Vor ein paar Wochen erhielt ich die WhatsApp-Nachricht eines Freundes. Er berichtete, er hätte auf dem Dachboden drei Plattenspieler stehen – ob ich mir die mal ansehen wolle? Im Dateianhang fand ich Fotos eines Thorens TD 147 und zweier DUAL CS 621. Klar hatte ich Interesse!
Einige Tage später trafen wir uns und nahmen die Geräte in Augenschein. Dabei ließen wir den Thorens schon bald außen vor. Er machte zwar insgesamt einen guten Eindruck, allerdings war der Treibriemen „auf“ und das System – ein Denon DL 160 – präsentierte sich ohne Nadel. Also an die Seite damit, denn Tommy ging es darum, seine Vinylsammlung wiederzubeleben, ohne allzu viel Geld auszugeben. Eine Ersatznadel für das DL 160 zu finden, wäre sicher schwer gewesen, wahrscheinlich hätten wir stattdessen dem Gerät einen neuen Tonabnehmer spendieren müssen.
Weiter zu den DUAL-Drehern. Beide Geräte sahen aus wie neu, wurden wohl immer sorgfältig behandelt und die Hauben kamen weitgehend ohne die meist üblichen Kratzer aus. Bei einer Schallplatte in diesem Zustand hätte ich gesagt: mint! Aber technisch lag bei beiden Drehern doch einiges im Argen.
Automatik
Im Vorfeld hatte ich mich in Sachen der DUALs etwas belesen, um zu wissen, worauf ich zu achten hätte. Und so wunderte ich mich nicht, dass zwar beide Geräte manuell anliefen, aber die Automatik nicht funktionierte. Das kommt meist so:
Ein Teil der Mechanik, die dafür sorgt, dass sich der Tonarm nach Betätigung des Starthebels von der Ablage zum Plattenanfang bewegt, dort abgesenkt wird, nach Abspielen der Plattenseite abhebt und zum Ausgangspunkt zurückfährt, ist der auch vom Hersteller DUAL so genannte Steuerpimpel.
Der Pimpel ist ein kleines Plastikhütchen, kleiner als ein Streichholzkopf. Er steckt stramm auf einem Stahlstift in der Nähe der Tonarmachse. Leider teilt der Pimpel das Schicksal vieler Gegenstände aus Plastik: mit den Jahren verliert er seine Weichmacher, wird spröde und schließlich zerbröselt er. Wie sich später auf dem Basteltisch herausstellte, ist genau das auch bei den beiden zu untersuchenden 621ern passiert. Ich orderte einen kleinen Vorrat Steuerpimpel, stattete die Dreher damit aus und erlebte sowas wie eine Spontanheilung – irre!
Die Steuerpimpel habe ich bezogen beim ebay-Anbieter murmeldear.
Fundstück
In einem der Dreher fand ich in der Bodenwanne dieses kleine Stück Federstahl. Ein Audiofreund konnte es identifizieren: es gehört zum Schalter für die unendliche Wiederholung einer Plattenseite. Danke Björn, hätte ich auch selbst drauf kommen können, ich Blindfisch!
Netzteil und Netzschalter
Hab schon beinah drauf gewartet und dann passierte es auch: es gab einen leisen Knall, es zischte und roch ein wenig und dann lief einer der beiden Dreher nicht mehr. Ich prüfte die Feinsicherung im Netzteil und richtig: die war durchgebrannt. Da gab’s nur eins: Austausch der als „Knallbonbons“ bekannten Enstörkondensatoren. Einer davon – 10nF – sitzt im Schalterkasten, der andere – 47nF – auf der Netzteilplatine. Es stellte sich heraus: beide waren aufgebläht und ihre Außenhüllen eingerissen. Ich ersetzte sie und zusätzlich den 68nF auf der Netzteilplatine durch intakte WIMAs, ebenso beim Gerät Nr. 2. |
Motorelektronik
Die Bauteile auf den Motorelektronik-Platinen der zwei 621er sind mittlerweile auch schon gut 40 Jahre alt. In einem so langen Zeitraum können sich die Werte vor allem von (Tantal-)Elektrolytkondensatoren geändert haben. Ich ersetzte sie deshalb ohne Ausnahme durch Neuware.
Tonabnehmer
Die Dreher sind bestückt mit den baugleichen Tonabnehmern DMS 240 E bzw. DMS 242 E mit jeweils der Nadel DN 242. Da ich sie selbst nicht prüfen kann, schickte ich sie meinem Freund Meinolf zur Beurteilung. Der reinigte sie, legte sie unters Mikroskop und stellte gute Benotungen aus. Dafür vielen Dank, lieber Meinolf!
Ein Blick in die legendäre „Luckys Liste“ freute mich sehr – die Systeme sind dort aufgeführt und Lucky vergibt die Schulnote „2+“!
Ausblick
Danke an Tommy, dass er mir die beiden Plattendreher anvertraut hat. Eins der aufgearbeiteten Geräte hat er mir am Ende geschenkt – das freut mich besonders! Durch die geschilderten Maßnahmen haben die zwei Dreher durchaus die Chance, weitere 40 Jahre klaglos ihren Dienst zu tun. Meinen Erben lege ich ein paar Steuerpimpel zurück …