DIY-Plattenwaschmaschine mit Punkt-Absaugung, Prototyp

Plattenwaschmaschine in Betrieb

Heute will ich beschreiben, wie ich zu meiner Plattenwaschmaschine kam. Den Wunsch, so ein Ding zu besitzen, trug ich schon lange mit mir herum und mir war auch schnell klar, dass es eine Maschine mit Punktabsaugung sein sollte. Solche Maschinen sind, wenn man sie kaufen muss, sehr teuer! Also kam für mich nur der Eigenbau in Frage.

Kleine Bemerkung vorweg: dieser Beitrag stellt keine Bauanleitung dar! Die gibt es auch gar nicht – eins ergab sich aus dem anderen. Ich verließ mich darauf, die richtige Idee werde sich schon zum richtigen Zeitpunkt einstellen. Mein Freund Segschneider nannte diese Vorgehensweise „freies Basteln“. Da ist wohl was dran!

Ich mache mir selbst nichts vor: dieses Projekt steckt voller Improvisationen und stellt somit wirklich nur einen Prototyp dessen dar, was ich vielleicht eines Tages mal draus machen werde. Einstweilen funktioniert die Plattenwaschmaschine aber so gut, dass kein Handlungsbedarf besteht.

Prinzip der Punktabsaugung:

Die PWM mit Punktabsaugung funktioniert so: auf die rotierende Schallplatte wird eine Reinigungsflüssigkeit aufgebracht und mit einer feinen Bürste so verteilt, dass sich ein geschlossener Flüssigkeitsfilm bildet. Nach einer gewissen Einweichzeit fährt ein Saugarm von innen nach außen über die rotierende Vinylscheibe und saugt die Flüssigkeit mitsamt dem sich inzwischen (hoffentlich!) gelöst habenden Schmutz und Staub von der Oberfläche. Am Ende des Saugvorgangs ist die Platte sauber und trocken. Bei stärker verschmutzten Platten muss dieser Prozess eventuell wiederholt werden.

Funktionsgruppen

Das braucht man für diese Maschine:

  • Plattenteller (evtl. Subteller) mit Lager und Antrieb
  • Saugarm mit Antrieb
  • Pumpe und Abscheidegefäße
  • Steuerelektronik (Arduino)

Plattenteller mit Subteller, Lager und Antrieb

Den Plattenteller habe ich samt Subteller und Lager einem unrettbar defekten DUAL-Dreher entnommen:

Plattenteller
der Plattenteller

Die Gummimatte habe ich abgenommen, die versteinerten Kleberreste stören mich nicht. Irgendwann werden sie mal sandgestrahlt, das hat aber keine Eile. Die schwarzen „Noppen“ dienen dazu, die Platte so weit anzuheben, dass eventuell über den Rand tropfende Reinigungsflüssigkeit nicht unter die Platte kriechen kann. Die Noppen sind selbstklebende Gerätefüße.

Bei abgenommenenem Plattenteller sieht man den Subteller und den Reibradantrieb, den ich aus einem gerade passenden Getriebemotor und einem Reibrad aus der Bastelkiste gemacht habe:

Subteller und Reibradantrieb
Subteller und Reibradantrieb

Hier nun schließlich bei abgenommenem Subteller das Lager:

Lager
Teller-Lager (oben links) mit Subteller und Reibradantrieb

Im Zusammenspiel mit der später noch zu beschreibenden Elektronik versetzt der Antrieb den Plattenteller in 20 bis 30 Umdrehungen/min.

Saugarm mit Antrieb

Für den Saugarm hat mir ein Audiofreund ein wunderbares Teil aus Aluminium gemacht:

Saugarmgelenk, Bild 1
Saugarmgelenk, Bild 1

Man sieht sehr schön die Achse, auf der der Saugarm sitzt und ihm die vertikale Bewegung ermöglicht. Das Gelenkteil selbst sitzt auf einer hohlen Hochachse, durch die der aus dem Arm kommende transparente Absaugschlauch nach unten ins Gehäuseinnere geführt wird. Die Hochachse besteht aus einem Metallröhrchen mit außen liegendem M10-Feingewinde, das mit dem Gelenkteil verklebt ist. Solch ein Gewinderöhrchen bekommt man in der Elektroabteilung des Baumarkts unter Lampenbedarf.

Im nächsten Bild ist das untere Ende der hohlen Hochachse zu sehen:

Achslager Saugarm
Lager des Saugarm-Gelenks

Zwei Kugellager – eins oben, eins unten – sorgen dafür, dass die Achse leicht beweglich ist.

Hier eine weitere Ansicht das Saugarm-Gelenks:

Saugarmgelenk, Bild 2
Saugarmgelenk, Bild 2

Nun zum vorderen Ende des Saugarms. Was ich hier zeige, ist improvisiert, ist Behelf. Der funktioniert aber so fantastisch, dass ich die Maschine nach wie vor so betreibe!

Der eigentliche Saugarm besteht aus einem Stück Carbon-Rohr von einer zerbrochenen Angelrute. Vorn habe ich ein dünneres Stück Rohr gesteckt, dass sich im äußeren Rohr nur schwer drehen lässt. Das dünne Rohrstück ist durchbohrt, in der Bohrung steckt ein Stück Messingröhrchen von 4mm Durchmesser. An dessen oberem Ende endet der Saugschlauch, der von dort durchs Innere des Saugarms und durch die hohle Hochachse des Saugarmgelenks die abgesaugte Reinigungsflüssigkeit ins Innere des Maschinengehäuses zu den Abscheidegläsern führt:

Saugarm, Bild 1
Saugarm, Bild 1

Das folgende Detailfoto zeigt am unteren Ende des Messingröhrchens ein weiteres kleines Schlauchstück. Dieses setzt später auf der nassen Schallplatte auf. Es ist daher wichtig, hier ein weiches Material einzusetzen. Man findet es in der Medizintechnik, wo es für Infusionen benutzt wird. Außerdem ist zu sehen, dass ein aus einem synthetischen Material gesponnener Faden (Nähgarn Gütermann M782 Extra Stark, Polyester) herangeführt wird, der in der Ansaugöffnung verschwindet – genau genommen wird er mit angesaugt. Er endet im Geräteinneren in den Abscheidegläsern. Bei jeder Plattenreinigung werden ein paar weitere Fadenmillimeter freigegeben, damit es jede Schallplatte mit einem sauberen Stück Faden zu tun bekommt. Dank des Fadens bleibt immer ein kleiner Zwischenraum zwischen Schlauch und Platte, der dafür sorgt, dass das untere Schlauchstück sich nicht an der Platte festsaugt.

