John Paul Jones und Them Crooked Vultures

Gestern schrieb ich über Robert Plant, Sänger der legendären, stilbildenden 70er-Jahre Band Led Zeppelin. Seit dem Tod des Schlagzeugers John Bonham im Jahr 1980 gehört Led Zeppelin der Vergangenheit an. Zwar gab es 2007 ein einziges Reunion-Konzert unter dem alten Bandnamen. Robert Plant (voc), Jimmy Page (g) und John Paul Jones (b, keyb, mandoline) spielten mit Bonhams Sohn Jason (dr) ein Benefiz-Konzert zu Ehren ihres 2006 verstorbenen langjährigen Mentors Ahmet Ertegün. Gerüchte, es könne bald darauf zu einer dauerhaften Wiedervereinigung und einer Welttournee kommen, bestätigten sich indes bisher nicht. Mal sehn, was draus wird.

Dessen ungeachtet sind die Ex-Zeppeline recht umtriebige Leute. Robert Plant erweitert aufbauend auf seinen angestammten Led-Zep-Katalog sein Repertoire ständig durch Soloprojekte, in die er genrefremde Künstler einbezieht. Da hat er weder Weltmusik, noch Bluegrass gegenüber irgendwelche Berührungsängste. Und was dabei herauskommt, ist sehr stimmig.

Über Jimmy Page mag ich mal gelegentlich einen eigenen Artikel schreiben – heute soll es mir um John Paul Jones gehen. Als Bassist und Keyboarder stand er bei Led Zeppelin nicht in der ersten Reihe. Sicher gab er nie die Rampensau – wie Page und Plant es waren -, aber zusammen mit dem äußerst kraftvoll agierenden Schlagzeuger Bonham lieferte er das verlässliche rhythmische Fundament für die solistischen Eskapaden des Gitarristen und des Sängers. Page, Jones und Bonham waren wirklich ein Powertrio, und da muss jeder Instrumentalist ein absoluter Könner sein, sonst funktionieren solche Konstellationen nicht.

Nach Led Zeppelin betätigte sich Jones in diversen Projekten, oftmals im Hintergrund als Produzent und Arrangeur. Seine erste Solo-Platte erschien mit „Zooma“ erst 1998. 2009 trat er wieder ins Rampenlicht. Da tat er sich mit zwei Musikern einer ganz anderen Generation zusammen, dem Schlagzeuger Dave Grohl (Foo Fighters, Ex-Nirvana) und dem Gitarristen Josh Homme (Queens Of The Stone Age). Gemeinsam gründeten sie eine Band, die man getrost als Supergroup bezeichnen darf: Them Crooked Vultures.

Them Crooked Vultures (CD 2009)Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Diese drei excellenten Musiker haben es getan! Im Herbst 2009 erschien das selbstbetitelte Album der „krummen Aasgeier“. Was da zu hören ist, gab’s meiner Meinung nach vorher so noch nicht: härteste Rockmusik, ultrapräzise und filigran, trotzdem druckvoll gespielt. Das ist schräg, laut, rhythmisch vertrackt und gleichwohl auf tanzbare Art eingängig, mit verständlich gesungenen Texten. Verfrickelt und dennoch brachial. Dabei ist die CD absolut durchhörbar. Es gibt Scheiben, die habe ich noch nie in einem Stück durchhören können – aus Angst, wahnsinnig zu werden. Beispiel: The Mars Volta – De-Loused In The Comatorium. Die liegt bei mir im Giftschrank. Them Crooked Vultures bleiben knapp diesseits der Schwelle zum Wahnsinn – genial! Hier ein Beispiel im Video:

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Rechts im Video ein weiterer Musiker, Alain Johannes, der die Gruppe bei Live-Auftritten als Rhythmusgitarrist verstärkt. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war Jones (auf der Bühne links) 63 Jahre alt, er könnte der Vater von Schlagzeuger Grohl und Gitarrist/Sänger Homme sein.

Song To The Siren – Robert Plant und Tim Buckley

So lange ich denken kann, bin ich ein großer Bewunderer des Sängers Robert Plant. Schon zu seiner Zeit als Frontmann von Led Zeppelin hat er mich mit seinem unverwechselbaren Gesangsstil fasziniert. Er wurde damit zum Vorbild vieler Hard-Rock-Sänger. Doch er beherrschte immer auch die leisen Töne, was er besonders auf seinen Solo-Alben demonstriert. Ich besitze einen ganzen Schwung CDs mit Plant, darunter die meisten Zep-Alben, zwei CDs Robert Plants mit dem Led Zeppelin-Gitarristen Jimmy Page sowie eine Handvoll seiner nicht wenigen Solo-Veröffentlichungen. Dazu gehört auch das sehr achtbare Album „Raising Sand“, das er 2007 zusammen mit der Bluegrass-Sängerin und Violinistin Alison Krauss aufgenommen hat.

