- Der Anfang – PCL86SE (2006)
- Gegentaktendstufe mit EL84 (2008)
- Triodenendstufe 1626SE „Darling“ (2008)
- Erste Phono-Vorstufe mit EF86 / ECC81 nach Tobias Hermann (Mitte 2008)
- Zweite Phonovorstufe mit ECC83 (Frühjahr 2009)
- Endstufe EL95SE (Herbst 2009)
- GRUNDIG NF-10 Clone – ELL80PP (Dezember 2009)
- Endstufe ECL805SE nach Frank Kneifel (2010)
- Phono- und Line-Vorverstärker (Mitte 2011)
- Endverstärker EL84SE – quick and dirty (Ende 2012)
- Ein Resümee …
Der Anfang – PCL86SE (2006)
Mein erster Röhrenverstärker entstand um 2006 herum. Es war ein improvisierter Aufbau mit dem Gehäuse eines PC-Brenners als Chassis. Die Röhrenbestückung: eine EZ81 als Gleichrichterröhre und je Kanal eine Verbundröhre PCL86. Die baugleichen Ausgangstrafos hatte ich aus Schrottchassis von Röhrenradios ausgebaut, ebenso den Netztrafo. Meine Lautsprecherboxen damals: ein Paar 390 MCS von QUART. Es klang auf Anhieb richtig gut, ungewohnt warm und „reich“. Das empfand wohl auch unsere damalige Hündin Monroe so, wie man hier nachlesen kann.
Und so sah der Vogel aus:
Gegentaktendstufe mit EL84 (2008)
Anfang 2008 sollte es dann „was mit ordentlich Leistung“ sein. Ich entschied mich für ein Konzept, das ich in Jogis Röhrenbude fand: 2×15 Watt HiFi-Röhren-Verstärker mit 4x EL84. Den Schaltplan kann man sich dort ansehen. Hier zwei Fotos meines Aufbaus:
EL84PP, Aufsicht
EL84PP, Unteransicht
Die sehr guten Trafos kamen von WELTER, die Röhren von JJ, das Edelstahlchassis hat mir ein Nachbar „auf der Arbeit“ gelasert. Die Holzzarge machte mir mein Schwiegervater aus abgelagertem Kirschbaumholz vom eigenen Baum, an dem die Schaukel meiner Liebsten hing, als sie ein Kind war. Später aber musste der Baum gefällt werden.
Dieser Vollverstärker machte ordentlich wumms an meinen Quart-Boxen! Es war mein erstes und gleichzeitig letztes Gerät mit Klangreglern. Sehr bald stellte sich heraus, dass diese vollkommen unnötig waren – im Gegenteil: ein Eingriff in die Übertragungscharackteristik von richtig berechneten Verstärkern stellt niemals eine Verbesserung, sondern immer eine Verfälschung dar. Später baute ich die Klangregelstufe sogar wieder aus.
Obwohl es recht gut funktionierte, setzte ich das Gerät nicht sehr lange ein. Schon bald sollte ich wirkungsgradstarke Lautsprecher vom Schlage SABA-Cello für mich entdecken – die brauchen solch große Leistungen nicht, wie sie meine EL84PP aufzubringen imstande war. Davon später mehr!
Triodenendstufe 1626SE „Darling“ (2008)
Später im Jahr 2008 entdeckte ich im Netz die mittlerweile eingestellte Website von Johannes LeBong. Er beschrieb dort einige Eigenbaugeräte, die mich interessierten, nicht zuletzt sprach mich deren Design doch sehr an.
Als erstes ließ ich mich von seiner Beschreibung einer Endstufe mit der amerikanischen Sendetriode 1626 zum Nachtun inspirieren. Entsprechende Schaltungen und Aufbauten kursieren im Internet unter dem Begriff „Darling“. Von meiner Version, die von der Ausführung stark an LeBongs Design angelehnt ist, gibt es nur noch ein einziges Foto, das das Gerätchen im Einsatz an meinem PC als Nachbrenner für die Soundkarte zeigt:
1626SE am PC
Der Verstärker überraschte trotz der einfachen Ausgangsübertrager aus SABA-Röhrenradios durch eine sehr ausgewogene Wiedergabe mit hoher Feinzeichnung. Das besonders an den SABA-Celli, die bald darauf Einzug in die Hörkette hielten.
Edit 07. März 2019: es gibt einen neuen Darling! Siehe Darling wird erwachsen.
