Herbstlied

Hans Eckhard Wenzel, Poet und Liedermacher schon in der DDR, war mir vor ein paar Monaten noch völlig unbekannt, als ich im Radio WDR3 ein Konzert mit ihm und seiner Band hörte, aufgenommen in der Kulturkirche in Köln-Nippes. Ich war begeistert und sprach eine Freundin darauf an, die sich in der Liedermacherszene der neuen Bundesländer ganz gut auskennt und sofort Bescheid wusste. Sie versorgte mich mit einigen CDs, so dass ich mich einhören konnte, darunter das Album „Stirb mit mir ein Stück – Liebeslieder“ von 1986. Davon hier Wenzels Herbstlied „Feinslieb, Du lachst dazu“.

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Ein Musikant, ein Sprachkünstler sondergleichen, dem ich stundenlang zuhören kann. Und ein Philosoph ist er auch, wie man hier erfährt:

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Viel Spaß mit beidem!

Cecile McLorin Salvant

Cecile McLorin Salvant - by Miami6205 (Own work) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Cecile McLorin Salvant – by Miami6205 (Own work) [CC BY-SA 3.0 ], via Wikimedia Commons

„Auf diese Stimme haben Jazzfans gewartet“

überschrieb Matthias Wegner seinen Beitrag über Cecile McLorin Salvant auf Deutschlandradio Kultur, den man mit Gewinn hier nachlesen und zumindest noch eine Weile lang anhören kann. Seither beschäftige ich mich in mancher freien Minute mit dieser jungen US-amerikanischen Sängerin und ihren Spuren im Netz. Was man dort findet, kann nur begeistern. Ich empfehle ein einstündiges Video eines Auftritts beim Jazzfestival im französischen Marciac im August 2014. Die Sängerin und das Trio des Pianisten Aaron Diehl lieferten dort einen atemberaubenden Auftritt ab!

Zur Einstimmung als kleine Kostprobe ein Ausschnitt aus diesem Konzert: „John Henry“, ein Song über den amerikanischen Volkshelden, an dessen Legende sich auch schon andere Musiker (vgl. Wikipedia: Johnny Cash, Pete Seeger, Joe Bonamassa, Van Morrison, Bruce Springsteen, Harry Belafonte, Jerry Lee Lewis u.a.) abgearbeitet haben.  – Hier fasziniert mich neben der Sängerin wieder mal besonders der Bassist, in diesem Fall Paul Sikivie. Viel Spaß!

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Segschneider #04

Diesmal politisch völlig unkorrekt: über künstlerische Freiräume im ehemaligen Ostblock

Ach, ich freu mich: kaum ist das neue Blog eröffnet, meldet sich auch Segschneider zurück! Hier seine aktuellen Betrachtungen über Streicher-Quartette im „real existierenden Sozialismus“:

Peter I. Tschaikowski - Streichquartett F-dur op. 22 - Borodin-Quartett
Peter I. Tschaikowski – Streichquartett F-dur op. 22 – Borodin-Quartett – Eterna

Zwar ist es schon länger her, dass wir – der siegreiche Westen – den sogenannten Sozialismus bezwungen haben. Weil wir so ungeheuer erfolgreich sind, wirtschaftlich vor allem. Der westliche Kapitalismus ringt alles nieder; in der jüngsten, aber nicht letzten Krise hat er beinahe sich selbst niedergerungen. Ob er sich selbst überwinden kann, ist noch offen.

Aber das darf man derzeit wohl immer noch nicht, den ehemaligen Ostblock als ein Paradies schildern. Er war eines, und er ist immer noch ein paradiesischer Ort für Ballettliebhaber, Musikliebhaber im Allgemeinen und Quartettafficionados im Besonderen. Es wird wohl etwas mit den Arbeitsbedingungen zu tun haben, die dort herrschten. Am Moskauer Zentralismus – das dortige Konservatorium hatte unbestreitbar die Führungsrolle – hat es eher nicht gelegen. Denn die Franzosen, ein nicht minder zentralistisches Völkchen, haben diese Fülle atemberaubend guter Quartettspieler bisher nicht hervorgebracht.

Bleiben die übrigen Arbeitsbedingungen. Ich halte es für zutreffend, dass Quartettspiel nicht nur eine Lebensaufgabe ist, sondern dass ein Zusammenspiel umso besser werden kann, je länger und bewusster die vier Musikanten miteinander umgehen. Quartett erwächst aus gemeinsamem Leben. Es nützt gar nichts, vier Superstars aus allen Kontinenten einzufliegen und zu sagen: nun spielt mal schön. Das ist eher kontraproduktiv und wird sehr leicht die Karikatur eines Quartetts.

