Im Laufe der Zeit sammeln sich allerlei seltsame Sachen an im Plattenregal. Zwei dieser Preziosen habe ich heute herausgezogen: einmal die Platte eines estnischen Violinisten namens Lemmo Erendy, zum zweiten ein Album des Singer-Songwriters Jim Croce.
Lemmo Erendy (1939 – 1996) existiert im Netz nur in der estnischen Wikipedia und einigen estnischsprachigen Webseiten. Auf der hier zu besprechenden Vinylscheibe spielt er Kompositionen der drei ebenfalls estnischen Komponisten Mati Kuulberg, Alo Poldmae und Raimo Kangro. Das alles hochprofessionell – alle vier sind studierte Leute, an der Musik gibt’s nichts zu mäkeln.
Wer um alles in der Welt jedoch hat beim doch angesehenen russischen Plattenlabel Melodia den guten Lemmo dermaßen fehlberaten: sich da hinzustellen wie ein Musikbeamter an der Bushaltestelle – in beiger Dutzendklamotte? Oder wie ein Profikiller mit seinem getarnten Arbeitsgerät in einem unfreiwillig komischen Gangstermovie?
Aber damit nicht genug: hier die auf der Rückseite des Covers zu findenden Bilder der drei Komponisten:
Wenig besser als Verbrecherfotos … die drei wirken auf diesen Bildern wie Typen, die einem Kaurismäki-Film entsprungen sein könnten.
Jetzt kommen wir zu Jim Croce (1943-1973). Diesem amerikanischen Singer-Songwriter verdanken wir so herrliche Songs wie Bad, Bad Leroy Brown (1973), I Got A Name (1973), Time in A Bottle (1973) und I’ll Have To Say I Love You In A Song (1974 posthum erschienen). Am 20. September 1973 starb Croce bei einem Flugzeugabsturz. Am 1. Dezember 1973 erschien das Album I Got A Name.
Discogs zählt beim derzeitigen Stand 64 veröffentlichte Versionen dieses Albums. Auf beinah allen Alben prangt ein angemessenes Foto – nur auf einem findet sich die hier gezeigte Entgleisung, dabei handelt es sich ausgerechnet um eine 1976 in Deutschland erschienene Ausgabe.
Wer war denn da von allen guten Geistern verlassen, uns den armen Jim Croce so zu präsentieren? Am Tisch hängend wie ein Schluck Wasser in der Kurve, vor piefigen Topfblumen, im bunten Hemdchen mit Fluppe und Bier in der Hand, Burger mit Pommes in Griffweite … ?
Aufgrund des schrecklichen Fotos erwartet man auf der Platte so’n Zeug wie Kreuzberger Nächte sind lang, aber doch nicht das feinsinnige Material, das Croce hier tatsächlich vorlegt. Wir wenden uns kopfschüttelnd ab …