Bung den Schuber auf eigene Kosten(!!) erneut zu. Toll!! GLS lieferte dann auch schnell und korrekt, aber das ist eine andere Geschichte …

Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)
Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)

Wie üblich, habe ich erst mal „diagonal“ gelesen, das aber ganz schnell eingestellt, weil das umfangreiche Werk das ruhige und schrittweise Lesen verlangt.
Es lohnt sich, den Text zu „schlemmen„, so fein ist er geschrieben.

Und es ist nicht nur eine historisch wertvolle und vermutlich komplette Abhandlung des professionellen Schallplattenspielerbaus, sondern eine Abhandlung über die weltumspannende konkurrierende Bauweise des Musikwiedergabegerätes, das sich bei uns schlicht Plattenspieler nennt.

Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)
Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)

Während des Lesens kommt dann etwas ins Spiel, was mich fasziniert:

Joachim Bung gelingt es, durch persönliche Interviews und Kontakte die Schlüsselgrössen der weltweiten Plattenspielerentwicklung lebendig werden zu lassen.

Es ist eine Hommage an Personen wie die Familien Thorens, Sudgen, Steidinger, Franz, etc…..

Schier unglaubliche Mengen an Originalmaterial, eine herausragende Reproduktionstechnik und eine feine Satztechnik machen das Riesenwerk zu einem zeitgeschichtlichen Dokument, das ich nur wärmstens empfehlen kann.

Eine excellente Fadenbindung und Hardcover im Schuber sichern diesen Schatz!

Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)
Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)

Der Preis mag auf den ersten Blick „ordentlich“ sein, auf den zweiten Blick würde ich „Schweizer Präzision“ als ein Schnäppchen riesigen Informationswertes bezeichnen, das sich schnell zu einem Standardwerk mausern wird.

Wer also alles über die Geschichte des Schweizer Plattenspielers und seiner Mitbewerber kennenlernen und wissen will, ist hier bestens aufgehoben.

Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)
Foto: Meinolf Stute (mit freundlicher Genehmigung von J. Bung)

Es ist kein alleiniges Werk über Thorens, es ist viel, viel mehr!!

Mehr möchte ich aber nicht verraten, sondern ehrlich neugierig machen.

Für mich war es erhellend, wie sich das eigene Forschen und Restaurieren rund um die verschiedenen Antriebsarten der Thorens Spieler und anderer Laufwerke in diesem Buchband nachträglich (!!) komplett erschließt.

website: www.joachim-bung.de

Werkbuch für Jungen – eine Fundgrube des Analogen

Erstmals veröffentlicht im Vorgänger-Blog „der Radionist“ am 15.02.2012

aus: Werkbuch für Jungen © Otto Maier Verlag Ravensburg 1965
aus: Werkbuch für Jungen © Otto Maier Verlag Ravensburg 1965

Ich bin ein Kind der 50er-/60er-Jahre des letzten Jahrhunderts. Altersgenossen werden es bestätigen können: damals wurde noch viel selbst gemacht. Eine frühe Erinnerung: ich sitze mit meinem Vater am Küchentisch und er hantiert mit der Laubsäge. Was wurde damals nicht alles ausgesägt, danach glattgeschmirgelt, bunt angemalt und lackiert: ich erinnere mich an bunte Schlüsselbretter mit Zwergenmotiven und so ein Zeugs. Dabei war mein Vater handwerklich bestenfalls so mittelbegabt, was ihn aber auch nicht davon abhielt, gemeinsam mit einem Arbeitskollegen (Beamter so wie er) unter Zuhilfenahme von lediglich Hammer, Nägeln, Schraubenzieher, Laubsäge und Kartoffel-Schälmesser eine Weihnachtskrippe zu zaubern, die meine inzwischen verwitwete Mutter nach mehr als 40 Jahren noch immer hütet wie ihren Augapfel.

Wir Jungs bauten damals unsere Drachen selbst. Jeder von uns wusste, wie das ging. Welcher Laden führt aber heute noch Drachenpapier – und wer weiß schon noch, dass man Drachen am besten mit Kartoffelkleister klebt?

mein Exemplar von 1966 - schon arg ramponiert, um nicht zu sagen: verbastelt...
mein Exemplar von 1966 – schon arg ramponiert, um nicht zu sagen: verbastelt…

Entscheidend für viele Dinge, die ich im Leben angefangen habe, war ein Buchgeschenk aus dem Jahr 1966. Da bekam ich mein ersehntes Exemplar des “Werkbuch für Jungen” von Rudolf Wollmann. Dieses Buch erschloss mir bald Technik und Naturwissenschaften.

Das Buch ist toll aufgemacht: es beginnt mit einfachsten Basteleien wie Papierfliegern oder Weidenflöten. Hand aufs Herz: wer kann heute noch eine Weidenflöte schnitzen? (Ich kannte nur einen, der das konnte – das war mein Opa mütterlicherseits.)

