Hörtagebuch

heavy rotation Vol. 14: Renaud Garcia-Fons

Ende letzten Monats erhielt ich den sehr netten Besuch eines Musikfreundes aus Rheinland-Pfalz. Eingefädelt hatte diese neue Bekanntschaft ein weiterer Musik-Afficionado, dem ich diverse klangverbessernde Modifikationen an meinen SABA-Celli (s.u.) zu verdanken habe. Das Ansinnen meines Besuchers war, sich die SABAs mal im Zusammenspiel mit einem Röhrenverstärker niedriger Leistung anzuhören – also auf der Art von Musikanlage, die ich mir in den letzten Jahren aufgebaut habe. Zum Anlagen-Test brachte er einige ihm wohlbekannte Musikalben mit.

Renaud Garcia-Fons - MediterranéesEine seiner CDs beeindruckte mich ganz besonders: Das Album „Méditerranées“ des französischen Kontrabassisten Renaud García-Fons. Dieser im Jazz und in der Weltmusik angesiedelte Künstler ist ein begnadeter Virtuose auf seinem Instrument – umso unfassbarer, dass ich ihn erst jetzt entdeckt habe. Aber besser spät als gar nicht!

Nun ist es so, dass die Art von Klängen, wie sie von voluminösen Streich- und Zupfinstrumenten erzeugt werden, das ideale Futter für Röhrenverstärker sind – aber insbesondere auch für die SABA Celli. Zur Erklärung: das sind nach unten offene Lautsprecherboxen, die im Betrieb wie ein Instrument mitschwingen. Befeuert werden sie von Breitbandlautsprechern, die die Firma SABA vor rund 60 Jahren für ihre Röhrenradios hergestellt hat. Diese Wandler haben einen extrem hohen Wirkungsgrad und erfordern daher nur geringe Endstufenleistungen. Beispiel: mein Verstärker-Eigenbau verfügt über eine Leistung von lediglich 2x 600 Milliwatt (sic!) – wenn ich den aufdrehe, hört der halbe Straßenzug mit.

Ach, was ist das schön, wenn García-Fons mit seinem Instrument die SABAs zum Schwingen, Perlen, Puckern, Grollen, Singen bringt! Mir wird tatsächlich mediterran zumute und ich wünsche mich weg von hier in den warmen Süden!

Da ich schon mal dabei war, CDs zu bestellen, legte ich diese noch zusätzlich in den Warenkorb:

Renaud Garcia-Fons - The Marcevol ConcertAuf solo – The Marcevol Concert musiziert García-Fons oftmals mittels einer Loop-Maschine mehrstimmig mit sich selbst: beispielsweise spielt er zunächst eine auf dem Kontrabass geschlagene Perkussionsspur ein, die als Loop (=Schleife) wiedergegeben wird, dann fügt er eine gezupfte Basslinie hinzu. So stellen zwei Loops die „Rhythmus-Sektion“ dar, über die García-Fons dann eine mit dem Boden gestrichene Melodie legt. Das liest sich hier sehr kompliziert und technisch, im Konzert aber entwickelt sich die vielstimmige Mischung dieser auf einem einzigen Instrument erzeugten Klänge sehr organisch und natürlich.

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Das YouTube-Video mit Auszügen aus dem Konzert lässt leider kaum erahnen, wie fantastisch der Original-Tonträger auf einer guten Anlage klingt – einfach umwerfend! Die Anschaffung dieser CD samt der zugehörigen DVD kann also besten Gewissens empfohlen werden.


Kurz zurück zu unserem Hörtest: mein Gast war sehr angetan von der Anlage mit den SABAs und ihrer Art der Musikwiedergabe. Ich denke, das bestärkt ihn in dem, was ohnehin sein Plan ist: eine Anlage nach diesen Prinzipien zu bauen: Röhrenverstärker kleiner Leistung kombiniert mit hochempfindlichen Lautsprechern in Boxen nach dem Prinzip der SABA-Celli. Viel Erfolg dabei!

heavy rotation Vol. 13: James Last – Ein festliches Konzert zur Weihnachtszeit (LP 1979)