CD: Robert Plant - DreamlandHeute hörte ich wie schon so oft seine Solo-CD „Dreamland“. Seit jeher hat es mir besonders der „Song To The Siren“ angetan. Ich bin ein bisschen faul in diesen Dingen, aber diesmal hab ich mal das CD-booklet aus dem Deckel gepfriemelt und einer etwas genaueren Untersuchung unterzogen. Es fällt auf, dass wohl auch Herrn Plant das genannte Stück recht wichtig ist, denn es ist das einzige dieses Albums, dessen Text im booklet abgedruckt ist. Und stellt die beharfte Dame auf dem Cover nicht auch eine Sirene dar? Es sind die Sirenen, deren Gesang die Seefahrer irreleiten. Hier aber kriegt die Sirene ein Lied gesungen. Wie sich das bei Robert Plant anhört, ist in diesem Video sehr eindrucksvoll eingefangen:

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Wenn ich mich erst überwunden habe, mühsam aus den CD-Hüllen gefummelte booklets zu lesen, tue ich letzteres auch recht genau. Als Autoren des Sirenen- Songs werden genannt: Tim Buckley und Larry Beckett. Tim Buckley – der Name kommt mir bekannt vor, aber wirklich etwas anfangen damit kann ich nicht. Bei Wikipedia erfahre ich mehr: amerikanischer Singer-Songwriter, Folksänger, Gitarrist. Lebte von 1947 bis 1975, starb an Drogen. Weiter zu YouTube. Und siehe da, es gibt ein Video, in dem Buckley seinen „Song To The Siren“ singt:

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Schlussfolgerung: unbedingt um die Musik von Tim Buckley kümmern! Und wenn ich schon dabei bin, auch um die von Jeff Buckley, den Sohn von Tim. Der wurde mit 30 Jahren nicht viel älter als sein Vater.

Don McLean – American Pie (LP 1971)

Im Jahr 1972 wurde ich 15 Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ein wichtiges Ziel im Leben so manchen Mannes erreicht: ein hübsches, noch dazu nettes und von allen Jungs umschwärmtes Mädchen aus der Parallelklasse war bereit, meine erste große Liebe zu werden. An viele Einzelheiten dieser Beziehung erinnere ich mich nicht, immerhin aber an ihren Namen, ihr Gesicht, ihr Lächeln und an erste unbeholfene Versuche körperlicher Annäherung. Ein paar Jahre später gestand sie mir, dass sie mit meinen letztlich erfolglos gebliebenen Bemühungen, ihr unter die Bluse zu fassen, gar nichts habe anfangen können – da waren wir schon ein wenig älter, längst nicht mehr verbandelt und konnten herzlich drüber lachen.

Don McLean – American Pie (LP 1971)Woran ich mich recht gut erinnern kann, ist der Soundtrack zu dieser Romanze. Dazu fallen mir Single-Hits von Sweet (Whig-Wam Bam, Block Buster!) und Elton John (Crocodile Rock) ein, vor allem aber das 1971 erschienene Album „American Pie“ von Don McLean. Zu der Zeit war ich schon fasziniert von Emerson, Lake & Palmer und Jimi Hendrix, konnte eigentlich mit Sweet und Elton John nicht mehr viel anfangen, hielt mich auch aus dem Streit zwischen den Lagern der Stones- und Beatles-Fans heraus – aber die Platte von Don McLean schien mir ein gangbarer musikalischer Kompromiss zwischen meiner Freundin und mir, zumal sie die Platte in die Beziehung gebracht hatte.

Ich erinnere mich gut ans Händchenhalten zu Kerzenlicht beim andächtigen Hören der Songs, nur unterbrochen vom immer wieder fälligen Umdrehen der Vinyl-Scheibe. Wichtig war die Stimmung, die die insgesamt ja recht sanft daher kommende Musik und die angenehme Stimme erzeugt haben. Music for lovers! Nur, dass uns unser Schulenglisch nicht so recht weiterhalf beim Verständnis der Texte.