Von Karl Kraus konnten wir erfahren, dass der gute Schreiber des Zensors bedarf: erst der Zensor würde ihn zwingen – so argumentiert Karl Kraus – sein Bestes zu geben. Ich habe den Verdacht, dass es bei der Musik ähnlich sein könnte, obwohl ich nicht erklären kann, wie das genau funktionieren sollte. Dass im damaligen Ostblock reichlich Zensur war, kann kaum bestritten werden. Je nach Generalsekretär in Moskau muss zeitweise ein klaustrophobisches Gefühl des Eingesperrtseins geherrscht haben. Es mag sein, dass die Flucht in die Musik sich gewissermassen aufdrängte.

Wie auch immer: dort hatten Quartettspieler Zeit zu reifen. Kommerzieller Druck – Konzertagenten, die verdienen – big business, das den Umsatz will – all diese Urkräfte des Westens und die von ihnen hervorgerufenen Verwüstungen junger, frühzeitig verschlissener Spieler fehlten. Man hatte Zeit. Zeit, um Spieltechnik, Ideen und Menschen sich entwickeln zu lassen.

Kultur spielte und spielt in Russland eine hervorgehobene Rolle, die wir uns eher schlecht als recht vorstellen können. Obwohl einige Journalisten uns das sogar in ARD und ZDF nahezubringen versucht haben. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Empfangskommittee inklusive Bürgermeister sich auf dem Bahnsteig einfindet, um einen bekannten Dichter zu begrüssen, der seine Heimatstadt besucht.

Die Intensität des Kulturlebens, die Akzeptanz des Künstlerischen verbunden mit staatlicher Förderung – all das zeigte wohl Wirkung. Jedenfalls entstand eine erstaunliche Zahl guter Quartette. An ihrer Spitze das Borodin Quartett, eine Ausnahmeerscheinung selbst innerhalb eines hochgesteckten Rahmens.

Für Quartettliebhaber gibt es einen sehr einfachen Tip: völlig egal, ob da nun Borodin, Tanejew oder sonstwie Quartett draufsteht – einfach kaufen, wenn man über eine Melodia oder Eterna Aufnahme dieser Ära stolpert. Selbst wenn es eine original Hungaroton Scheibe sein sollte: kaufen! Man kann da kaum etwas falsch machen. Künstlerisch waren alle Einspielungen, die ich dieserart erstanden habe, eine wundervolle Bereicherung. So, als ob sie befreit von westlichen Zwängen aus einer anderen Welt stammten. Nur dass man das selbstverständlich auch heute noch nicht sagen darf, dass der ehemalige Ostblock ein Künstlerparadies gewesen ist. Gewesen sein könnte, wenn man die musikalischen Ergebnisse zum Maßstab nimmt.

Östlich der Elbe beginnt eben nicht die asiatische Steppe, wie Konrad Adenauer einmal meinte, sondern dort blüht – oftmals im Verborgenen – eine staunenswerte Kultur. Sichtbar für denjenigen, der hinschauen mag.

heavy rotation Vol. 18: Willy DeVille – Unplugged in Berlin (CD 2011)

Willy DeVille - Unplugged in Berlin (CD 2011)In meiner Sammlung gibt es eine ganze Reihe von Platten Willy DeVilles – sowohl Solo-Alben als auch Aufnahmen mit seiner Band Mink DeVille. Ich mag diesen Mann und seine Musik schon lange. Er sah mit seiner hageren Gestalt, dem Gehrock, den Pluderärmel-Hemden, den langen Haaren und dem Schmuckgeklimper immer aus wie eine Mischung aus hohlgesichtigem Voodoo-Meister und lackaffigem Dandy – eine irgendwie aus der Zeit gefallene, aber absolut faszinierende Erscheinung.

