Anfang Juni diesen Jahres schrieb er mir in einer Email:
Ich mache immer noch Amateurfunk, fast nur noch CW und DX. Trotz meiner 88 Jahre geht Tempo 120 noch fb, CW hält den Kopf flexibel, hi …
Am 4.Juli starb 88jährig mein Onkel Wilhelm Josef Münch – „Wim“ – so nannten ihn seine Funkamateur-Freunde. Nach dem Krieg gehörte er zu den ersten Funkbegeisterten, die zunächst „im rechtsfreien Raum“, ab März 1949 nach Verabschiedung des Amateurfunkgesetzes durch den Wirtschaftsrat der Bizone legal mit selbstgebauten Geräten in den Äther gingen. „Delta Lima Three X-ray Hotel – DL3XH“ – dieses Rufzeichen hat seit Jahrzehnten einen guten Klang unter Funkamateuren rund um den Erdball. Nun bleibt Wims Morsetaste für immer stumm – „silent key“ nennen das die Funker.
Wim war immer mein leuchtendes Vorbild. Solange ich denken kann, zog es mich in seine Funkbude. Die Atmosphäre, die entsteht, wenn sich aus dem Empfängerrauschen zunächst kaum verständliche Wortfetzen lösen, fasziniert mich noch heute, nachdem ich selbst die Funkerei längst aufgegeben habe. Der Wunsch, mit einem von Grund auf selbstgebauten Gerät mit Menschen auf der ganzen Welt kommunizieren zu können, spornte mich vor vielen Jahren an, Wim nachzueifern und mir das nötige Wissen dazu anzueignen.
Mein Onkel war ein begnadeter Bastler, ein großartiger Konstrukteur und dabei ein verschmitzter Improvisator. Es gab kaum etwas, was er nicht seinem Hobby dienstbar machen konnte. Er sammelte jedes Stückchen Blech – ob es Kellerfenstergitter waren oder Kakaodosen aus Weißblech -, aus Tubenverschlüssen wurden Drehknöpfe. Seine selbstgekanteten Blechpatchwork-Gehäuse bekamen dadurch einen ganz eigenen, unverwechselbaren look. Grauer Hammerschlag-Lack als Finish – das war Wims Markenzeichen. Für ihn stand dabei immer die tadellose Funktion seiner Geräte im Vordergrund.
Demnächst wird Wims Funkbude aufgelöst, die Gerätschaften werden weggegeben, Erinnerungsstücke gesichert. Für mich ein Grund, noch mal hinzufahren und ein paar Fotos zu machen, solange noch alles so ist, wie Wim es verlassen hat.
Gestern war ich dort. Wie immer sah ich noch nicht das Haus, da konnte ich schon den Antennenmasten ausmachen, der demnächst abgebaut wird.
Mein Cousin, der sich um den Nachlass kümmert, empfing mich. Nach Kaffee und Kuchen mit der Tante ging’s zur Funkbude. Alles ist so vertraut seit vielen Jahren, aber durch Wims Abwesenheit doch wieder ganz anders.
Ich schaltete die Funkgeräte ein. Sie zeigten die zuletzt benutzten Frequenzen an.
Den Sprechfunk hatte Wim schon längst aufgegeben. Allerdings war er bis zuletzt ein flotter Telegrafist. Seine automatischen Morsetasten baute er selbst.
Einige Impressionen:
Bei meinem Besuch wurden viele Erinnerungen wach an einen besonderen Menschen, den ich sehr geschätzt habe.
Cheerio, lieber Wim!