Erste Phono-Vorstufe mit EF86 / ECC81 nach Tobias Hermann (Mitte 2008)
Mittlerweile wurde auch ein Plattendreher, ein Thorens TD147, angeschafft und revidiert. Ein Phonovorverstärker musste her. Was der zu tun hat, ist hier nachzulesen. Ich fand einen Bauvorschlag von Tobias Hermann. Es existieren noch diese vier Fotos:
edit. Dez. 2018: Dieser Aufbau konnte klanglich in keiner Weise zufriedenstellen. Mittlerweile habe ich das Gerät aber in sehr verfeinerter Form neu aufgebaut – siehe Phonovorstufe mit EF86 – und bin vom Ergebnis begeistert. Meine Lieblings-RIAA seit mehr als einem Jahr!
Zweite Phonovorstufe mit ECC83 (Frühjahr 2009)
Nach Unzufriedenheit mit der ersten Phonovorstufe – Schallplatten klangen irgendwie „müde“ und farblos, was aber auch an Aufbaufehlern meinerseits gelegen haben kann – wurde diese Schaltung aufgebaut, die wesentlich bessere Ergebnisse lieferte. So sah das Gerät aus:
Die Anregung dazu fand ich auf den Seiten von Johannes Lebong. Er stellte dort ein altbekanntes Konzept der Firma Shure vor. Das Ergebnis gefiel so gut, dass das Gerät später Teil meines Phono- und Line-Verstärkers wurde.
Endstufe EL95SE (Herbst 2009)
Etwa ein Jahr nach meinem „Darling“ enstand eine weitere Endstufe, deren Bau durch Johannes LeBong angeregt wurde. Das Gerät ist das älteste, das heute noch existiert. Es tut seinen Dienst im Schlafzimmer.
Hier ein paar Fotos:
EL95SE, Vorderansicht
EL95SE, Aufsicht
EL95SE bei abgenommener Bodenplatte
GRUNDIG NF-10 Clone – ELL80PP (Dezember 2009)
Im Herbst 2009 stieß ich im WWW auf die leider nicht mehr existierende Homepage von Erhard Schemainda, der sich sehr intensiv mit dem Grundig-Verstärkerbaustein NF-10 und dessen Nachbau beschäftigt hat. Ich war sofort Feuer und Flamme, da ich die wesentlichen Bauteile – Netztrafo und Ausgangsübertrager sowie ein Pärchen der Endröhren – in der sprichwörtlichen Bastelkiste hatte.
Beim Grundig NF10 handelt es sich um einen im Original recht unscheinbaren Stereo-Verstärker-Baustein, der in den 60er Jahren in höherwertige Musiktruhen eingebaut wurde. Bestückt mit 2 x ECC83 und 2 x ELL80 – heute gesuchte und nicht gerade billige Röhren – wurden dessen Daten von Grundig so angegeben:
- Ausgangsleistung 2 x 8,5 Watt
- Frequenzumfang 30…20.000 Hz
- Eingangsspannung 1V für Vollaussteuerung
- Ausgangsimpedanz 5 Ohm
Der legendäre Ruf des NF10 verbunden mit der hervorragenden Aufbereitung des Themas durch Erhard Schemainda machten mir die Entscheidung für dieses Projekt leicht, wenn auch die Frequenzumfangs-Angaben des Herstellers ohne Messungen zum Pegelabfall an den Bereichsenden nicht viel aussagen. Die sehr viel greifbareren Messergebnisse Schemaindas an seinem eigenen Nachbau ließen aber nur Gutes erwarten.
So sieht das gute Stück bei mir aus – hier noch ohne die kleinen “Henkel”. Das Chassis ist von Hammond, die beiden Ausgangsübertrager hatte ich passend in der Bastelkiste. Sie stammen tatsächlich aus einem Grundig-Röhrenradio mit der Bestückung ELL80 – also sind sie für den Job ideal geeignet.
Das Gerät von hinten …
…und letztlich auch von innen. Selbst die Platinen-Layouts fanden sich auf Schemaindas Website, so dass mein Aufwand wirklich minimal war.
Zu Weihnachten 2009 schickte ich Erhard Schemainda eine Email mit dem Betreff “Herr Schemainda, ich habe Ihren Clon geclont!” Daraus entspann sich ein sehr freundlicher Mail-Wechsel.
Endstufe ECL805SE nach Frank Kneifel (2010)
Diese Endstufe, die recht lange für die Musik im Wohnzimmer sorgte, ist ein Eigenbau nach einer Beschreibung von Frank Kneifel, veröffentlicht auf dem Portal Jogis Röhrenbude, dem deutschsprachigen Treffpunkt für Freunde von Radio- und Audiotechnik und -selbstbau mit Röhren schlechthin.
Mich reizte dieses Projekt deshalb so sehr, weil Frank Kneifel detailliert und lehrreich schon seine Überlegungen in der Entwurfsphase dieses Geräts schildert. So bekommt man ein gutes Gefühl dafür, was man sich da baut, wenn man seinen Ausführungen folgt. Zum Konzept: je Kanal arbeiten die Pentodensysteme zweier Verbundröhren ECL805 parallel und in Triodenschaltung betrieben auf den Ausgangsübertrager. Die Triodensysteme der beiden ECL805 bilden die jeweilige Vorstufe. Der Verstärker verfügt über einen Gegenkopplungszweig vom Lautsprecherausgang auf die Kathode der ersten Vorstufentriode.
