Skizzen eines Aufbaus
In meinem erweiterten Audio-Freundeskreis geht ein Virus um: man beschäftigt sich wieder mal mit dem Darling, einem Verstärker mit der amerikanischen Sende-Triode 1626 (VT-137). Die erblickte das Licht der Welt ca. 1939 und wurde produziert bis 1966. Das amerikanische Militär setzte sie im Küstenfunk ein.
1998 erschien im amerikanischen Magazin Sound Practices ein Artikel von Bob Danielak, in dem er seinen Entwurf eines Audioverstärkers mit der 1626 als Endröhre vorstellte. Danielak dürfte zu den ersten gehören, die solche Versuche unternahmen. Seine Schaltung war sehr spartanisch: so nutzte er beispielsweise für beide Audiokanäle gemeinsame Kathodenwiderstände und -kondensatoren. Dennoch glänzte die 1626 mit überraschend guten Audio-Eigenschaften.
Ungezählte Bastler bauten diesen Winzling von Verstärker nach und schrieben die Schaltung fort. Eine im deutschen Sprachraum gut bekannte Version stellte Johannes LeBong 2004 vor. Sein damaliger Aufbau gefiel mir auch durch sein Äußeres, was mich dazu bewog, mein Gerät ganz ähnlich zu gestalten. Das folgende Foto und die Röhren sind alles, was von meinem ersten Darling übrig geblieben ist:
Oft hab ich dem Schächtelchen nachgetrauert, das ich zugunsten anderer Projekte nach ein, zwei Jahren wieder auseinandernahm. Als dann im Herbst 2018 in Gesprächen mit einem Freund vermehrt das Thema Darling aufkam und dieser schließlich gar an einem Darling arbeitete, gab’s für mich kein Halten mehr. Selbst bei Segschneider rannte ich damit offene Türen ein: er hatte da ein Plänchen in der Schublade liegen …
Vorüberlegungen
Die folgenden Forderungen verband ich mit meinem Projekt
- eine Triode als Vorröhre (PC86)
- völlige Störsignal-Freiheit
- mustergültiges Netzteil mit RC-Siebung, eine eigene Siebkette je Röhre, siehe auch Netzteil mit RC-Siebung für einen Röhrenverstärker
- gefälliges Äußeres, Schaugerät mit DIY-Holzgehäuse
Der Aufbau
Mein Ehrgeiz gebot mir, ein passendes Holzgehäuse für den Darling selbst zu bauen. Im Herbst 2018 legte ich mir – nicht nur deswegen – eine Tischkreissäge zu. Im Winter hatte ich dann Gelegenheit, erste Erfahrungen mit der Maschine zu sammeln und langsam meine anfängliche Scheu, keinesfalls aber meinen Respekt vor dem Teil abzulegen.
Die Gehäuseteile sollten auf Gehrung geschnitten werden. Wie man das macht und dann auf einfache Weise vier mit Gehrungsschnitten versehene Holzteile zu einem Rechteck zusammenbaut, ist recht eingängig beschrieben im YouTube-Channel „Let’s Bastel“ von Michael Truppe. Seine Art der Präsentation ist manchmal ein bisschen überdreht, aber sehr unterhaltsam. Es lohnt sich, das Video zum Thema Gehrung („PERFEKTE Gehrungen mit JEDER Tischkreissäge“) mal anzuschauen.
Herausgekommen bei mir ist dies:
Die eingelassene 3mm-Aluplatte hat ein Freund nach meinem Entwurf bei einem seiner Bekannten schneiden und bearbeiten lassen können. Das geschah per CAD mittels Wasserstrahlschnitts. Ist immer gut, wenn man einen kennt, der jemanden kennt …
Auf dem nächsten Bild sieht man, dass ich die Aluplatte nicht wie ursprünglich geplant eingeklebt, sondern an zwei Aluwinkel links und rechts geschraubt habe. Dafür nutzte ich Bohrungen in der Aluplatte, die ich für die Distanzbolzen der Siebketten-Platinen eh brauchte. Das schien mir die eleganteste Lösung zu sein:
Die kleine Blechfeder stellt später die elektrische Verbindung zur leitenden Innenverkleidung der Bodenplatte her:
Die Bodenplatte besteht aus 10mm starkem MDF. Die Innenseite habe ich mit einer Wärmeschutzfolie aus der Autoindustrie beklebt. Das ist ein Kunststoff-Glasfaser-Gewebe, das einseitig mit Alufolie belegt ist. Wichtig ist mir die abschirmende Wirkung des Aluminiums. Deshalb auch die Kontaktfeder im obigen Bild. Die Bodenplatte:
Die Unterseite der Bodenplatte ist mit drei dämpfenden Gerätefüßen versehen. Sehr zu empfehlen!
Nun zum Innenausbau. Für den habe ich mir fix ein Untergestell gezimmert, um das Gerät gefahrlos auf den Kopf stellen zu können:
Das nächste Foto zeigt die Gleichrichter-/Ladeelko-Platine und die beiden Siebketten-Platinen, die schon an ihrem Platz sind. Es fehlt noch die unmittelbare Peripherie rund um die Röhren:
Die Platinen sind identisch mit den im Zusammenhang mit der PL82-Endstufe beschriebenen, lediglich die Längswiderstände in den Siebketten sind auf die Erfordernisse des Darling hin berechnet.
