Ich mag den Reggae immer noch nicht…

Vor kurzem schenkte mir ein Freund einen ganzen Schwung äußerst gut gepflegter Schallplatten. Es sind wirklich sehr schöne Sachen dabei, unter anderem ein paar wunderbare Krautrock-LPs von Novalis.

Bob Marley & The Wailers - Uprising (LP 1980)Aber eben auch diese Scheibe von Bob Marley & The Wailers: Uprising.

Anfang der 80er lebte ich in Dortmund, studierte Fotodesign an der dortigen Fachhochschule. Musikmäßig war ich schon sehr interessiert, aber für mich gab’s damals nicht wirklich was zu entdecken. Langsam sickerte – im Vergleich zu Großbritannien mit jahrelanger Verspätung – der Punk in die Szene ein. Gleichzeitig – quasi als Gegenstück zum Punk – etablierte sich in der sich für intellektuell haltenden studentischen Szene der Reggae. Man konnte kein Bein mehr ziehen – wo man hinkam, waberten einem dieser Reggae und die Wolken der wohl unweigerlich dazu zu gehören scheinenden, das Bewusstsein erweiternden Substanzen entgegen. Vielleicht musste man sich aber auch zudröhnen, um diese Musik zu verstehen, was weiß denn ich.

Mir selber gingen meine musikalische Helden verloren. Gentle Giant gaben 1980 auf, Genesis waren nach dem Weggang von Peter Gabriel 1975 in meinen Ohren zu Verrätern an all dem geworden, für das sie meiner Meinung nach mal gestanden hatten. Auch Yes, die mich im Herbst 1977 noch live in der Dortmunder Westfalenhalle begeistern konnten, hatten einen Durchhänger. Eine Zeitlang tröstete ich mich mit The Police, die aber von Album zu Album kommerzieller und damit uninteressanter wurden.

Ja, der eigene Musikgeschmack war damals noch sehr schubladisiert. Nicht, dass ich nicht versucht hätte, Bob Marley & The Wailers toll zu finden – indes, das scheiterte an der Musik.

Heute traute ich mich nun endlich, die Marley-Scheibe mal aufzulegen. Ich hoffte auf ein aha-Erlebnis, aber das blieb aus. Ich mag den Reggae wohl immer noch nicht…

heavy rotation Vol. 6: Elbow – The Seldom Seen Kid, Elbow – Build A Rocket Boys!

Mit Elbow beschäftige ich mich noch nicht sehr lange. Ich hatte die Band mal gesehen in der Musiksendung „One Shot Not“ auf Arte. Außerdem ist sie mit „Teardrop“ – einem großartigen Massive Attack-Titel – auf einem Sampler mit Cover-Versionen vertreten. Erst als ich neulich in einem Musikblog wieder etwas über Elbow las, war ich angefixt und legte mir zwei CDs zu, die seither abwechselnd den CD-Spieler im Wohnzimmer blockieren und – digitalisiert im FLAC-Format – als Dauerschleife auf meinem Rechner im Arbeitszimmer rotieren:

Elbow – The Seldom Seen Kid (CD 2008), Build A Rocket Boys! (CD 2011)

Elbow - The Seldom Seen Kid (CD 2008) Elbow ist eine fünfköpfige, aus Manchester stammende Band rund um den Texter und Sänger Guy Garvey. Ab 1990 spielt man als „SOFT“ zusammen, gibt sich aber 1997 den Namen Elbow. Im Jahr 2000 erscheint das erste Album, aber erst das 2008 veröffentlichte vierte Album „The Seldom Seen Kid“ bringt der Band den Durchbruch.

Die Musik Elbows möchte ich als ausgesprochen unhektisch beschreiben. Hier werden große Melodiebögen gespannt, die musikalischen Ereignisse bauen sich in Ruhe auf. Um das in aller Schönheit mitzubekommen, sollte man sich die Zeit nehmen und nebenher nicht zuviel anderes tun. Innehalten und genießen!

Guy Garveys wohltönende Stimme prägt die Stücke außerordentlich. Tatsächlich fühlt man sich da gelegentlich als alter Genesis-Fan der Gabriel-Ära an Peter Gabriel erinnert.

Elbow - Build A Rocket Boys! (CD 2011)

Aber anders als im Fall Marillions und ihres ersten Sängers Fish, denen schon mal unterstellt wurde, ein Genesis-Clone zu sein, kommt hier ein solcher Verdacht gar nicht erst auf – dazu ist die Elbow-Musik zu eigenständig.

