Im Jahr 1972 wurde ich 15 Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ein wichtiges Ziel im Leben so manchen Mannes erreicht: ein hübsches, noch dazu nettes und von allen Jungs umschwärmtes Mädchen aus der Parallelklasse war bereit, meine erste große Liebe zu werden. An viele Einzelheiten dieser Beziehung erinnere ich mich nicht, immerhin aber an ihren Namen, ihr Gesicht, ihr Lächeln und an erste unbeholfene Versuche körperlicher Annäherung. Ein paar Jahre später gestand sie mir, dass sie mit meinen letztlich erfolglos gebliebenen Bemühungen, ihr unter die Bluse zu fassen, gar nichts habe anfangen können – da waren wir schon ein wenig älter, längst nicht mehr verbandelt und konnten herzlich drüber lachen.
Woran ich mich recht gut erinnern kann, ist der Soundtrack zu dieser Romanze. Dazu fallen mir Single-Hits von Sweet (Whig-Wam Bam, Block Buster!) und Elton John (Crocodile Rock) ein, vor allem aber das 1971 erschienene Album „American Pie“ von Don McLean. Zu der Zeit war ich schon fasziniert von Emerson, Lake & Palmer und Jimi Hendrix, konnte eigentlich mit Sweet und Elton John nicht mehr viel anfangen, hielt mich auch aus dem Streit zwischen den Lagern der Stones- und Beatles-Fans heraus – aber die Platte von Don McLean schien mir ein gangbarer musikalischer Kompromiss zwischen meiner Freundin und mir, zumal sie die Platte in die Beziehung gebracht hatte.
Ich erinnere mich gut ans Händchenhalten zu Kerzenlicht beim andächtigen Hören der Songs, nur unterbrochen vom immer wieder fälligen Umdrehen der Vinyl-Scheibe. Wichtig war die Stimmung, die die insgesamt ja recht sanft daher kommende Musik und die angenehme Stimme erzeugt haben. Music for lovers! Nur, dass uns unser Schulenglisch nicht so recht weiterhalf beim Verständnis der Texte.
Heute weiß ich, dass selbst angloamerikanische Muttersprachler Probleme damit haben, den andeutungsreichen und verschlüsselt-verschwurbelten Text gerade des Songs „American Pie“ zu dechiffrieren, dass es verschiedene Deutungen zu diesem Text gibt und Herr McLean sich weigert, bei der Interpretation seiner Lyrics mitzuhelfen. Verschmitzt, der Mann! Jedenfalls gehts im Song wohl nicht primär um erste Liebe…
Letztere verging dann auch nach einem herrlichen Frühling 1973, über dem das Wissen darum, dass ich mit meinen Eltern würde wegziehen müssen, wie eine dunkle Wolke schwebte. Zunächst schweißte uns diese Tatsache zusammen, aber schon bald nach dem Umzug wurde die Verbindung brieflich gelöst. Für zwei 16-jährige war eine Entfernung von etwa 50 km zur damaligen Zeit einfach nicht dauerhaft zu überbrücken.
Was geblieben ist, ist das Album „American Pie“ von Don McLean. Seit ein paar Jahren besitze ich es als CD, heute fand ich es als Vinyl-Scheibe auf dem Flohmarkt.