Frank Kneifel schrieb mir in einer eMail, es sei sein Ehrgeiz, Geräte mit preiswerten Bauteilen zu entwerfen und zu bauen. Deshalb hat er diesen Verstärker auf die Verwendung sehr günstig erhältlicher Ausgangsübertrager (Typ: ATRA0288) hin konzipiert. Tatsächlich sind die Übertrager oftmals die kostspieligsten Komponenten beim Verstärker-Selbstbau – hier aber halten sich die Kosten in Grenzen.
So sieht mein Nachbau von vorn aus:
Es fällt auf, dass der Verstärker über keinerlei Klangregelung verfügt. Ein/Aus-Schalter und Lautstärkeregler – mehr will ich nicht haben.
Die Anordnung der drei Übertrager auf dem Hammond-Chassis kommt nicht von ungefähr: Der Netztransformator in der Mitte ist von einem mit der 50Hz-Frequenz der Netzspannung wechselnden Magnetfeld umgeben, das bei ungünstiger Stellung des Trafos zu den beiden Ausgangsübertragern in diesen eine Wechselspannung induziert. Dann brummts aus den Lautsprechern. Wenn man’s vorher ausprobiert, kann man das verhindern.
Hier ein Blick ins Innere meines Geräts. Anders als Frank Kneifel stabilisiere ich die Anodenspannung meines Verstärkers mit einer Halbleiterschaltung, die auf der Platine in der Mitte untergebracht ist. Die Röhren heize ich im Unterschied zu seinem Entwurf mit Wechselspannung. Ich konnte keine Nachteile feststellen.
Ich kann’s selbst nicht messen, aber laut Konzept kommen aus diesem Gerät 2 x 5 Watt an Leistung heraus. Ich habe sehr wirkungsgradstarke Lautsprecherboxen, daher reicht mir diese Leistung vollkommen aus. Was mich begeistert, ist der Klang, den das Teil reproduziert: sehr klare Höhenwiedergabe, ausgeglichene Mitten und respektable Tiefen.
Phono- und Line-Vorverstärker (Mitte 2011)
Eine Verstärkeranlage hat unterschiedliche Tonquellen zu verarbeiten. CD-Player, Tapedeck und Tuner könnte man direkt an den Endverstärker anschließen, zumal diese Quellen vergleichbare, recht hohe Ausgangspegel haben. Anders sieht es bei einem magnetischen Tonabnehmer aus.
Über die Notwendigkeit einer Phono-Vorstufe
Beim Abspielen einer Schallplatte folgt die flexibel aufgehängte Nadel des Tonabnehmers einer durchgehenden Rille, deren Flanken die Tonsignale der beiden Kanäle der Stereo-Aufnahme mechanisch aufgeprägt sind. An der Nadel ist ein Magnet angebracht, dessen Bewegungen in einer Spule eine von den Auslenkungen der Rille abhängige Spannung erzeugen, die vom Phono-Vorverstärker verstärkt und dem Endverstärker zugeführt wird.
Bei der Sache gibt es ein kleines Problem: hohe und tiefe Töne tauchen in Musikstücken gleichzeitig auf. Nun müssen aber tiefe Töne, um sich beim Abspielen bemerkbar zu machen, sehr viel tiefer in die Rille eingeschnitten werden, als die hohen Töne. Die notwendigen großen Nadelauslenkungen für die Wiedergabe der Tiefen machen aber eine gleichzeitige Wiedergabe der Höhen so gut wie unmöglich. Diese Schwierigkeit löst man dadurch, dass man auf der Platte die Tiefen im Vergleich zu den Höhen absenkt. Bei der Wiedergabe müssen diese wieder angehoben werden, um die Maßnahme auszugleichen. Das ist die Aufgabe des Phono-Vorverstärkers. Die Wiedergabe muss “entzerrt” werden, deshalb spricht man auch von einem Entzerr-Vorverstärker. Das Maß der Tiefen-Absenkung und späteren Wiederanhebung ist genormt. Die RIAA (Record Industry Association of America) hat diesen Standard in den 50er Jahren festgelegt. Daher werden die Phonovorstufen oder Entzerrvorverstärker zuweilen auch RIAA-Vorstufen genannt.
Zu meinem Eigenbau-Gerät
Eine ganze Weile steckte ich die verschiedenen Tonquellen am Eingang meiner Endverstärker einfach um. Die Phonovorstufe war ein einzeln stehendes Gerät mit externem Netzteil, deshalb gab es viel Drahtverhau. Spätestens, als ich beim Kabel-Umstöpseln über einen laufenden Endverstärker griff und mit dem nackten Unterarm eine voll beheizte Röhre berührte (das “branding” war noch monatelang zu sehen), schwor ich mir, Abhilfe zu schaffen.