Saugarm, Bild 2
Saugarm, Bild 2

Dem Arduino-Einsteiger-Set, das ich für das Projekt Plattenwaschmaschine gekauft habe, lag ein Stepper-Motor bei. Der erledigt über eine Untersetzung aus LEGO-Zahnrädern den Antrieb des Saugarms:

Saugarm-Antrieb
Saugarm-Antrieb

Die kleine Saugarm-Rampe aus einem Stück Epoxy-Platinenmaterial ersetzt einen weiteren Antrieb, der den Saugarm in der Vertikalen bewegen würde:

Saugarm-Rampe
Saugarm-Rampe

Beim Start des Absaugvorganges bewegt sich der Saugarm Richtung Plattenmitte und setzt mit Hilfe der abgeschrägten Rampe automatisch am Plattenrand auf. Der aufgesetzte Arm gleitet nun rasch über den aufgebrachten Flüssigkeitsfilm bis zur Auslaufrille der Platte, die Pumpe wird eingeschaltet und der Arm bewegt sich langsam zurück zu seinem Ausgangspunkt. Wieder am Plattenanfang angekommen, wird der Arm von der Rampe automatisch von der Platte abgehoben.

Pumpe und Abscheidegefäße

Genau genommen ist eine Pumpe nix anderes als ein umgedrehter Kompressor. Wenn ich hier gelegentlich den letztgenannten Begriff benutze, möge man mir das nachsehen! Meinen Kompressor bekam ich geschenkt (danke, Meinolf!). Er stammt aus der Medizintechnik. Leider komme ich im eingebauten Zustand nicht mehr an das Typenschild heran, deshalb kann ich hier weder Fabrikat noch Type angeben. Macht nix, so sieht das Teil aus:

Pumpe
Pumpe

Das nächste Bild zeigt Kompressor und Abscheidegefäße im Zusammenhang:

Abscheidegefäße
Abscheidegefäße

Von rechts oben kommt der Saugarmschlauch. Über die beiden Abscheidebehälter gehts zur Ansaugöffnung des Kompressors.

Die beiden Gefäße sind Joghurtgläser. Ich hänge zwei Gläser hintereinander, um bei vollem Abscheideglas 1 die Pumpe nicht schon in Gefahr zu bringen. Die soll nämlich nur für den nötigen Unterdruck sorgen und sich keinesfalls mit dreckigem Wasser vollsaugen! Ich habe gefunden, dass die Originaldeckel der Joghurtgläser der Marke „Landliebe“ über gewollte Springbeulen verfügen, die es dem Kunden ermöglichen sollen, das Glas vor dem Kauf auf Dichtigkeit zu prüfen. Das kommt auch unserem Zweck zugute: wenn die Pumpe eingeschaltet wird, geht’s kurz hintereinander „klack, klack!“ – so zeigt der entstehende Unterdruck an, dass das System dicht ist und die Deckel der Gläser richtig geschlossen sind.

Über die Schlauchanschlüsse habe ich mir lange Gedanken gemacht. Herausgekommen ist dies:

Schlauchanschlüsse
Schlauchanschlüsse

In Telefonbuchsen habe ich Messingröhrchen von 4mm Außendurchmesser gelötet. Die Gummidichtungen gab’s einzeln in der Sanitärabteilung des Baumarkts.

Steuerelektronik (Arduino)

Eigentlich sollte der Bau dieser Maschine mein Einstieg in die Arduino-Microcomputertechnik werden. So ein Ding sitzt nun auch tatsächlich in der PWM, aber die Programmierung habe ich letztlich doch meinem Sohn übertragen (danke, Philip!). Man muss nicht alles selber können und machen wollen! Daher aber auch nur ein Foto der Steuerungs-Hardware. Man sieht oben v.l. den Netztrafo, zwei Netzteilmodule (für Arduino und Tellermotor), den Arduino selbst und schließlich eine Platine mit Relais-Schaltstufen. Unten das Bedienpanel:

Steuerelektronik
Steuerelektronik

Prozessablauf

Beim Einschalten der Maschine setzt sich der Plattenteller in Bewegung. Jetzt wird die Reinigungsflüssigkeit aufgebracht. Die Tellergeschwindigkeit ist in Grenzen manuell regelbar und die Laufrichtung kann umgekehrt werden. Das ist so vorgesehen, weil ich als Option vielleicht noch eine stationäre Bürste einsetzen werde, die während des Einweichvorgangs auf der Platte bleiben soll.

Beim Druck auf den Startknopf wird der Tellermotor auf eine fest eingestellte Geschwindigkeit gebracht, die Lufrichtung entspricht der beim Plattenhören. Der Saugarm bewegt sich auf dem geschlossenen Flüssigkeitsfilm rasch gleitend zur Auslaufrille der Platte hin. Dort angekommen, schaltet der Arduino die Pumpe ein und bewegt über den Steppermotor den Saugarm langsam zurück zur Ausgangsposition. Wenn der Arm die Saugarm-Rampe erreicht hat, schaltet sich die Pumpe ab und der Arm läuft zur Ruheposition hoch. Der Arduino stoppt den Prozess und schaltet in den manuellen Modus zurück.

