heavy rotation Vol. 21: Eberhard Schoener – Flashback (LP 1978)

Ich hab nachgesehen: der letzte Beitrag aus der Kategorie heavy rotation erschien vor über einem Jahr. Und es ist geschlagene sechs Monate her, dass ich hier in irgendeiner Weise Musik empfohlen habe. Das ist für ein Blog, das sich im Untertitel „ein Hör-Tagebuch“ nennt, doch einigermaßen wenig … Heute ist allerdings ein guter Tag, diesem Mangel ein wenig abzuhelfen. Die ganze Nacht hat es mehr oder weniger stark gestürmt und heftigst geregnet, draußen ist es immer noch sehr windig und nasskalt, so dass an die Dinge, die man sich sonst so für den 1. Mai vornimmt, überhaupt nicht zu denken ist. Das schafft zeitliche Freiräume … also dann:

Eberhard Schoener – Flashback (LP 1978)

Jahrelang zog’s mich nicht auf Plattenbörsen, aber neulich fuhren mein Zweitgeborener und ich gemeinsam los: erst zum Frühjahrsflohmarkt auf dem Gelände des Osnabrücker Moskaubads, danach dann tatsächlich noch in die OsnabrückHalle zur Plattenbörse. Dort fand ich die faszinierende Eberhard Schoener-LP Flashback.

Schoener ist mir ein Begriff seit Mitte der 70er Jahre. 1974 sah ich ihn erstmals im Fernsehen: die ARD übertrug im Rahmen der Eurovision live eine Aufführung des Jon Lord-Projekts Windows, das klassische Musik mit Hardrock-Elementen zu verbinden suchte. Eberhard Schoener leitete hier das Münchner Kammerorchester und bediente den Moog Synthesizer. Damals galten solche Kooperationen von klassisch ausgebildeten Musikern wie Schoener mit Rockbands als etwas sehr Besonderes. Schoener arbeitete nicht nur mit Deep Purple-Mitglied Jon Lord zusammen, sondern u.a. auch mit Procol Harum, Tangerine Dream oder dem Alan Parsons Project.

Seine eigenen Kompositionen sind von klassischer Musik, Welt- und Popmusik beeinflusst. Bei deren Einspielungen geben sich hochkarätige Mitwirkende die Klinke in die Hand. Und nun kommt’s und deshalb ist mir das Album Flashback so wichtig: bei dessen Aufnahme 1977 waren drei Musiker mit von der Partie, die wenig später Weltkarriere als The Police machen sollten: Steward Copeland (dr), Andy Summers (g) und Sting (b, voc).

Um einen Eindruck von diesem Album zu bekommen, lohnt es sich, das folgende Video anzuschauen, ein Medley der beiden Flashback-Titel Trans Am und Rhine-Bow (nicht etwa Rainbow). Der weißgekleidete Keyboarder ist Schoener, die Herren in der Mitte sind die drei Polizisten, den rechten Keyboarder kenne ich nicht:

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Wir sehen hier The Police, bevor sie The Police wurden. Mit dem Wissen von heute bildet man sich ein, in den Polizeianwärtern sei alles Spätere schon angelegt und spürbar gewesen. Das ist wohl Unsinn. Immerhin aber prägen die drei Musiker ihre Anteile an Schoeners Album-Projekt hörbar. Stings Falsettgesang wurde bald zum Markenzeichen der zukünftigen Mega-Band, ebenso Copelands superpräzises Schlagzeugspiel und Summers Klangteppiche, die er mit der Gitarre ausrollt.

Die 10€ für eine near mint-Scheibe waren wahrlich gut angelegtes Geld!

Wer jetzt noch nicht genug hat, mag sich vielleicht das Projekt Windows von Jon Lord ansehen, wie es damals über den Äther ging. Viel Spaß dabei!

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P.S. … und ich geh jetzt löten!

„Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand“

Bernhard und Berni

Mein Freund Berni (rechts) mit seinem Vetter Bernhard 1955 in Losser/NL

Hallo, Michael,

Deine Antwort zu Superclean Dreammachine hat mich beflügelt, Dir noch einmal meine frühere kindliche Begeisterung für den Schlager „Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand“ der niederländischen Kilima Hawaiians zu schildern. Natürlich war ich damals keineswegs gefestigt, was musikalischen Hörgeschmack betrifft. Aber das Angebot war seinerzeit – verglichen mit dem Beginn der 1960er Jahre – sehr spartanisch und die Hardware dazu auch, nämlich Kleinradio mit Bakelitgehäuse und magischem Auge in hellgrün. Neben anderen Namen stand auf der Senderwählskala das Wort Beromünster. Damit konnte ich nichts anfangen und mir darunter auch nichts vorstellen. Hörte sich trotzdem spannend an. Heute weiß ich mehr darüber. Aber wer konnte mir das seinerzeit erklären und wo konnte ich nachschauen oder nachblättern? Nun noch mal zum Pferdehalfter zurück.

