Reparatur meines Oszilloskops

Manchmal denke ich, es gibt noch viel mehr Hirnverbrannte unter unserer Sonne, als wir jemals anzunehmen wagten:

Neulich oszilloskopierte ich mit meinem sicher schon vor 20 Jahren gebraucht gekauften PHILIPS PM 3212 fröhlich vor mich hin, bis es einen lauten Knall tat, der unzweifelhaft aus dem Scope kam. Ich tastete nach der Taschenlampe und lief zum Zählerkasten. Alle Sicherungen raus. Und ich dachte gleich „Nanu!“, denn normalerweise besorgt das alles schon die Schmelzsicherung im defekten Gerät. Und irgendwelche sekundärseitigen Defekte im PHILIPS wären sicher nicht bis zum FI-Schalter durchgeschlagen. Leichtfertig steckte ich den Netzstecker des Sichtgeräts wieder in die Leiste, und abermals KNALL!!! und alle Sicherungen raus. Innerlich schlug ich ein Kreuz über dem Gerät und machte mich mit dem Gedanken vertraut, mich nach einem Nachfolger umzusehen.

Vorhin gucke ich so Richtung Basteltisch und sehe unten drunter das Scope stehen. „Wenigstens reingucken kannst Du ja mal“, denke ich so bei mir. Wenn meine innere Stimme nicht ihren Willen kriegt, ist sie immer sehr ungehalten – also ran ans Werk! Halte mein Ohmmeter an den Netzstecker: nullkommanix Ohm. Nehme die Rückwand ab – laut Schaltplan sitzt dort der immer durchlaufende Haupttransformator (übrigens mit dem tollsten SM-Kern, den ich je gesehen habe). Diese Einheit kann man vom restlichen Gerät per Steckkontakt komplett trennen. Ich wiederhole die Messung: immer noch 0,0 Ohm.

der havarierte Kondensator
der havarierte Kondensator

Jetzt schraube ich die Anschlussdose mit dem Netzspannungs-Wahlschalter auf, und sehe sogleich das Malheur: ein dicker 0,33µF-Kondensator, Baujahr 1975, sieht von außen aus wie das havarierte Servicemodul der Apollo 13-Mission – aufgerissen, zerborsten, völlig im Eimer. Blick in den Schaltplan: vom Stecker geht’s über eine Feinsicherung auf den Kondensator, der der Primärwicklung des Trafos parallel geschaltet ist. Doch wo ist die verflixte Sicherung? Ich ziehe das Service-Manual zu Rate und siehe da: Auswechseln der Sicherung durch Austausch des Sicherungsdrahtes gegen einen neuen – per Lötvorgang. Aufbewahrt ist diese Konstruktion in einem Formteil des Trafowickels. Nur: als ich nachsehe, ist da – nix. Dafür aber finde ich die Spuren einer früheren Manipulation. Irgendein lebensmüder Vorbesitzer hatte wohl keinen Sicherungsdraht zur Hand, aber ein Stück normale Leitung und nen Tropfen Lötzinn hatte er wohl übrig. So ein Armleuchter! (Weniger gehemmte Menschen als ich würden an dieser Stelle „Arschloch!“ geschrieben haben!)

So, nach meinem Eingriff hat der Trafo auch wieder eine Sicherung. Es gibt Sicherungshalter mit Kabelanschlüssen, die man frei verlegen kann. Zum Glück ist noch ein bisschen Platz im PHILIPS. Und einen passenden Nachfolger für den C-Böller finde ich in der Bastelkiste. Nun kann ich wieder fröhlich vor mich hin oszillografieren!

das havarierte Service-Modul der Apollo 13
das havarierte Service-Modul der Apollo 13

Der Vollständigkeit halber hier noch ein NASA-Foto (public domain) vom havarierten Service-Modul der Apollo 13-Mission. Die Ähnlichkeit zu meinem geplatzten Kondensator finde ich einigermaßen frappierend 😉

Diesen kleinen augenzwinkernden Vergleich erlaube ich mir allerdings nur, weil – wie viele von uns wissen werden – die Sache mit Apollo 13 gut ausgegangen ist!

Willemsen legt auf (Box-Set 2017)

Willemsen legt auf (9 CD, 1 DVD, 2017)
Willemsen legt auf (9 CD, 1 DVD, 2017)

Vor gut einem Jahr – am 7. Februar 2016 – starb 60-jährig der Publizist und Moderator Roger Willemsen an den Folgen seiner Krebserkrankung. Ich wiederhole mich, wenn ich schreibe, dass Willemsen ein Gebildeter und Intellektueller im ganz posi­ti­ven Sinne war, ein Welterklärer frei von Besserwisserei. Ein druckreif-Redner, stil­si­cher, mit­rei­ßend, ein Erzähler, ein Fanatiker für die gute Sache. Und ein Musikkenner vor dem Herrn!