Der Armvortrieb ist so geregelt, dass die Bewegung des Arms zum Plattenrand hin immer langsamer wird. Das ist nötig, da die Geschwindigkeit der Platte unter dem Saugpunkt wegen des zum Rand hin größeren Umfangs immer mehr zunimmt. Jeder Punkt der Platte soll aber etwa gleich lange „besaugt“ werden.

Hier noch zwei Gesamtaufnahmen der Maschine:

PWM Innenaufnahme
Innenaufnahme
Gesamtansicht Plattenwaschmaschine
Gesamtansicht Plattenwaschmaschine

Fazit

Soweit die Beschreibung meiner PWM. Irgendwann baue ich sie verbessert neu auf.

Denn: die Maschine ist zu groß! Die Maschine ist zu schwer! Die Maschine ist zu laut! Für die automatische Fadennachführung habe ich noch keine Lösung gefunden.

Reinigen tut das Mistding allerdings fantastisch!

Nachtrag

Meine PWM entstand, nachdem ich Gelegenheit hatte, die erste Maschine meines Audiofreunds Meinolf ausgiebig in Augenschein zu nehmen. Beim Bau meiner PWM sind also einige von Meinolfs Ideen mit eingeflossen. Das Ergebnis meines Aufbaus wiederum stellt eine Weiterentwicklung seines damaligen Geräts dar, die allerdings wieder übertroffen wird von Meinolfs neuem Prachtstück, das er auf seiner Website www.ms-vint-audio.de beschreibt ->Link. Sein neuer Aufbau ist klein, leicht und leise …

Praktischer Aufbau meiner Endstufe mit PL82

Im Herbst letzten Jahres überraschte mich mein Freund Segschneider mit der Nachricht, er arbeite an einem PL82-Endstufenentwurf, mit dem er das bekannte Konzept aus dem Buch „Höchst empfindlich“ aufgreifen und weiterentwickeln wolle. Außerdem machte er mir das Angebot, das Projekt im Audionisten-Blog zu veröffentlichen – ausführlich kommentiert, damit auch andere etwas damit anfangen können. Natürlich hat er mich mit seiner Begeisterung mitgerissen!

Schnell wurde klar, dass das ohne ausführliche Erläuterungen zum zugehörigen Netzteil keinen Sinn machen würde. Ich übernahm daher die Aufgabe, die Konstruktion eines solchen Netzteils und dessen theoretische Herleitung zu beschreiben – hier nachzulesen.

Platinen für Netzteil PL82
Platinen für Netzteil PL82

Ich erhielt einen Schaltplan der Endstufe, und während Segschneider an seinem vierteiligen Blogbeitrag schrieb (Konstruktion eines Röhrenverstärkers mit PL82 – erster Teil, – zweiter Teil, – dritter Teil, – vierter Teil), begann ich, Netzteil und Endstufe praktisch aufzubauen. Davon soll nun dieser Beitrag handeln.

Endstufen-Module

Nachdem die Netzteilplatinen bestückt waren, machte ich mich an den Aufbau der beiden Endstufenmodule. Ohne schon zu wissen, wie das endgültige Gehäuse aussehen würde, entschied ich mich für einen Aufbau mit liegenden Röhren. Dazu baute ich zwei kleine Subchassis aus Aluminium.

PC86/PL82-Modul, Bild 1
PC86/PL82-Modul mit zwei 31-poligen Platinen-Steckern als Lötleisten
PC86/PL82-Modul, Bild 2
PC86/PL82-Modul

Jetzt wird es Zeit, auf die Verschaltung der Röhrenheizungen und deren Massebezug einzugehen. Zum Verständnis diese Grafik:

Verdrahtung Röhrenheizung
Serienschaltung der Röhrenheizungen und deren Massebezug

P-Röhren wurden für Serienheizung konzipiert, auch hier werden die Heizungen in Serie geschaltet. PC86 und PL82 benötigen wie alle P-Röhren einen Heizstrom von 300mA. Dabei fallen an der PC86-Heizung 3,8V und an der Heizung der PL82 16,5V ab. Die Heizungs-Serienschaltungen beider Verstärker-Module werden schließlich parallel geschaltet mit dem Heiztrafo verbunden, der somit 20,3V bei einem Strom von 600mA zu liefern hat.

Bei beiden Verstärkermodulen ist der Verbindungspunkt der Heizungen von PC86 und PL82 mit der Gerätemasse (zentraler Massepunkt) zu verbinden. Dies stellt den Massebezug der Heizung her, was wichtig ist, um Brummprobleme zu vermeiden.

Es ist unter allen Umständen darauf zu achten, dass die Heizungsverschaltung beider Verstärkermodule absolut identisch erfolgt! Dazu ist es zwingend notwendig, alle Leitungen – wie in der Grafik gezeigt – farbig auszulegen, um Verwechslungen zu vermeiden. Am Heiztrafo sind jeweils die gleichfarbigen Leitungen (im Beispiel grau und rot) zusammenzufassen.

Weiter ist es wichtig, dass die Röhren eines Kanals in der gezeigten Weise hintereinander geschaltet werden: die Verbindung zwischen beiden Röhren muss vom Pin 5 der einen zum Pin 4 der anderen Röhre erfolgen. Bei Nichtbeachtung fängt man sich eventuell ein Brumm-Problem ein, das später schwer zu lokalisieren ist!