Wir schreiben das Jahr 1955, ich war neun Jahre alt, konnte schon recht gut niederländisch sprechen und saß bei meinem Vetter Bernhard, der damals als gelernter Elektriker mit knappen 18 Jahren einen örtlichen Schwarzsender mit begrenzter Frequenz betrieb, auf dem sehr beengten Schinkentrockenraum auf dem Dachboden seiner elterlichen Gaststätte (Café hieß das in Holland) im Ortskern von Losser/NL, die heute noch besteht. Das war für mich ein ungeheurer Vertrauensbeweis, denn es geschah ja etwas Illegales. Bernhard erfüllte mit seinem Sender Musikwünsche seiner Freunde und Nachbarn und übermittelte gleichzeitig Grüße und Informationen.

Die Musik kam von einem Philips-Tonbandgerät. Außerdem wurden mit einem sehr einfachen Schallplattengerät Singles abgespielt. Mit dem Pferdehalfter eröffnete Bernhard jeweils seine Sendestunde für seine Hörfreunde. Das waren für mich stets aufregende und abenteuerliche Momente. Ich war dann auch dabei, als die PTT, die niederländische Post, mit ihrem Peilwagen meinem Vetter auf der Spur war, und er mit meiner Hilfe in Windeseile sein gesamtes technisches Equipment zusammenpacken und in einer Wäschetruhe und in Schinkenbeuteln verstauen und verstecken musste. Mein kleines Herz hat mächtig gebubbert, obwohl mir ja eigentlich nichts passieren konnte. Aber da war ich mir seinerzeit nicht so sicher. Soweit ich weiß, hat sich mein Vetter nicht erwischen lassen.

Das Lied der Kilima Hawaiians habe ich natürlich nie vergessen. Bruce Low und auch Ronny kamen damit erst viel später zu Erfolg und Ehren und frischten meine Erinnerungen an den Song und an die Zeit auf dem Schinkenboden wieder auf. Ich fände es angebracht, wenn zum Beispiel Eric Clapton den Pferdehalfter mal so richtig schön bluesig interpretieren würde. Den Text müsste man dann vielleicht wohl „entkitschen“.

Das beigefügte Foto zeigt mich mit meinem Vetter Bernhard 1955 im Garten des Cafés. Ich hatte ein neues Fahrrad bekommen, mit dem ich in den Sommerferien rund 20 Kilometer von Schüttorf nach Losser gefahren bin.

Mit bestem Gruß

Berni

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ABBA – Dancing Queen (August 1976)

ABBA - Dancing QueenIm Sommer des Jahres 1976 war der Dancing Queen einfach nirgends zu entkommen. Abend für Abend saß ich frustriert – weil nach zwei Jahren frisch verlassen, ohne aus der Ferne etwas dagegen unternehmen zu können – unter lauter anderen W15ern* in der Kasernenkneipe beim stark verbilligten Bier in der Nähe der Musikbox. Und alle wollten immer nur Dancing Queen hören. Man wusste nach einer Weile nicht mehr, wovon man besoffen wurde – vom Bier oder von diesem verdammten Ohrwurm. Meine Dancing Queen tanzte jetzt wohl mit einem Anderen … wozu also am Wochenende nach Hause fahren …?

Wenn ich – so wie zufällig gestern am Autoradio – diesen Abba-Titel höre, beschwört das augenblicklich die Erinnerungen an die ungeliebte Bundeswehrzeit wieder herauf. Zum Abba-Fan wäre ich auch ohne diese Erfahrung nie geworden, aber gerade Dancing Queen ist ein gutes Beispiel für perfekt produzierte Pop-Musik, das muss ich zugeben.