James Last - Ein festliches Konzert zur Weihnachtszeit (LP 1979)Ja, ich geb’s zu: ich höre auch Weihnachtsmusik – und ja: ich habe einige wenige Platten von James Last! Der deutsche Bandleader Last ist ein bedeutender Vertreter des Easy Listening. Wikipedia berichtet, Last sei von 1965 an zwei Jahrzehnte lang dermaßen erfolgreich gewesen, dass er zeitweise für 30% der Plattenumsätze seiner Firma Polydor gesorgt habe. Ich kann das insofern bestätigen, als man meiner Erfahrung nach bei Gebrauchtplattenanbietern erst mal zentnerweise James Last-Platten beiseite räumen muss, ehe man an die interessanteren Sachen rankommt – aber diese freche Bemerkung nur am Rande, denn ich will ja von einer Last’schen Scheibe berichten, die mir richtig gut gefällt!

Last wagte sich für seine 1979er-Weihnachtsplatte frohgemut an bedeutende Werke alter und ältester Meister: Werke von Mozart, Vivaldi, Bach, Manfredini, Bruch, Händel, Corelli und Schütz geben sich hier ein Stelldichein.

Jetzt wird der Last-Verächter denken „… da hat der gute Hansi sicherlich aus der schönen alten Musik so ein Non Stop Dancing-Gedudel gemacht, das kennt man ja!“ – aber weit gefehlt: mit der ihm wohl eigenen Flockigkeit zwar, aber doch nicht respektlos befasst sich der Meister hier mit dem durchweg ohrwurmigen Material. Sicher: in gewisser Weise eignet sich Last die doch sehr unterschiedlich gefärbten Kompositionen an, indem er seine eigene musikalische Lasur drüberpinselt – durch die scheint allerdings jederzeit das Original durch. Last macht gewiss nicht den Fehler, noch musikalischen Zuckerguss drüber zu gießen und das macht diese deshalb völlig unkitschige Platte so gut hörbar. Macht Spaß und Weihnachtsstimmung!

When The Music’s Over –
Ray Manzarek – †20.05.2013

Ray Manzarek (1939-2013) © by TriviaKing at English Wikipedia

Ray Manzarek (1939-2013), Foto © by TriviaKing at English Wikipedia


Heute höre ich stundenlang ausschließlich Alben der Doors und Ray Manzareks. Organist Manzarek, der 1965 zusammen mit Jim Morrison die Doors gründete, starb gestern 74jährig in einer Klinik im deutschen Rosenheim an einem Gallengang-Karzinom.

Manzarek prägte mit seinem Orgelspiel die Musik der Doors sicher ebenso entscheidend wie deren charismatischer Sänger Morrison. Charakteristisch für den Bandsound war das Fehlen eines Bassisten. Diese Aufgabe übernahm Manzarek an seinen Keyboards mit: in Bachscher Manier mit der linken Hand, während er mit seiner Rechten gleichzeitig diese unvergleichlichen magischen Orgelgewitter entfachte.

Nach Morrisons Tod im Jahre 1971 und dem Ende der Doors versuchte sich Manzarek als Solokünstler, allerdings mit vergleichsweise geringem Erfolg. Dennoch schätze ich seine Alben The Golden Scarab (1974) und Carmina Burana (1983, mitproduziert von Philip Glass) sehr und habe sie auch heute gehört.

Mit einer gewissen Berechtigung trat Manzarek zusammen mit dem Doors-Gitarristen Robby Krieger als musikalischer Nachlassverwalter der Band auf. Sie standen als The Doors Of The 21st Century und später – nach einem Rechtsstreit mit der Familie Morrisons und dem Doors-Schlagzeuger John Densmore – als Riders On The Storm und schließlich als Ray Manzarek and Robby Krieger of the Doors auf der Bühne.

Nach Manzareks Tod sind die Türen nun wohl endgültig zugefallen.

Richie Havens – †23.04.2013

Gestern starb 72jährig der amerikanische Folksänger Richie Havens. Er wurde schlagartig bekannt durch seinen Eröffnungs-Auftritt beim Woodstock-Festival im Jahr 1969. Beim Improvisieren über das Spiritual „Sometimes I Feel Like A Motherless Child“ entstand der Song „Freedom“, der wohl vielen noch im Ohr klingt, wenn die Rede auf das legendäre Festival kommt. Überhaupt erkennt man Havens an seiner Musik sofort – zu charakteristisch der Zusammenklang von heiser-rauer Stimme und perkussiv gespielter akustischer Gitarre.