Grandios auch der Reckturner – ein schönes Beispiel für die liebevolle Bebilderung des Buchs:

aus: Werkbuch für Jungen © Otto Maier Verlag Ravensburg 1965
aus: Werkbuch für Jungen © Otto Maier Verlag Ravensburg 1965

Weiter geht’s mit Modellen aus der Mechanik (Dampfmaschine!) und Optik (Kaleidoskop, Camera Obscura) über die Einrichtung von Aquarien und Terrarien bis hin zu Geräten aus Elektro- und Radiotechnik. Schließlich gibt’s dann noch Ausführungen zu den Themen Modellbahnbau, Flug- und Schiffsmodellbau sowie grundlegende Kapitel zu handwerklichen Basistechniken.

aus: Werkbuch für Jungen © Otto Maier Verlag Ravensburg 1965
aus: Werkbuch für Jungen © Otto Maier Verlag Ravensburg 1965

Endlich im Besitz des Werkbuchs wurde mir schnell klar: mit den paar alten, stumpfen Werkzeugen, die sich im Haushalt meiner Eltern im Laufe der Jahre angesammelt hatten, war kein Staat zu machen. Da musste unbedingt was besseres her. Und ein ganz dringender Wunsch wurde geradezu zur fixen Idee: ich wollte einen Lötkolben. Natürlich wollten meine Eltern keinen Lötkolben, denn besonders meine Mutter hatte Visionen von Tischplatten mit Brandlöchern… Es dauerte aber nicht lange, da hatte ich so ein unverzichtbares Ding. Damit begann eine lange Bastlerkarriere, die heute noch längst nicht abgeschlossen ist!

Das Werkbuch für Jungen ist sicher ein Auslöser für mich gewesen, mich mit Naturwissenschaften und Technik zu beschäftigen – ein Blick hinein löst nostalgische Gefühle aus.

Nachtrag: Ich besitze mittlerweile eine weitere Ausgabe des besprochenen Buchs, und zwar aus der 10. Auflage von 1953. Außerdem erinnere ich mich daran, dass ich als vielleicht Zehnjähriger in der Stadtbibliothek in Gütersloh noch ältere Ausgaben des Werks ausleihen konnte. In denen fanden sich später weggelassene Baubeschreibungen zu Influenzmaschinen und Funkeninduktoren. Nach solchen Ausgaben suche ich nach wie vor.

Über den Autor Rudolf Wollmann schweigt sich das Internet aus.

aus: Werkbuch für Jungen © Otto Maier Verlag Ravensburg 1965
aus: Werkbuch für Jungen © Otto Maier Verlag Ravensburg 1965

Nick Hornby – 31 Songs (2002)

„Ich gebe mir natürlich Mühe, nicht an Gott zu glauben, aber manchmal geschieht in der Musik, in bestimmten Songs etwas, das mich stutzig macht, mich aufhorchen lässt. Wenn sich die Dinge zu mehr als ihrer Summe addieren, wenn die erzielte Wirkung unerklärlich ist, dann bewegen sich Atheisten wie ich auf dünnem Eis.“

Nick Hornby, „31 Songs“

Nick Hornby, 31 Songs (Buch 2002) Nick Hornbys 31 Songs gehört sicher zum Besten, was an Geschriebenem über Musik in meinem Bücherregal steht. Der Verfasser so lesenswerter Romane wie High Fidelity oder About A Boy ist ohnehin blitzgescheit. Am Beispiel seiner favourites dröselt er akribisch auf, was ein Popsong haben muss, um uns als Hörer irgendwo tief innen drin den Kick zu verpassen. Das langweilt in keinem Moment. Wie nebenbei entsteht in der Zusammenschau 31 kurzer Essays ein faszinierender Abriss darüber, was populäre Musik für bewusst hörende Menschen bedeuten kann.

Um Nutzen aus Hornbys Gedanken zu ziehen, muss man die Songs auf der Playlist dieses Buches nicht mögen, nicht einmal kennen.

Sehr, sehr lesenswert!

David Bowie ist tot.

Tobias Rüther: Helden - David Bowie und BerlinDas gefällt mir gar nicht …

Gerade habe ich mir ein paar seiner Platten zurechtgelegt und außerdem das sehr empfehlenswerte Buch von Tobias Rüther „Helden – David Bowie und Berlin“. Den heutigen Abend werde ich hörend und schmökernd mit Erinnerungen verbringen, die auf die eine oder andere Weise mit diesem großen Künstler verbunden sind. Davon gibt es einige …