Sich da ein wenig einzuhören, lohnt ganz sicher den Aufwand. Wenns ein einzelner Song sein soll, empfehle ich diesen vom Album „Build A Rocket Boys!“:

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Emerson, Lake & Palmer – Pictures At An Exhibition (1971)

Emerson, Lake & Palmer – Pictures At An Exhibition (1971)Es war 1972. Musikunterricht in der Obertertia (wer kennt diese Klassenbezeichnung noch?) des Engelbert-von-Berg-Gymnasiums in Wipperfürth. Unser neuer Musiklehrer ein ganz frischer Studienassessor namens Feik. Ein 68er mit langen Haaren – bot uns gleich das Du an. Bestand der Unterricht im Fach Musik bis dahin aus schiefem Singen, wurden nun Schallplatten gehört. Ich erinnere mich an „Jesus Christ Superstar“, vor allem aber an Pictures At An Exhibition von ELP im Vergleich zu Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“.

Heute höre ich die ELP-Scheibe nach sehr langer Zeit wieder, erinnere mich an meine alte Bildungsanstalt, hinter mir gelassen vor beinah 40 Jahren. Treibe mich auf den Homepages des EvB und des Fördervereins herum, erkenne aber lediglich den Altbau und erinnere mich an nur wenige Namen. Einer sticht hervor: Werner Busack, der Biologielehrer mit der Beinprothese. Gestorben 1979…

„April is a cruel time…“

„…even though the sun may shine.

grey sky where it should be blue
grey sky where I should see you
ask why, why it should be so
I’ll cry, say that I don’t know
I don’t know“

Deep Purple – April (vom Album „Deep Purple“, 1969)

Deep Purple - Deep Purple (1969)Als das dritte Album von Deep Purple erschien – es war das letzte in der Urbesetzung, noch ohne Ian Gillan und Roger Glover – wusste ich noch kaum etwas von dieser Gruppe. Erst zwei, drei Jahre später entdeckte ich diese Musik für mich, wahrscheinlich anhand des Nachfolgealbums Deep Purple in Rock.

Zu der Zeit schien die Welt der Rock- und Popmusik zweigeteilt: entweder hatte man Beatles- oder Stones-Fan zu sein. Für nichts davon konnte ich mich wirklich erwärmen. Da kam mir eine Band wie Deep Purple gerade recht – ich hörte da etwas heraus, was die meisten Gleichaltrigen in meinem Umfeld nicht verstanden. Deep Purple waren ganz einfach anders, schon das machte sie für jemanden wie mich, der sich selbst – wohl auch pubertätsbedingt – einfach absetzen wollte, ungemein interessant. Deep Purples Affinität zur klassischen Musik – gerade Keyboarder Jon Lord stand dafür – drückte sich in Aktivitäten wie dem Album „Concerto for Group and Orchstra“ (1969) oder in Zusammenarbeiten mit dem deutschen Dirigenten und Komponisten Eberhard Schoener aus.

Hieronymus Bosch - Die musikalische Hölle
Ein Ausschnitt aus Hieronymus Bosch – Die musikalische Hölle (Quelle: Wikipedia, public domain) ziert das Album von Deep Purple

Auf dem 69er Album „Deep Purple“ findet sich ein ebenfalls von der klassischen Musik beeinflusstes, suitenartiges Stück namens „April“. Es ist dreigeteilt: der erste Teil ist geprägt von Orgel, Piano und Akustikgitarre, es folgt ein Orchesterteil mit Streichern und Blasinstrumenten, gefolgt vom von Gesang begleiteten dritten Abschnitt, der das Thema des ersten „Satzes“ nochmal aufnimmt und der Rockband gehört. Das kommt trotz aller Einfachheit sehr effektvoll daher und fasziniert mich noch heute.

Eine wichtige Eigenschaft hatte diese Musik: sie war kaum tanzbar! Dazu konnte man herrlich `rumsitzen, rauchen und schlaue Bemerkungen machen. So etwas konsumierte man anders, als es die verständnislosen Altersgenossen mit ihrer Musik taten, die dazu entweder abtanzten (Stones-Fans) oder mit ihren Mädchen „rummachten“ (Beatles-Fraktion). Man kam sich einfach herrlich intellektuell vor (oder was man halt in seinem jugendlichen Unverstand dafür hielt…). Solche Stücke wie „April“ machten mich aber aufnahmebereit für die Musik von Emerson, Lake & Palmer, King Crimson, Yes, Mahavishnu Orchestra und viele andere. Danke dafür!

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