Willemsen legt auf war eine Radio-Sendereihe von NDR Kultur, betreut von Kulturredakteur Hendrik Haubold. Der erklärt auf der Internetseite des NDR, was es mit dieser Sendung auf sich hatte:

In der Sende- und Veranstaltungsreihe „Willemsen legt auf“ ging es um kluge und spannende Titel-Vergleiche in den Genres Klassik und Jazz. Konkret um solche Fragen: Gibt es zwischen den beiden programmatische Übereinstimmungen oder Korrespondenzen im Sound, gibt es Gattungsüberschneidungen und/oder kompositionstechnische Analogien oder etwa Verwandtschaften im Ausdruck? Nicht zuletzt diese spannende Frage: gab es ein Bluesgefühl schon vor dem Blues in beiden Genres? Eine Frage, die längst überfällig war. Roger war der Autor und Moderator, ich sein Redakteur. Wie man sich denken konnte, war er auch in dieser Disziplin brillant. Gemeinsam produzierten wir 279 Sendefolgen und gingen 26 Mal in Hamburg auf die Bühne und zweimal in Hannover, unterstützt von Anke Engelke, die das – genauso wie Roger – fantastisch machte.

© NDR, Hendrik Haubold

Ich erinnere mich gern an meine Hörerfahrungen mit dieser Sendung. Während jeweils etwa 15 Minuten stellte Willemsen ein klassisches Werk einem Jazztitel gegenüber. Herrlich zu erleben, wie der Musikfreund mit sich vor Begeisterung gelegentlich beinah überschlagender Stimme Unterschiede und Parallelen zwischen den Musiken herausarbeitete. Aus seinem enzyklopädischen Wissen schöpfend reicherte er das an mit Anekdoten und Schnurren über die beteiligten musikalischen Protagonisten – scheute sich auch nicht, seine eigenen Gefühle als Hörer zu schildern. Niemals niedermachend, immer zugewandt! Werbung für die Musik – im allerbesten Sinne!

Mit der Veröffentlichung eines üppig ausgestatteten Box-Sets am 24. Februar 2017 wird das nun wieder erlebbar. Ich kann jedem Musikinteressierten die Anschaffung nur wärmstens ans Herz legen.

Sehr gut geeignet auch als Geschenk. Mein von mir bedachter Freund Meinolf meint:

Und Abends dann Willemsen. Das ist ja das Beste, was seit langem über den CD Player gelaufen ist. Eine einzigartige Entdeckungsreise durch die Musikgeschichte. Doll!!

heavy rotation Vol. 20: Avalanche Quartet – Leonard Cohen Songs (CD 2007)

Nachtrag zu In Memoriam L. C.

Avalanche Quartet - Leonard Cohen Songs (CD 2007)Segschneider stieß im Netz auf ein Video des Avalanche Quartet und dessen Interpretation des Cohen-Titels Dance Me To The End Of Love, berichtete darüber in einem Beitrag im Januar, beklagte aber auch, es sei keine CD des Ensembles aufzutreiben. Gemeinsam haben wir nun das schweizerische Plattenlabel fazerecords ausfindig gemacht, bei dem man die CD Leonard Cohen Songs direkt beziehen kann. Kurz entschlossen geordert, stellt sich dieses Album inzwischen als überaus empfehlenswerter Kauf und Dauergast in der Schublade meines CD-Players heraus!

Der Silberling vereint 14 Werke des Meisters, darunter Bird On A Wire, Famous Blue Raincoat, Dance Me To The End Of Love, Sisters Of Mercy und Lover, Lover. Entkernte Arrangements, eine stimmige akustische Instrumentierung und die hervorragenden gesanglichen Qualitäten der Holländer, allen voran die des Frontmanns Henk Hofstede, verpassen dem Material eine Frischzellenkur. Der Sänger bringt es fertig, den Klassikern diesen Cohen-typischen Hauch von Melancholie zu lassen, ohne den aber zu persiflieren. Er macht seinen Helden nicht nach, aber beim Zuhören hat man das Gefühl, Cohen wäre mit im Raum gewesen und hätte dem Ganzen seinen Segen gegeben. Wunderbar gespielt und erstklassig klingend!

Wer also mit Lust auf Cohen am Plattenregal stehend doch wieder im letzten Moment zu Jennifer Warnes´ Album Famous Blue Raincoat gegriffen hat, dem böte sich hier eine zumindest gleichwertige Alternative …

UHER SG 560 Royal

UHER SG560 Royal
UHER SG560 Royal – ein schönes Gerät!

Email an meinen Freund Meinolf vom 08. Februar 2017:

(…) Aktuell noch etwas anderes: ich habe heute ein Tonbandgerät geschenkt bekommen. Es handelt sich um ein UHER SG560 Royal. Ein Band war drauf, allerdings ziemlich verdreckt, als wenn sich auf dem Wickel irgendwas abgesetzt hätte. Daher hab ich die Kiste nur mal kurz angemacht. Macht schon im Leerlauf einen ziemlichen mechanischen Lärm, transportiert aber, was dann zu einer dumpfen Wiedergabe führt. Der Vor- und Rücklauf funktioniert (ganz schön flott!), allerdings arretiert der zugehörige Hebel nur für kurze Zeit, so dass das Band dann irgendwann wieder stoppt.