Sein Gesang war der des begnadeten Nichtsängers. Er nuschelte, lag so manches Mal eine Wenigkeit neben dem „richtigen“ Ton und gerade deshalb immer „richtig“. Er hatte den Blues, war Southern Rocker, verstand sich auf Tex-Mex, baute Cajun-Elemente in seine Musik ein. Meiner Meinung nach kein Spitzen-Instrumentalist, aber durch und durch ein Musiker, vielleicht sogar ein Musikant im besten Sinne. Bezeichnend eine Äußerung meiner Liebsten, als ich mich vor Jahren mit DeVille zu beschäftigen begann: „… früher hättest Du das als Tanzschulmusik abgetan!“

DeVille konnte im Musik-Business nie richtig Fuß fassen. Mal hatte er einen Plattenvertrag, dann mal wieder nicht – ein ewiges Auf und Ab. Unser Held starb 2009 an Bauchspeicheldrüsenkrebs – mit nur 58 Jahren …

In die aktuelle DeVille-Phase geriet ich durch Zufall: ich stöberte online im Katalog von MEYER RECORDS, einer deutschen Plattenfirma, die sich auf akustische Musik spezialisiert hat. Einer meiner Audio-Freunde riet mir, man könne jede Veröffentlichung dieses Labels unbesorgt kaufen, also war ich offen für Entdeckungen.

Und dann fand ich diese Platte. Willy DeVille unplugged? – Da erteilte ich mir den sofortigen Kaufbefehl! Und seit dieser Silberling im Haus ist, liegt er im oder zumindest neben dem CD-Player. Darauf ein grandioses Konzert, das DeVille im März 2002 in der Berliner Columbiahalle gab – nur begleitet von Piano und Akustikbass, gelegentlich spielt er selbst Gitarre oder Harmonika. Da ist nichts geschnitten – dankenswerter Weise bekommt man seine schnodderig-launig-lakonischen Zwischenansagen und die flapsige Kommunikation mit dem Berliner Publikum mitgeliefert.

Der Gesang! Brüchig, rauchig, kehlig, manchmal leicht nölend, gepresst und jegliche Art von Gefühl zulassend, aber niemals übertrieben kitschig-triefend singt sich DeVille durch ein Repertoire, das ihm wie auf den Leib geschrieben scheint. 16 der 18 Titel stammen nicht von ihm selbst, aber er macht sie sich auf unnachahmliche Art zu Eigen. Einer der Höhepunkte für mich: „Let It Be Me“, 1960 ein Hit der Everly Brothers, 1955 veröffentlicht von Gilbert Becaud unter dem Titel „Je t’appartiens“. Unter DeVilles Gesang verwandelt sich die Beinah-Schnulze in eine ergreifende Liebesballade. Das von Elvis Presley bekannt gemachte „Hound Dog“ hingegen wird trotz der vermeintlich spärlichen Instrumentierung mit Piano und Bass zum Kracher – grandios DeVilles Hundegejaule! Spätestens dieser Titel weist den Sänger und seine kongenialen Mitmusiker als in der Wolle gefärbte Rock’n’Roller aus.

DeVilles Interpretationen von „Spanish Harlem“, „The Way We Make A Broken Heart“, „You Better Move On“ oder „Shake Rattle And Roll“ begeistern – man denkt „… so hätte das immer schon klingen sollen!“ – spätestens an dem Punkt hat er einen endgültig am Schlafittchen, der gute Willy – und der Himmel steht still …

„Heaven Stood Still“ – damit endet ein wunderschöner Abend, bei dem man gern dabei gewesen wäre!

ABBA – Dancing Queen (August 1976)

ABBA - Dancing QueenIm Sommer des Jahres 1976 war der Dancing Queen einfach nirgends zu entkommen. Abend für Abend saß ich frustriert – weil nach zwei Jahren frisch verlassen, ohne aus der Ferne etwas dagegen unternehmen zu können – unter lauter anderen W15ern* in der Kasernenkneipe beim stark verbilligten Bier in der Nähe der Musikbox. Und alle wollten immer nur Dancing Queen hören. Man wusste nach einer Weile nicht mehr, wovon man besoffen wurde – vom Bier oder von diesem verdammten Ohrwurm. Meine Dancing Queen tanzte jetzt wohl mit einem Anderen … wozu also am Wochenende nach Hause fahren …?

Wenn ich – so wie zufällig gestern am Autoradio – diesen Abba-Titel höre, beschwört das augenblicklich die Erinnerungen an die ungeliebte Bundeswehrzeit wieder herauf. Zum Abba-Fan wäre ich auch ohne diese Erfahrung nie geworden, aber gerade Dancing Queen ist ein gutes Beispiel für perfekt produzierte Pop-Musik, das muss ich zugeben.


* W15er = Wehrpflichtiger für 15 Monate

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