Bei korrekter Beschaltung liegen wegen der gemeinsamen Masseverbindung jeweils die beiden PC86-Heizungen parallel, ebenso die beiden PL82-Heizungen. Werden die zwei Serienschaltungen aber gegensinnig gespeist, liegen die PL82-Heizungen in Reihe, jede davon mit einer zu ihr parallelen PC86-Heizung. Die Trafospannung teilt sich dann wie bei jedem Spannungsteiler 1:1 zwischen den PL82-Heizungen (mit deren parallel liegenden PC86-Heizungen) auf – es liegen somit mehr als 10V an den Heizfäden der nur für 3,8V ausgelegten PC86 an. Das wird nicht lange gut gehen.

Hier also besonders sorgfältig bauen!

Im folgenden Bild sieht man, dass die Heizungsversorgung in der Nähe der Röhrenfassungen möglichst kurz unter das Chassis geführt wird, um Brummeinstreuungen in die Verstärkerschaltung zu vermeiden. Das Chassisblech wirkt hier als Abschirmung:

Heizungsversorgung
Die Heizspannungszuleitungen werden unter dem metallischen Chassis weggeführt

Nun zur Bestückung der Verstärker-Module. Die erfolgt auf den 31-poligen Platinen-Steckerleisten. Auf dem nächsten Foto erkennt man, dass die Gitteranlaufwiderstände und der Triodisierungswiderstand direkt mit den Röhrenfassungen verlötet werden. Es ist keine schlechte Idee, die Zuleitungen der Katoden in blau und die der Anoden in rot auszuführen – bei späteren Messungen weiß man dann sogleich, wo die Messspitze anzusetzen ist. Überhaupt ist es gut, verschiedenfarbige Verbindungsdrähte zu benutzen und deren Verwendungszwecke zu standardisieren, dazu aber später mehr.

ein fertiges Verstärker-Modul
ein fertig bestücktes Verstärker-Modul

Es sei nicht verschwiegen, dass die Lötösen an den Steckerleisten recht winzig sind. Daher erinnere ich an dieser Stelle an den längst fälligen Gang zum Dentisten des Vertrauens (2x täglich Zähne putzen, 1x jährlich zum Zahnarzt!). Nicht vergessen, dem guten Mann eins seiner Werkzeuge abzuschwatzen, nämlich dies:

unverzichtbares Werkzeug!
dieses Zahnarzt-Instrument ist für Lötarbeiten an Platinen-Steckleisten unverzichtbar!

Das macht die Arbeit mit den Steckerleisten erst möglich, zumindest erleichtert es diese ganz ungemein!

Chassis, Gehäuse

An diesem Punkt – Netzteil fertig, Verstärker-Module fertig – war zu entscheiden, wie das Gehäuse aussehen soll. Dabei ging es zunächst um einen Probeaufbau auf einem Brett. Das ist eine recht empfehlenswerte Vorgehensweise, die auch von solchen Klassikern wie Otto Diciol („Röhren-NF Verstärker Praktikum“, Reprint bei FRANZIS) propagiert wird. Besagtes einfaches Brett hat aber den Nachteil, dass man die einzelnen Baugruppen nicht wirklich sinnvoll räumlich zueinander anordnen kann. Ich hatte daher die Idee, statt der Einfachversion eine hölzerne „Werft“ (so habe ich das Ding genannt) zu bauen, die eine Anordnung der Verstärkerkomponenten als zusammengehörige Baugruppen schon in dieser Versuchsphase ermöglichen sollte. Bei zweidimensionalen Brettaufbauten ist das nicht immer möglich. Das hier verwendete Holzchassis versucht diesen Nachteil zu vermeiden, indem beispielsweise dafür gesorgt wird, dass paarige Komponenten – die beiden Verstärker-Module und die beiden Siebketten-Platinen – im gleichen Abstand von den Netztrafos angeordnet werden.

Meine ursprüngliche Absicht war, das Holzkonstrukt später durch eine entsprechende Blechkonstruktion zu ersetzen. Diesen Plan habe ich inzwischen aufgegeben. Was soll ich sagen – bei dieser Werft wird es nun bleiben! So sieht sie aus:

Die "Werft", Bild 1
die „Werft“ meiner PL82-Endstufe

Ein Abteil meines Holzchassis habe ich mit 0,5mm starkem Kupferblech ausgelegt. Das Kupfer dient der Abschirmung des Netztrafos für die Anodenspannung und des Heiztrafos, die hier ihren Platz finden sollen:

Abschirmung aus Kupferblech
Abschirmung aus Kupferblech im Netztrafo-Abteil

Zwei wichtige Details: die beiden Massepunkte:

Gerätemasse und Gehäusemasse
Gerätemasse- und Gehäusemassepunkt. An letzteren ist später zwingend der Schutzleiter der Netzzuleitung anzuschließen

Der vom Kupferblech isolierte zentrale Massepunkt bündelt später sternförmig sämtliche Masseverbindungen zu den einzelnen Komponenten der Verstärker-Schaltung (Gerätemasse), der Gehäusemassepunkt wird nach VDE mit dem gelbgrünen Schutzleiter und allen metallischen Gehäuseteilen sowie über einen 100Ω-Widerstand mit dem zentralen Massepunkt verbunden. Dazu später mehr.