Das UHER hat wohl länger gestanden. Gehörte dem vor einiger Zeit verstorbenen Vater eines Bekannten. Ich finde, dass es chick aussieht in seiner schwarzen Optik, kein Schnickschnack dran. Die deutschsprachigen Beschriftungen sind noch tiptop in Ordnung. Fast ein bisschen Dieter-Rams-mäßig alles. Zwei Fragen an Dich: 1. lohnt es, sich mit dem Gerät noch einige Mühe zu geben und Geld reinzustecken und 2. wenn ja, wolltest Du mir das Teil wieder flott machen? Das könnte dann mein Einstieg ins Thema Bandmaschinen werden.

Das Gerät wegschmeißen zu müssen wäre wirklich ein Jammer …

Und hier die umgehende Antwort:

Lieber Michael,

willkommen im Club, Du Glückspilz! Das war DIE MASCHINE meiner Jugendträume. Hab mir die Nase am Schaufenster plattgedrückt …

Gerne nehme ich Sie in meine Obhut, wenn Du mir Zeit lässt. Aber es klingt nach wenigen Defekten und nach gründlicher Überholung …

Ja, ein Glückspilz bin ich wirklich. Schon auch wegen des Gerätes, vor allem aber, weil ich in Meinolf einen Freund habe, der mit enormem zeitlichen Einsatz und großer Freude am Tun mit der Maschine regelrecht „gekämpft“ und aus ihr wieder ein technisches und optisches Schmuckstück gemacht hat. In einem irrte er in seiner Mail: es waren nicht wenige Defekte, auf die er im Verlauf der Revision stieß, sondern ein Sack voll! Wohl kein Wunder bei über 40 Jahre alter Technik …

In einer aktuellen Email zählt Meinolf auf:

Was steht nun „unter dem Strich“:

Mechanik:

Tausch des Motors, des Reibrades, eines Treibrades, der Antriebsrolle, Komplettjustage aller Gestänge um Start/Stop/Aufnahme herum, Reparatur des defekten Schalters Aufnahme, Revison aller mechanischen Teile mit Spezialspray

Elektronik:

Komplettrevision des Netzteils, Tausch aller Kondensatoren und Transistoren im Wiedergabeverstärker, dito im Aufnahmeverstärker, Neuanpassung der Aufnahmeköpfe/Spannungsteiler Auskopplung, Durchmessen mit Signalverstärker und Oszilloskop aller Aufnahme-/Wiedergabewege

Optik:

Komplettreinigung, Polieren der Haube, Aufarbeiten der Oberflächen

(…)

Es steht damit ein Stück deutscher Analoggeschichte in Deiner Anlage – und ein ganz feines Einmotorenlaufwerk!

Meinolf betreibt eine sehr informative Website über vintage audio. Dort findet sich ein ausführlicher, reich bebilderter Werkstattbericht über die Komplettrevision meiner Bandmaschine. Sehr zu empfehlen!

Und, Meinolf: großes Dankeschön an Dich!

UHER SG560 Royal auf der Werkbank
UHER SG560 Royal auf Meinolfs Werkbank

Nit für Kooche, Lück

Samstag, 25. Februar 2017, Ossensamstag, kurz nach 14:00 Uhr: in der benachbarten Großstadt beginnt in diesen Minuten der diesjährige Karnevalsumzug. Für mich Grund genug, um Osnabrück einen großen Bogen zu machen. Fragt mich einer, wie ich zum Karneval stehe, behaupte ich gern, den habe mir mein Arzt verboten, was mir zuweilen mitleidige Blicke einträgt.

Dabei gaben meine karnevalistischen Anfänge (unten, ca. 1960) zu den schönsten Hoffnungen Anlass:

meine karnevalistischen Anfänge, ca. 1961

25 Jahre später – Mitte der 80er Jahre – machte ich als Bildjournalist auch Aufnahmen vom Karneval. Sieht man da etwa schon, dass ich eine etwas zwiespältige Einstellung zum organisierten Spaß habe?

Altweiber-Karneval, ca. 1985
Altweiber-Karneval, ca. 1985
Sitzungs-Karneval, ca. 1985
Sitzungs-Karneval, ca. 1985
die Mädels vom Elferrat, ca. 1985
die Mädels vom Elferrat, ca. 1985

BAP - vun drinne noh drusse (LP 1982)Da stand ich schon lange unter dem „schädlichen“ Einfluss des wunderbaren BAP-Albums von drinne noh drusse, auf dem sich so legendäre Titel wie Kristallnaachh, Do kanns zaubere und eben auch Nit für Kooche, die Karnevals-Verweigerungshymne finden.

Oh, nit für Kooche, Lück,
bliev ich Karneval he.
Nä, ich verpiss mich hück,
ich maach nit met dobei.

Ach, ich muss doch mal wieder ein bisschen BAP hören …

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