Zum Konzept:
Anodenspannungsversorgung: Röhrengleichrichtung mit EZ81, zwei LC-Glieder zur Siebung. Heizung: stabilisierte Gleichspannung. Phonostufen: je Kanal eine Doppeltriode ECC83, Entzerrung über frequenzabhängige Gegenkopplung. Linestufe: je eine Hälfte einer Doppeltriode E88CC.
Ein Phonoeingang und drei Line-Eingänge umschaltbar. Alle Tonquellen bleiben dauernd angeschlossen. Hier ein Blick auf die Rückseite:
Schließlich eine Innenansicht:
Dieses Gerät arbeitet zu meiner vollsten Zufriedenheit. Die erprobte Phonovorstufe entspricht dem vorher benutzten Einzelgerät. Der zusätzliche Nutzen des neuen Geräts liegt darin, dass ich nun zwischen verschiedenen Tonquellen umschalten kann, ohne umstöpseln zu müssen.
Endverstärker EL84SE – quick and dirty (Ende 2012)
Im Spätherbst 2011 wurde ich Zeuge eines interessanten, wenn auch ungebetenen Schauspiels: eine der beiden ELL80-Röhren meines NF10-Nachbaus fackelte regelrecht innerlich ab. Es begann mit einem Knistern auf einem der beiden Stereokanäle, dann sah ichs zunächst aus dem Augenwinkel, schaute jetzt genauer hin und wurde Zeuge von blitzenden Entladungen im Innern der Röhre, die sich dabei so erhitzte, dass schließlich die obere Glasspitze abbrach. Eindrucksvoll, aber teuer: eine dieser heute nicht mehr produzierten Röhren wird bei ebay für gut und gerne 30 bis 40 € gehandelt. Ich sah ein: diese Röhren sind einfach zu schade, tagtäglich als Verstärker an der Soundkarte des Rechners eingesetzt zu werden. Etwas anderes musste her.
Wichtigstes Kriterium für meinen neuen Rechner-Amp: er sollte mit heute noch aus frischer Produktion erhältlichen Endröhren arbeiten. Schnell legte ich mich auf die gute alte und ewig junge EL84 fest. Außerdem hatte ich den Ehrgeiz, das Gerät weitgehend aus vorhandenen Altteilen aus der Bastelkiste zu bauen. Wenige Teile musste ich zukaufen, lediglich den Lautstärkeregler – ein Stereopoti von ALPS – sowie das 20 x 15 x 5 cm große Stahlblechchassis von Hammond. Alles andere war vorhanden: der Netztrafo stammt aus einem alten Röhrenradio von Grundig, die Ausgangstrafos sind aus SABA-Produktion, die Vorstufenröhre ECC83 und die beiden EL84 kommen aus Russland von der Firma Sovtec.
Schaltpläne für einfache EL84 Eintakt-Endstufen sind Legion – daher verzichtete ich darauf, einen weiteren Plan zu zeichnen. Meine Schaltung ist ein Mix aus mehreren aus Büchern gezogenen Vorlagen – ich habe halt verbaut, was gerade so da war. Ein wenig mehr Sorgfalt habe ich verwendet auf die Einstellung der Gegenkopplung. Die habe ich nach Gehör an die vorhandenen Lautsprecherboxen angepasst.
Das Ergebnis macht mich sehr zufrieden, zumal der Aufwand doch gering war. Das Gerät produziert an den alten Quart-Boxen in meinem Büro ein recht ausgewogenes Klangbild. Wenn man ganz nah mit dem Ohr an die Lautsprecher geht, hört man es im Hintergrund leise brummen. Obwohl mich das nicht stört, werde ich demnächst die schon sehr alten Becherelkos, die ich durch stundenlanges Formieren wieder halbwegs fit bekommen habe, gegen neue Exemplare austauschen. Aber das hat keine Eile.
Ich habe zwei musikbegeisterte Söhne, die sich jeder einen Röhrenverstärker von mir wünschen. Das hier beschriebene Gerät könnte somit zum Prototyp für eine kleine Serie werden, mal sehn.
Ein Resümee …
Mit den bis dahin erbastelten Gerätschaften lebte ich ganz glücklich bis etwa Ende 2012. Dann erfolgte eine Umorientierung, die zu einer völlig neuen Anlage führte. Dazu später mehr.
Von den hier gezeigten Geräten existieren noch die EL95SE-Endstufe, der Grundig NF-10 Clone, die ECL805SE-Endstufe und der Phono- und Line-Vorverstärker. Alle anderen Geräte wurden wieder zerlegt …