Zuerst werden alle Baugruppen auf das Chassis montiert:

Montage der Baugruppen auf dem Chassis, Bild 1
Baugruppen auf dem Chassis, v.l. die beiden Ausgangsübertrager, eins der Verstärkermodule, eine der Siebkettenplatinen
Montage der Baugruppen auf dem Chassis, Bild 2
von der anderen Seite gesehen links unten der Netztrafo für die Anodenspannung, rechts daneben die Gleichrichter/Ladeelko-Platine
Montage der Baugruppen auf dem Chassis, Bild 3
hier schließlich eine Unteransicht mit dem Verstärkermodul und der Siebketten-Platine des zweiten Kanals

So, nun geht’s ans Verdrahten. Es empfiehlt sich, verschiedenfarbig isolierte Litzen zu verwenden und bestimmten Funktionen eindeutige Farben zuzuweisen. Ich mache das etwa so:

  • blau: Kabelverbindungen zum zentralen Massepunkt
  • schwarz: minus Versorgungsspannung (0)
  • rot: plus Versorgungsspannung Endröhre
  • orange: plus Versorgungsspannung Vorröhre
  • weiß/rot (Volldraht, verdrillt): Versorgungsspannung Röhrenheizungen
  • gelbgrün: Schutzleiter

Masseverschaltung

Masseverschaltung
die Masseverschaltung

Als potentialmäßig tiefster Punkt der Schaltung wird der Minuspol des Ladeelkos auf der Gleichrichterplatine angenommen. Der Ausgang 0 (minus) der Gleichrichter/Ladeelko-Platine ist auf kurzem Weg mit der Verteilerklemme „zentraler Massepunkt“ zu verbinden (1). Dieser Punkt ist n i c h t mit dem Kupferblech des Gehäuses verbunden! An den zentralen Massepunkt gehören die beiden Massepunkte der Heizspannungsversorgungen (2) und die beiden Blechchassis der Verstärkermodule (3). Schließlich wird die Zentralmasse über einen 100Ω-Widerstand mit der Gehäusemasse verbunden. Letztere wiederum ist nach VDE-Vorschrift zwingend mit dem Schutzleiter zu verbinden!

Die Schaltungen der beiden Verstärkermodule erhalten ihre Masse über die 0V-Zuleitungen (minus) von den Siebketten-Platinen, letztere wiederum sind über die von der Gleichrichter/Ladeelko-Platine kommenden Versorgungsleitungen mit Masse verbunden. Innerhalb der Verstärkermodule gibt es k e i n e leitende Verbindung zwischen der Schaltung und dem kleinen Blechchassis!

Die Leitungen zu den Eingangsbuchsen sind abzuschirmen. Die Abschirmung ist schaltungsseitig mit 0V verbunden, die Massekörper der Eingangsbuchsen erhalten Massepotential über zwei blaue Kabel, die ebenfalls zum zentralen Massepunkt führen (hier nicht abgebildet!). Die Eingangsbuchsen sind jede für sich isoliert einzubauen und auch untereinander n i c h t zu verbinden!

Alle hier beschriebenen Maßnahmen dienen der Brummvermeidung. Die fertige Endstufe darf bei kurzgeschlossenen Eingängen n i c h t brummen!

Beinahe fertig

Nach der Verkabelung sieht die Enstufe so aus:

verdrahtet
nach den Verdrahtungsarbeiten, Aufsicht

Da es noch keine Frontplatte gibt, existiert auch noch kein Ein/Aus-Schalter. Netzstecker rein/raus – das muss für die erste Zeit reichen. Statt einer durchgehenden Rückwand gibt es ein provisorisches Panel für die Ein- und Ausgangsbuchsen. Hier noch zwei Fotos vom Netztrafo-Abteil:

Netztrafo-Abteil, Bild 1
links: Heiztrafo, darunter einige parallel geschaltete Vorwiderstände in der Heizleitung, mit denen der genaue Heizstrom eingestellt wird. Mitte: Gleichrichter/Ladeelko-Platine, rechts: Netztrafo für die Anodenspannungen
Netztrafo-Abteil, Bild 2
unter dem Heiztrafo der Gehäuse-Massepunkt. Dort ist der Schutzleiter (gelbgrün) anzubringen. Später hinzukommende metallische Gehäuseteile (Rückwand, Frontplatte, oberes und unteres Gehäuseblech) sind ebenfalls hier mit dem Schutzleiter zu verbinden

Wegen der liegenden Röhren unbedingt genügend Platz für den Röhrenwechsel vorsehen! Es gibt nichts Blöderes, als dazu das halbe Gehäuse auseinander nehmen zu müssen:

Röhrenwechsel
genügend Platz für den Röhrenwechsel einkalkulieren!

Experimente mit den Koppelkondensatoren

Denjenigen, die mit verschiedenen Koppelkondensatoren experimentieren wollen, sei hier noch ein kleiner Praxistipp verraten: an Stelle des Koppel-Cs zwei kleine Miniatur-Krokodilklemmen in die Schaltung einlöten! So kann man die Testkandidaten (bei abgeschaltetem Gerät!) sehr schnell auswechseln. Doch Vorsicht: die Dinger laden sich an dieser Stelle auf knapp 150V (= Uanode der PC86) auf. So was kann empfindlich weh tun, deshalb schließe ich die Cs vor dem Wechsel mit einer kleinen Kroko-Laborstrippe kurz …

Experimente mit dem Koppelkondensator
in die Schaltung eingelötete Mini-Krokodilklemmen erleichtern das Experimentieren mit unterschiedlichen Koppelkondensatoren

Fazit nach drei Monaten

Der hier gezeigte Aufbau existiert erst seit ein paar Tagen, denn für die Veröffentlichung habe ich den Erstaufbau dieser Endstufe wieder auseinander genommen und ein neues, in den Abmessungen modifiziertes Holzchassis aufgebaut. Alles ist nun wieder an seinem Platz und funktioniert wie gewohnt. Die Endstufe ist brummfrei und verhält sich auch sonst so, wie ich es seit drei Monaten gewohnt bin.

Ich betreibe diesen Verstärker an Lautsprecherboxen vom Typ SABA-Cello. Die sind von Haus aus keine Tiefenwunder. Dennoch weist die Kombination der PL82-Endstufe mit den Celli ein sehr ausgeglichenes Wiedergabespektrum auf. Die Räumlichkeit der Wiedergabe, die Ortbarkeit von Klangereignissen auch in der Tiefe und die Auflösung sind frappierend. Ich will nicht verschweigen, dass diese Art des Hörens auch Übungssache ist. Diese Endstufe erleichtert aber diesen immerwährenden Lernprozess.