Havens ist bekannt für hervorragende Coverversionen. So gehen – um nur wenige Beispiele zu nennen – seine Interpretationen von Beatles-Klassikern wie „Eleanor Rigby“ oder „Here Comes The Sun“ in ihrer Eindringlichkeit weit über die Originale hinaus.

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Schon im März verließ uns mit Alvin Lee (†06.03.2013) ein weiterer Woodstock-Veteran. Lee war der charismatische Leadgitarrist und Sänger der Band Ten Years After.

Vom Sammeln und wieder Weggeben

Manchmal ist die blogrelevante Erlebnisdichte nicht sehr hoch – solche Phasen gehen oft mit einem erhöhten Arbeitsaufkommen in Sachen Broterwerb einher … Soll mir recht sein!

Gestern aber hatte ich ein wenig Zeit und es trieb mich mal wieder zum Haushaltsauflöser meines Vertrauens – besser gesagt: in dessen Schallplattenecke, die von Herrn B. so liebevoll gepflegt wird. Auch diesmal fuhr ich nicht ohne ein paar Neuerwerbungen in Vinyl wieder nach Hause. Meine Absicht war es jedoch, eine größere Anzahl von Schallplatten loszuwerden.

PlattenregalAufmerksamen Lesern wird es nicht entgangen sein, dass ich zwar auch klassische Musik höre, diese aber keinen Schwerpunkt meiner sammlerischen Bemühungen darstellt. Ich freue mich jedoch, sehr viele bedeutende Werke aus dem Bereich der klassischen Musik in meinen Regalen stehen zu haben.

Nun ist es allerdings so, dass man bei der Übernahme musikalischer Nachlässe in Form von Schallplatten keine Rosinenpickerei betreiben kann. Im Normalfall wollen die Erben „den alten Kram“ auf einen Schlag loswerden. Auf dem Flohmarkt ist es mir schon passiert, dass mir Angebote gemacht werden wie „… nur 20 Euro, wenn Du die ganze Kiste nimmst!“ – so kommt man zu jeder Menge von dem, was ein Angler „unerwünschten Beifang“ nennen würde. Das Ergebnis: man hat gerade auf dem Gebiet der klassischen Musik bald alles doppelt und dreifach in der Sammlung. Das treibt manchmal seltsame Blüten: Mozarts „Kleine Nachtmusik“ und Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ habe ich jeweils acht mal im Regal stehen. Ich bin allerdings kein vergleichender Hörer, was soll ich also mit dem vielen Zeug?

Ich sammle Platten ja nicht um ihres bloßen Besitzes willen, sondern fürs Hörvergnügen. Die Musik soll auch mal auf den Plattenteller! Vor etwa zwei Wochen, als ich mal wieder mühsam Platz für weitere Platten schaffen musste, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: wenn was Neues dazu kommt, muss was Altes weg! Ich holte also ein paar Kartons vom Dachboden und nach ein paar Stunden hatte ich um die 250 Platten aussortiert – hauptsächlich klassische Musik. Gestern schließlich hievte ich die Kartons in mein Auto und lieferte sie im sozialen Kaufhaus bei Herrn B. ab. Er wird die Platten sichten, ein wenig mit Mikrofaser-Tüchern abwischen, der einen oder anderen eine neue Innenhülle verpassen und sie dann in seine Regale einsortieren. Und wenn alles gut geht, werden die Platten für einen Euro das Stück einen neuen Besitzer finden …

Die Erfahrung, dass das Weggeben mir überflüssig gewordener Gegenstände ungeheuer viel Freude machen kann, ist mir nicht neu. Mir fehlt allerdings die Lust, 250 Schallplatten Stück für Stück bei e..y anzubieten oder mich auf den Flohmarkt zu stellen. Nein – so ein soziales Kaufhaus ist schon ein ganz hervorragender Umschlagplatz. Was dem Einen überflüssig erscheint, wird vom Anderen höchst begehrt. Dieser Ort bringt uns beide – und ich bin mal dieser und mal jener – aufs Feinste zusammen!

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