Heute weiß ich, dass selbst angloamerikanische Muttersprachler Probleme damit haben, den andeutungsreichen und verschlüsselt-verschwurbelten Text gerade des Songs „American Pie“ zu dechiffrieren, dass es verschiedene Deutungen zu diesem Text gibt und Herr McLean sich weigert, bei der Interpretation seiner Lyrics mitzuhelfen. Verschmitzt, der Mann! Jedenfalls gehts im Song wohl nicht primär um erste Liebe…

Letztere verging dann auch nach einem herrlichen Frühling 1973, über dem das Wissen darum, dass ich mit meinen Eltern würde wegziehen müssen, wie eine dunkle Wolke schwebte. Zunächst schweißte uns diese Tatsache zusammen, aber schon bald nach dem Umzug wurde die Verbindung brieflich gelöst. Für zwei 16-jährige war eine Entfernung von etwa 50 km zur damaligen Zeit einfach nicht dauerhaft zu überbrücken.

Was geblieben ist, ist das Album „American Pie“ von Don McLean. Seit ein paar Jahren besitze ich es als CD, heute fand ich es als Vinyl-Scheibe auf dem Flohmarkt.

Easy Listening

In den 40er Jahren entsteht in den Vereinigten Staaten eine neue Musikrichtung: Easy Listening. Abgeleitet aus Swing- und Bigbandsounds, lehnt sich diese Musik sehr stark an den Massengeschmack an. Beim Repertoire handelt es sich oft um instrumentale Versionen bekannter Titel aus den Hitparaden. Instrumentalsolisten ersetzen die Gesangsparts. Typischerweise wird der Orchesterklang durch Streicher angereichert. Gelegentlich hört man Hintergrundchöre, die aber instrumental eingesetzt werden und nicht etwa Texte singen.

Anders aber als Muzak, eine Art funktioneller Gebrauchsmusik für Fahrstühle, Warenhäuser und Hotelfoyers, die vom Hörer weitgehend unbewusst wahrgenommen wird und ihn milde stimmen oder seine Kauflust beflügeln soll, stellt die Easy Listening Music den Anspruch, den Hörer unterhalten und entspannen zu wollen.

Typische Vertreter der ELM sind im Bereich der Orchestermusik James Last, Billy Vaughn, Mantovani, Bert Kaempfert, Ray Conniff und Liberace. Natürlich gibt es neben bekannten Instrumentalsolisten wie Herb Alpert oder Kenny G auch Vokalisten, die sich auf dem Gebiet des Easy Listening hervorgetan haben. Hier seien nur Dean Martin, Al Martino, Engelbert, Helmut Lotti oder Perry Como genannt.

Gebrauchte James-Last-Scheiben kann man ja zentnerweise bekommen – der Mann hatte einen sagenhaften output an Veröffentlichungen und muss seine Musik wirklich gut verkauft haben. Bisher lasse ich von seinen Platten die Finger – allerdings gebe ich zu, eine James-Last-Weihnachts-LP zu besitzen, die selbst für Leute mit meiner musikalischen Sozialisation absolut unpeinlich ist. Gut möglich, dass es im Wust der Last-Veröffentlichungen noch die ein oder andere Perle zu entdecken gibt.

Bert Kaempfert (1923-1980)

Bei meinen Streifzügen über Flohmärkte und meinen Besuchen bei Haushaltsentrümplern waren Platten aus dem Bereich Easy Listening zunächst allerhöchstens „Beifang“. Das änderte sich, nachdem ich die äußerst sehenswerte Dokumentation „STRANGERS IN THE NIGHT – die Bert Kaempfert Story“ von Marc Boettcher im Fernsehen gesehen hatte. Jetzt suche ich sogar nach solchen Tonträgern.

Strangers In The Night - The Bert Kaempfert Story (DVD)
Strangers In The Night – The Bert Kaempfert Story (DVD)

Mein Wissen über Kaempfert beschränkte sich bis zu dem Zeitpunkt darauf, dass er der Komponist von „Strangers In The Night“ und „Spanish Eyes“ gewesen ist. Ich dachte immer, er sei Amerikaner, dabei war er Deutscher, der erst in Amerika seine großen Erfolge feiern konnte. Wenn man sich dem Mann und seinem Werk nähert, tut sich ein kleiner musikalischer Kosmos auf, mit dem zu beschäftigen sich wirklich lohnt. Nachfolgend eine Aufnahme von 1967, an der man zwei typische Merkmale von Kaempfert-Arrangements festmachen kann: zum einen hört man den so genannten „Knackbass“, gespielt von Ladi Geisler. Dabei handelt es sich um eine Spielweise, bei der die mit einem Plektrum angerissene Basssaite sofort wieder gedämpft wird, so dass es nicht zu einem längeren Ausschwingen der Saite kommt. Als Soloinstrument wird meist die Trompete oder die Posaune eingesetzt – in diesem Medley dominiert die Trompete von Manfred Moch:

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Bert Kaempfert – Medley 1967

Inzwischen versuche ich mich weiterzubilden und habe neben einigen Vinylplatten von Bert Kaempfert und anderen Größen dieser Musikrichtung auch ein paar LPs von

Mantovani (1905-1980)

zusammengetragen. Annunzio Paolo Mantovani , in Italien geboren, wirkte als Orchesterleiter in England. Sein Stil war stark von seinen Streicherarrangements bestimmt, den so genannten „Cascading Strings“.

Mantovani war dabei immer auf Wohlklang bedacht. In einem Interview, das im Innenteil des Albums „Mantovani – Ein Klang verzaubert Millionen“ abgedruckt ist, beschreibt er seine Vorgehensweise:

„Ich spiele ja selbst Geige. Ich weiß,was ich von Streichern erwarten kann. Ich weiß um die Möglichkeiten des Instruments Violine. Ich weiß, was man damit machen kann und nicht. Und wenn Sie eins meiner Geheimrezepte wissen wollen: ich vermeide es, mit meinem Streicherapparat hohe Tonlagen anzupeilen.“

Da haben wir es: es geht um Easy Listening, also leichte Konsumierbarkeit. Aber toll anhören tut sich das schon, auch hier eine Kostprobe:

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Mantovani & his Orchestra – Charmaine

Wann ich diese Musik höre? Bevorzugt beim späten Sonntagsfrühstück!

Vorgestern auf dem Flohmarkt

Einmal im Jahr bricht der „Dröper-Flohmarkt“ über unsere Wohnsiedlung herein. Am Vorabend tut man gut daran, seinen fahrbaren Untersatz aus der Gefahrenzone zu bringen, also irgendwo an den Ausfallstraßen zu parken, denn ab dem frühesten Samstagmorgen gehören die Straßen den teilweise auch von weiter her anfahrenden Flohmarktbeschickern, die in die Siedlung fahren und ihre Stände aufbauen dürfen, danach aber auch ihre Wagen außerhalb abstellen müssen.

In früheren Jahren ist es uns immer gelungen, zu Freunden zu flüchten. Das hat aber im letzten und auch diesem Jahr aus Termingründen nicht geklappt, also setzten wir uns zum zweiten Mal dem tosenden Leben um uns herum aus.

Wenn schon, denn schon, beschloss ich – „…dann wird auch nach Schallplatten geguckt!“ Und tatsächlich wurde ich fündig. 25 Langspielplatten für insgesamt ebensoviele Euros konnte ich erstehen. Ein paar der Vinyls knistern ein bisschen und müssen bei Gelegenheit mal gewaschen werden. Die weitaus meisten aber sind in recht passablem Zustand.

Dieser Fang ist mir der liebste und wichtigste: The Boomtown Rats – the fine art of Surfacing.

The Boomtown Rats - the fine art of surfacing (LP 1979)
Wikipedia schreibt:

The Boomtown Rats (1975–1986) waren eine irische New-Wave-Band mit dem Leadsänger Bob Geldof, der später vor allem durch seine Aktivitäten um das Band-Aid-Projekt sowie durch die Live-Aid-Konzerte 1985 und 2005 bekannt wurde.

Im Sommer 1979 machten die Liebste und ich mit einem klapprigen VW 411 Südfrankreich unsicher. Des Französischen nicht mächtig, waren wir begierig auf Nachrichten in einer uns verständlichen Sprache, und da gab es einen englischsprachigen Sender auf Mittelwelle, den wir so mit Ach und Krach empfangen konnten. Und der spielte einmal in der Stunde den – wie man heute weiß – größten Hit der Rats: „I Don’t Like Mondays„. Himmel, wie sehr haben wir schon bald dieses Stück gehasst! Anfangs fanden wir es toll, aber die Begeisterung ließ wegen der heavy rotation doch recht schnell nach.

Seit vorgestern habe ich jetzt die Platte, und sie ruft nur schöne Erinnerungen wach…

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