Das Hören über diese Endstufe ist absolut unanstrengend. Ich habe (Transistor)-Endstufen erlebt, die die Musik regelrecht sezieren, in ihre Bestandteile zerlegen. Es ist, als müsse man als Hörer die Musik im Kopf selbst wieder zusammensetzen. Das kann schon mal dazu führen, dass man beim Hören regelrecht nervös wird und das Durchhören einer ganzen CD kaum möglich ist. Die PL82-Endstufe hingegen macht aus der Musik ein Amalgam – lässt zusammen, was zusammen gehört. Das macht das Hören damit sehr angenehm und lässt den der Musik innewohnenden Emotionen den nötigen Raum, sich zu entfalten.

Noch etwas erscheint mir wichtig: dieses Gerät macht die Unterschiede hörbar, die sich aus der Verwendung verschiedener Röhrenfabrikate und/oder verschiedener Koppelkondensatoren ergeben. Weniger gute Endstufen ebnen solche Nuancen ein.

Konstruktion eines Röhrenverstärkers mit PL82 – vierter Teil: die Gesamtschaltung

Die Verbindungspfade zwischen erster und zweiter Röhre enthalten jeweils DC-blockende Kondensatoren. Auch der Kondensator im GK-Pfad ist zwingend notwendig, um eine Verschiebung des Arbeitspunktes bei der ersten Röhre zu vermeiden. Bei der Dimensionierung dieses Kondensators wurde berücksichtigt, dass der GK-Pfad keine Phasendrehungen bewirken soll. Das ist in erster Näherung dann vermieden, wenn die Grenzfrequenz kleiner/gleich 5Hz ist. Nach meinen Erfahrungen bringt es mehr, den Stromfluss in der ersten Röhre hochzutreiben und im Gegenzug einen Kondensator im GK-Pfad zu akzeptieren, als auf diesen Kondensator zu verzichten, denn letzteres gelingt im Allgemeinen nur, wenn die Vorröhre mit sehr geringem Strom – typisch 1mA oder weniger – betrieben wird.

Nun kommt zusammen, was zusammen gehört - das komplette Schaltbild
zum Vergrößern anklicken!

Auch in diesem Falle gilt, dass die Summe der (bisherigen) Teile noch nicht vollständig das Ganze ergibt. Hinzutreten müssen als erstes die Gitterbremswiderstände, im vorliegenden Falle 680 Ohm, und um ihre Aufgabe zu erfüllen, sollten sie tatsächlich am Gitterpin der Röhren angelötet werden. Das ist am einfachsten zu bewerkstelligen, wenn man sie zugleich als Zuleitungen vom Schaltungsaufbau zum Röhrensockel verwendet.

Gesamtschaltung mit Dimensionierung aller Teile
Gesamtschaltung mit Dimensionierung aller Teile – zum Vergrößern anklicken!

Das zweite Detail wird eventuell Stirnrunzeln verursachen, vielleicht gar auf Ablehnung stoßen: der parallel zur Anode der PL82 gelegte Kondensator Ctr = 2,2 nF lässt dem Messtechnikfreak die Haare zu Berge stehen, denn er verschlechtert die Rechteckwiedergabe. Die Flankensteilheit könnte beeinflusst werden, und nicht im positiven Sinne. Dazu ist anzumerken, dass erstens ein Rechteck in keinem Musiksignal vorkommt, und dass zweitens die Vorstellungen der HiFi-Branche, was denn in der Wiedergabe ein gutes Rechteck sei, doch arg uneinheitlich sind. Die digital codierte Welt befasst sich ausschliesslich mit Rechtecken, da gibt’s nichts anderes, und im Digitalen gilt ein Rechteck als gut, wenn die ansteigende Flanke ein Fünftel, das waagrechte Dach drei Fünftel und die abfallende Flanke wiederum ein Fünftel ausmachen. Ja, herzlichen Glückwunsch, wie soll’s denn nun sein? Immerhin kann man den Jungs vom digitalen Sektor bescheinigen, dass sie ein gesundes Gespür für die Realität besitzen. Ob man bei analogen Schaltungen wirklich eine Anstiegsflanke in echt vertikal, also eine unendlich schnelle Impulsverarbeitung benötigt, wird leider nicht diskutiert.

Um auf den Kondensator Ctr zurückzukommen. Er begrenzt den Frequenzgang nach oben, und das ist nicht ganz unsinnig, da wir ja fernsehtaugliche Röhren verwenden (die ja, wie gesagt, zu sehr viel höheren Frequenzen fähig sind). Mit dieser Begrenzung folgt die Endstufe abermals den Maximen der Röhrenära, wir erinnern uns: die Profi-Geräte (siehe die genannten V73 und V69) wurden konstruktiv für einen Frequenzbereich von 40Hz bis 15kHz ausgelegt. Für mehr nicht. Eine kleine Anmerkung: bei natürlicher, also nicht elektrischer Tonerzeugung gibt es genau dreimal die 16kHz als höchsten Oberton. Sie werden erreicht bei Schlüsselklirren, Piccoloflöte und vergleichbar kleiner Orgelpfeife. Falls der geneigte Musikliebhaber eine grössere Sammlung mit diesen Dreien zufällig sein eigen nennen sollte, darf er sich trotzdem entspannt zurücklehnen. An der PL82-Endstufe wird die Wiedergabe dieser (im Allgemeinen doch recht seltenen) Tonerzeuger nicht scheitern. Die verwendete Gegenkopplung sorgt dafür, dass der der Messtechniker die 16 kHz noch „auf dem Strich“ wiederfindet. Das war bei den erwähnten Rundfunkendstufen übrigens genauso. Wenn jemand unbedingt deutlich höhere Frequenzen noch „auf dem Strich“ haben möchte, dann möge er bitte ungeniert weiter in seine Kirche gehen, denn dann ist diese Endstufe nicht für ihn bestimmt.