Noch ein Flohmarktkauf

Erwin Wulff - Die Kunst zu plaudern und gewandt zu unterhaltenNatürlich bin ich – getreu dem Motto der Tante meiner Liebsten: „… man wird alt wie ne Kuh und lernt immer noch dazu!“ – jederzeit bereit, an mir herumzuverbessern, meine vorhandenen Fähigkeiten zu verfeinern und neue hinzu zu erwerben. In diesem Sinne vorgespannt, halte ich auf dem Flohmarkt Ausschau nach etwas, was mich zum Höheren hinanzuheben in der Lage sein könnte. Und ich werde tatsächlich auch fündig: ich erwerbe das Ratgeberbüchlein „Die Kunst zu plaudern und gewandt zu unterhalten“ des mir unbekannten Autors Erwin Wulff. Das Werk kommt daher, als stamme es aus den 50er Jahren, allerdings handelt es sich bereits um die 31. Auflage, also muss es das etwas dickere Heft schon lange vorher gegeben haben. Außerdem hat es außer dem Autoren mit Dr. Hugo Savedi auch schon einen Bearbeiter.

Das erste, was ich am Flohmarktstand lese, als ich das Teil aufschlage, ist dies:

Das Grüßen des Herrn geschieht durch Abnehmen des Hutes und das darf nicht flüchtig geschehen. Der Hut wird so gehalten, dass der Begrüßte nur die Außenseite sieht und nicht etwa das verschwitzte Futter … Den Hut in großem Bogen abzunehmen, wie es viele tun, ist nicht üblich, aber es kann allenfalls getan werden, wenn man recht gute Bekannte trifft, denen man ein Zeichen der herzlichen Freude geben will.

Au verflixt, da habe ich ja Einiges falsch gemacht bisher. Und das, bevor auch nur ein bisschen geplaudert worden ist … Mal sehn, wie’s weiter geht:

„Gestatten Sie, Herr A, oder Frau B, dass ich Ihnen Herrn X oder Fräulein Y vorstelle“. Der Vorgestellte verneigt sich, der andere Teil reicht die Hand und sagt: „Freut mich sehr“, „Sehr angenehm“ oder ähnliches. Zumeist wird dann eine Unterhaltung zwischen den einander Vorgestellten beginnen, wobei die Respektsperson das Gespräch beginnt. Gleichgestellte Personen stellt man mit den Worten vor: „Darf ich bekannt machen, Herr X – Herr Y.“

Ich gestehe, in solchen Situationen habe ich bisher viel Durcheinander angerichtet – das kann mir nun nicht mehr passieren. Aber wann wird denn nun geplaudert?

Scheint so, als müsse ich mich erst noch weiter mit den Voraussetzungen fürs Plaudern beschäftigen. Ich lese also:

Man spreche deutlich, klar und verständlich, denn undeutliches Sprechen wird allgemein als Unhöflichkeit aufgefasst. Ihr Partner wird sich denken: „Der bemüht sich nicht einmal so zu reden, dass ich ihn verstehe.“ … Sprachfehler, wie das Anstoßen der Zunge, und ähnliches sind selten in einem Fehler der Sprechwerkzeuge begründet, sondern Nachlässigkeit. Auch das Stottern geht in vielen Fällen nicht auf körperliche oder nervöse Störungen zurück, sondern ist mit gutem Willen abzugewöhnen.

Na also! Jetzt könnte die Plauderei aber langsam mal beginnen, nur – wie bahnt man das an?

Eine noch etwas derbere und einfachere Art, die Umgebung zu unterhalten und oft deren Beifall zu finden, sind Scherzartikel. Es gibt sehr lustige Dinge zwischen ihnen wie Zucker, der nicht zergeht, sondern im Kaffee schwimmen bleibt, Tellerwackler, Scherzkarten, die beim Herausziehen ein unanständiges Bild zeigen sollen, statt dessen kommt aber ein Stahlbügel herausgesprungen, der den Neugierigen auf die Finger schlägt. Viele andere dieser Scherzartikel können aber weniger empfohlen werden, wie Bonbons, die mit Senf oder Sägespänen gefüllt sind, Zigarren oder Zigaretten, bei denen ein Feuerwerkskörper lospufft, Krawattennadeln oder Abzeichen, aus denen ein Wasserstrahl dem Beschauer ins Gesicht spritzt und Schachteln, aus denen zum Schrecken der Damen eine Maus herausspringt. Nie darf ein Witz darauf hinausgehen, jemanden zu erschrecken, daher erfordert auch das Loslassen dieser kleinen Sensationen einen gewissen Takt, sowie Maß und Ziel.

Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass das Buch ums Thema herumredet. Irgendwie kommt’s nicht zum Plaudern …

Dies aber versöhnt mich, weil es echte Lebenshilfe bietet:

Wenn man das Gespräch elastisch und beweglich gestaltet, so wird jede Frau, jedes Mädchen bald von sich aus einige Schleier lüften und zu erkennen geben, wer und welcher Art sie ist. Damit ist dann viel, wenn nicht alles erreicht, und so wird der Weg für den Mann frei, auf die besondere Art der Geliebten einzugehen.

Wer sagt’s denn – haben sich die 50 Cent fürs Buch ja doch letztendlich gelohnt!

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