Man sieht im obigen Bild recht schön, dass die beiden 1626-Heizungen mit Widerständen symmetriert werden. Die Heizungen der Vorröhren PC86 hingegen habe ich hintereinandergeschaltet, deren gemeinsamer Leiter liegt an Masse. Die PC86 benötigt für ihre Heizung 3,8V bei 300mA, zwei davon in Reihe brauchen 7,6V/300mA. Die Heizwicklung 6,3V/1A des Netztrafos liefert bei Belastung mit lediglich 300mA genau 7,4V – damit kann ich glücklich leben!
Die Kanalmodule sind auf einer selbstgeätzten Leiterplatte mit Lötinseln frei verdrahtet:
Gesehen hab ich das vor mehr als 40 Jahren in einem Elektronik-Bastelbuch – ich glaube, es war aus dem Telekosmos-Verlag, verfasst von Heinrich Stöckle und hieß „So baut man eine Schaltung auf“. Schön, wenn einem zur rechten Zeit solche nützlichen Erinnerungen kommen!
Die Kanalmodule im eingebauten Zustand – die Koppel-Cs liegen absichtlich nahe der oberen Platinenkante, damit man sie schnell austauschen kann:
Hier der Spaß nochmal aus der Nähe … :
… und schließlich die Totale:
Ach – ehe ich’s vergesse: das Endergebnis:
Hinten mittig der Netztrafo von RONDO Müller, R3-0044-0012. Die Daten:
Prim.: 230V
Sek. 1: 235V/0,1A
Sek. 2: 2x 12,6V/0,5A
Sek. 3: 6,3V/1,0A
Schirmwicklung
Die beiden Ausgangstrafos hatte ich noch im Bestand: zwei gute 10k:4-Typen, die ich mit Schnittbandkernen versehen habe.
Vorläufiges Fazit
Das Gerät ist eine Augen- und Ohrenweide. Jetzt freue ich mich, nach all den „black boxes“ auch mal ein Schaugerät gebaut zu haben.
Das Isolierpapier der Ausgangsübertrager werde ich schwarz verkleiden. Das Netzkabelprovisorium muss ich noch abstellen: ich will eine kleine Huckepackplatine mit Mikro-Netztrafo, Diode und Elko und einem Mini-Relais aufbauen, mit deren Hilfe ich die Ein-/Ausschaltung der Netzspannung mit einer kleinen Steuer-Gleichspannung vornehme.
Mein Darling hat auf Anhieb sehr, sehr angenehme klangliche Eigenschaften, muss sich aber sicher eine Weile einlaufen. Die WIMA-Koppelkondensatoren sollen bald gegen PIOs (paper in oil-Kondensatoren) ausgetauscht werden.
Danke
- Segschneider für das Schaltungsdesign und fürs Anfeuern
- allen meinen Audiofreunden fürs Daumendrücken, dass ich mir keine Finger absäge!
Hallo MiMü,
Eine „Skizze“ des Schaltplans der Darling wäre natürlich noch kompletter gewesen! 🙂 Ich weiß, gibt es zigfach im Netz. Aber Eure Schaltungen haben immer eine gewisse „Feinheit“ zu bieten.
MfG
Manfred
Hallo Manfred,
schön, Dich hier wieder zu treffen und danke für das Kompliment in Sachen Schaltungsfeinheit. An der endgültigen Verfeinerung tüfteln wir allerdings noch, denn das Bessere ist ja bekanntlich der Feind des Guten! Und wir haben das Gefühl, da geht noch was, deshalb halten wir ein Schaltbild einstweilen zurück. Mal schaun, ob uns da noch was gelingt. Im Moment ist noch alles im Schwange.
Viele Grüße –
MiMü
Hallo MiMü , sehr schöner Aufbau. Ich habe deine PL 82 und Grande nachgebaut. Man lernt dabei immer wieder was Neues, sammelt neue Erfahrung. Was ich bei Grande Neues entdeckt habe, hat meine Aufbautätigkeit auf den Kopf gestellt. Die PIO Kondensatoren klingen in der Schaltung SEHR unterschiedlich. Aber dass die auch von Polarität (spricht Anfang und Ende der Wicklung) phänomenal sich im Klang verändern, das ist mir sooooo extrem wie in dieser Schaltung noch nie aufgefallen. Ein Tipp an alle Nachbauer : die Pio’s haben riesen Einfluss aufs Klangbild, achtet darauf, dass die auch richtig rum sitzen.
MFG Alex
Hallo Alex,
danke für das Interesse an diesem Blog! Und danke auch für das Vertrauen – immerhin nimmt man ja etwas Geld in die Hand, um eine PL82-Endstufe und/oder den Grande nachzubauen!
Es stimmt: die hier veröffentlichten Endstufen-Schaltungen reagieren recht feinfühlig auf verschiedene Kondensatoren und legen die klanglichen Unterschiede bloß. Die Beobachtung, dass ein „falsch gepolter“ PIO (paper in oil) – Kondensator sich in Sachen Klang-Charakteristik noch mal ganz anders auswirkt, habe ich bislang allerdings nicht machen können. Ich werde aber von nun an verstärkt drauf achten!
Bastlergrüße –
MiMü