PL82 vor Kennlinie
PL82 vor Kennlinie

Ein Wort zu den geeigneten Bauteilen soll diese Betrachtung abschliessen. Die eingesetzten Widerstände sind, sofern nicht anders bezeichnet, halbwatt Kohlefilme. Die Angaben zu den Kondensatoren beziehen sich auf das Fabrikat Wima, durchgängig mit 630V Spannungsfestigkeit. Die angegebenen Typen sind so gut, dass man sie ungeniert einsetzen kann. Freilich werden, angestachelt von einer umsatzgeilen Branche, Kondensatoren immer wieder zur Diskussion gestellt. Deswegen möchte ich dem Kondensatorfreak ein wenig entgegenkommen und einige Alternativen aufzeigen. Was dem einzelnen Hörer zusagt, bleibt sicherlich eine sehr individuelle Wahl. Wer auf der Suche nach „seinem“ Klang andere Wege gehen will, möge das auf eigenes Risiko tun. Der Kondensator Ctr kann anstelle des FKP2 auch ein Silbermica sein, dann in der Grösse 1,0 bis 1,5nF und mit einer Spannungsfestigkeit von mindestens 500V. Wer für Ölpapier- oder Wachspapiertypen schwärmt, sollte sie (nur!) an der Stelle von Cg und Cgk2 einsetzen, in derselben Grösse und ebenfalls mit mindestens 500V Spannungsfestigkeit. Beim Katodenkondensator Ck der PL82 bietet sich heutzutage die Möglichkeit, einen für Digitalschaltungen geeigneten Elko einzusetzen, alternativ könnte es ein Rubycon sein. Soviel zu den Bauteilen.

Und noch etwas: dass eine solche Endstufe mit höchstempfindlichen Lautsprechern zusammengespannt werden sollte, ist bereits gesagt worden. Aber wie sieht es eingangsseitig aus? Es wäre möglich, sie direkt vom regelbaren Ausgang eines CD-Players anzusteuern. Dagegen spricht die verbreitete Erfahrung, dass regelbare CD-Ausgänge meist nicht das Gelbe vom Ei sind. Besser wäre es, einen guten Vorverstärker zu verwenden, mit einer Quellimpedanz von 1kΩ oder geringer. Die Endstufe wird auch höhere Quellimpedanzen wegstecken, es fragt sich nur, ob das dann klanglich höherwertige Geräte sind. Es macht schließlich keinen Sinn, schlechte Äpfel mit guten zu verkochen, denn der dann entstehende Apfelbrei wird dem Genießer nicht zusagen. Vermieden werden sollten die derzeit gerade wieder in Mode gekommenen passiven Linestufen, ihre Ausgangsimpedanzen sind generell zu fragwürdig, oftmals schwankend und/oder zu hoch. Nach meiner unmaßgeblichen Meinung verdient eine gute Linestufe den Vorzug vor allen anderen Lösungen.

– Segschneider –


Nachsatz des Audionisten

So weit die Ausführungen meines Freundes und Mentors Segschneider zu seiner Version einer Endstufe mit PC86 und PL82. Dafür herzlichen Dank!

Exakt die hier beschriebene, höchst musikalische Endstufe ist vor einigen Monaten von mir aufgebaut worden und lässt seither alle vorher von mir gebauten Endstufen in jeglicher Hinsicht weit hinter sich. In Kürze werde ich hier auf audionist.de einen mit vielen nützlichen Hinweisen versehenen, reich bebilderten Bericht über meinen Aufbau veröffentlichen (inzwischen geschehen, siehe Praktischer Aufbau meiner Endstufe mit PL82).

In diesem Zusammenhang darf ich noch einmal auf die grundlegenden Ausführungen zum Thema Netzteil-Konstruktion verweisen. Die hervorragenden Eigenschaften dieser Endstufe stehen und fallen mit der Qualität ihrer Spannungsversorgung.

Stay tuned!
MiMü


Konstruktion eines Röhrenverstärkers mit PL82 – dritter Teil: die Endröhre

Von der ersten zur zweiten Röhre

Zwei Gegenkopplungen an der PC86 schränken die erreichbare Verstärkung natürlich ein. Um das möglichst auszugleichen, wurde ein Arbeitswiderstand von 27 kΩ gewählt, der zu einer Versorgungsspannung von Ub1 = 260V führt. Das wird bei der weiteren Konstruktion zu beachten sein und eine separate Siebkette für diese Röhre erfordern. Das ist die Kröte, die man schlucken muss, wenn man eine solche Röhre in einer hochklassigen Beschaltung verwenden möchte. Andererseits verursacht dieser Nachteil nur Kosten für einige Elkos und Widerstände. Das ist – erst recht für den Hörer! – unbedeutend, wenn die gesamte Auslegung dieses Schaltungselementes so viele andere Forderungen aufnimmt und umsetzt.

Die Endröhre

PL82, verschiedene Hersteller - Foto & © by Michael Münch
PL82, verschiedene Hersteller – Foto & © by Michael Münch

Für die PL82 hat Tom Schlangen dankenswerterweise sehr genaue Triodenkennlinien erarbeitet und veröffentlicht. Der von ihm vorgeschlagene Arbeitspunkt von Ua = 205 Volt bei Ia = 44 mA und -Ug1 = 16 Volt wird hier aufgegriffen. In der veröffentlichten Röhrenliteratur wird üblicherweise ein Ausgangsübertrager gewählt, der das maximale Ausschöpfen der Leistung ermöglicht. Für den Liebhaber eines höchstempfindlichen Lautsprechers ist das freilich weniger sinnvoll, für ihn ist es besser, einen Übertrager mit höherer Impedanz zu wählen, dabei auf etwas Leistung zu verzichten, sich aber im Gegenzug einen verringerten Klirrgrad und eine grössere Linearität einzuhandeln. Um das zu erreichen, wurde ein Ausgangsübertrager mit der Übersetzung von 7kΩ:4Ω gewählt, der abzüglich der Kupferverluste in dieser Schaltung eine Leistung von knapp einem Watt ermöglicht.