* W15er = Wehrpflichtiger für 15 Monate

Die dunkle Seite des Mondes

Pink Floyd - The Dark Side Of The MoonEs beginnt immer mit diesem Herzschlag-Rhythmus. Gut 42 Minuten später endet es dann auch wieder so, dieses Album aller Alben, die ich besitze. Und oft scheint sich beim Anhören mein eigener wirklicher Puls mit diesem Rhythmus zu synchronisieren. Die Rede ist von Pink Floyds großem Wurf Dark Side Of The Moon. Gestern war es auf den Tag genau 40 Jahre her, dass Roger Waters, David Gilmour, Richard Wright und Nick Mason dieses Album veröffentlichten. Für mich hat es seither überhaupt nichts von seiner Faszination verloren.

1973 war ich noch Schüler an einem Gymnasium in einer Kleinstadt im Bergischen Land, aber von der Existenz dieser Platte wusste ich recht schnell und kurze Zeit später drehte sich die Scheibe auf meinem Dual-Plattenspieler. Vorher kannte ich schon Ummagumma, Atom Heart Mother und Meddle. Das waren aber Alben, denen ich mich eher – im Rahmen meiner damaligen Möglichkeiten – „intellektuell“ angenähert hatte – mit so einer Art von „gymnasialem Mittelstufen-Intellektualismus“. Pink Floyd hören als Mittel der Abgrenzung … Damit war es aber mit Dark Side vorbei. Diese Platte war melodisch gesehen die Übertragung des Echoes-Konzepts auf ein ganzes Album. Sie war eine Offenbarung. Und das sowohl musikalisch als auch textlich. Pink Floyd ließen mit diesem Album den psychedelischen Space-Rock-Zauber hinter sich, von dem sie sich bisher – sich immer noch unter dem Einfluss des sich mittlerweile in den drogenbedingten Wahnsinn abgedrifteten Band-Mitgründers und ehemaligen Masterminds Syd Barrett fühlend – nicht hatten befreien können. Jetzt gelang der längst überfällige Befreiungsschlag – nicht zuletzt mit Texten, die etwas mit der Lebenswirklichkeit des Menschen in der modernen Gesellschaft zu tun hatten.

Ich wünschte, ich könnte diese Platte noch mal zum ersten Mal hören: ich erinnere mich, dass ich fassungslos war von der Schönheit dieser Stücke und davon, wie sie ineinander übergingen. Es war – und ist – eine gewaltige Collage aus Musik, Geräuschen und Gesprächsfetzen, wie man sie bis dahin noch nie gehört hatte.

Mitte der 80er trennte ich mich von allen meinen Vinyl-Platten, um mit fliegenden Fahnen ins Lager der CD-Fans überzuwechseln – was für ein großer Fehler! Aber welche CD war meine allererste? Es war „Dark Side Of The Moon“ von Pink Floyd. Diese CD besitze ich noch heute, außerdem auch längst wieder eine Vinyl-Ausgabe des Albums.

Gestern war also Pink-Floyd-Tag bei mir. Ich hörte The Piper At The Gates Of Dawn, Relics, Dark Side Of The Moon, Wish You Were Here und The Wall.

Und was machte mich auf das Jubiläum aufmerksam? Wieder mal das Qualitätsradio wdr5 mit seinem Zeitzeichen.

HRK und die 41052

Heinz Rudolf Kunze (ca. 1988) © by Michael Münch
Heinz Rudolf Kunze (ca. 1988) © by Michael Münch

Im vorhergehenden Beitrag erwähnte ich Heinz Rudolf Kunze, der bis 1989 noch in Osnabrück lebte. Irgendwann bekam ich ihn vor die Linse. Die Zeitung brauchte ein paar aktuelle Fotos. Ich suchte ihn bei sich zuhause auf und wir beratschlagten, wo wir die Aufnahmen machen wollten. Kurzerhand fuhren wir in den Osnabrücker Arbeiter-Stadtteil Schinkel zur Schinkel-Lok, die seit 1979 zwischen Buerscher und Rotenburger Straße auf ein paar kümmerlichen Metern Gleis stehend eingezäunt vor sich hin gammelte.

1989 zog Kunze von Osnabrück nach Hannover. Die Lok musste sich noch bis zum Jahr 2001 gedulden. In dem Jahr übernahmen die Osnabrücker Dampflokfreunde den Technik-Dino und überführten ihn aufs Vereinsgelände Piesberger Zechenbahnhof. Seitdem wird die Lok dort liebevoll restauriert und irgendwann soll sich der Stahlkoloss wieder aus eigener Kraft in Bewegung setzen. Noch ein schönes Stück Arbeit für die Dampflokfreunde!

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