PL82, Triodenkennlinien, Quelle: Tom Schlangen (klicken zum Vergrößern!)
PL82, Triodenkennlinien, Quelle: Tom Schlangen (klicken zum Vergrößern!)

Ein erstklassiger Übertrager ist selbstverständlich. Welcher kann das sein? Der, weil erstklassig teuer? Der mit amorphem Kern? Der mit Schnittbandkern, den ich favorisiere? Für den Einsteiger wäre gut geeignet der Typ 53.00U der Firma Reinhöfer, mit M74 Kern ausgestattet und noch im moderaten Preissegment liegend. Diesen Typ sehe ich als Untergrenze eines sinnvollen Aufbaus. Mit ihm kann man einen Eindruck davon bekommen, was diese Endstufe leisten könnte, selbstverständlich bei einer sonstigen erstklassigen Anlage. Will man das volle Potential ausschöpfen, ist man leider auf teurere Ausgangsübertrager angewiesen. Aber Achtung! Es ist wie im wirklichen Leben: nicht alles, was erstklassig teuer ist, ist auch erstklassig gut! Die Übertrager sollten bei einer Lautsprecherimpedanz von 4 oder 5 Ohm in jedem Falle(!) das Übersetzungsverhältnis 7kΩ:4Ω beibehalten! Da die Arbeitspunkte der Röhren, die Gegenkopplung insgesamt und einiges mehr auf dieses Übersetzungsverhältnis abgestimmt sind, würde man die Endstufe grob verfälschen, wenn man das Übersetzungsverhältnis nachträglich abändern würde. Ein Betrieb von Lautsprechern mit einer Impedanz von 8 Ohm ist möglich, wenn man einen Übertrager mit dem Übersetzungsverhältnis 7kΩ:8Ω einsetzt. Der AÜ 53.00U von Reinhöfer bietet diese Möglichkeit, weil er sekundärseitig auf diesen Wert umgeklemmt werden kann.

Ausgangsübertrager der Fa. Reinhöfer, Typ 53.00U, 7kΩ:4Ω, Kern M74
Ausgangsübertrager der Fa. Reinhöfer, Typ 53.00U, 7kΩ:4Ω, Kern M74

Über das Zusammenspiel von Endröhre und Übertrager ist erstaunlich wenig geschrieben worden, und einiges Veröffentlichte ist schlicht hanebüchen. Das kann und soll hier nicht näher ausgeführt werden. Ein Punkt verdient freilich Beachtung. Es ist die Frage, wieviel Kupferwiderstand der richtige, der geeignetste Übertrager haben sollte. Der physikalische Übertrager präsentiert uns eine Theorie ohne Kupferwiderstand. Das erklärt uns einiges von dem, was ein Übertrager tut, bestechend einfach. Es ist nur so leider nicht baubar. Aber dieser Ausgangsübertrager hat viele Anhänger: alle jene Konstrukteure, die einen möglichst geringen Wicklungswiderstand, hundert Ohm oder weniger, für sinnvoll halten und in ihre Geräte hineinkonstruieren.

grundsätzliche Beschaltung der Endröhre
grundsätzliche Beschaltung der Endröhre

Der technisch real baubare Ausgangsübertrager hingegen sollte einen nicht zu geringen Kupferwiderstand haben, und ja, ein höherer Wert als hundert Ohm ist sehr sinnvoll. Der Grund dafür ist simpel: eine Induktivität (unser Übertrager), die mit einer Kapazität (dem letzten Speisekondensator der Hochspannungsversorgung, gleichgültig, wie die im einzelnen beschaffen ist) zusammengeschaltet wird, bildet einen Schwingkreis (da sie in Reihe liegen, also einen Reihenschwingkreis) und der Schwingkreis hat eine Resonanz. Diese Resonanz steht jeder unverfälschten Signalwiedergabe im Wege. Und nur der Kupferwiderstand der Primärwicklung, alternativ noch ein zwischen Übertrager und Anode eingefügter Widerstand Rx, dämpft diesen Schwingkreis. Der Reinhöfersche Typ 53.00U hat einen Kupferwiderstand von Rcu = 500 Ohm. Sofern ein anderer Übertrager gewählt wird, muss(!) dieser Widerstand wieder hergestellt werden, gegebenenfalls durch Einfügen eines Widerstandes derart, dass Rx + Rcu = 500Ω wiederum gegeben ist! Das ist elementar wichtig, wenn die konstruktiv bestimmte gute Dämpfung des Schwingkreises erhalten bleiben soll. Da ein Widerstand von 500Ω bezogen auf den durch ihn fließenden Gleichstrom einen Spannungsabfall von U = Rcu x Ia = 22V verursacht, ist es auch um die korrekte Anodenspannung zu gewährleisten notwendig, diesen Spannungsabfall selbst bei einem anderen Übertrager beizubehalten. Bei Nichtbeachtung dieses Zusammenhangs würden sich die gewählten Strom- und Spannungswerte an der Endröhre verschieben, und dann bestünde akute Lebensgefahr für die PL82, weil sie sehr viel mehr Gleichstromleistung nicht verträgt!

Ein letztes Wort zum Ausgangsübertrager. Die Kerngrösse M74 ist für die Leistung von einem Watt mehr als ausreichend. Ein SM65 würde es ohne klangliche Einbussen ebenfalls tun. So eröffnet sich die Möglichkeit, den Aufpreis des SM-Kernes ein wenig aufzufangen. Zu einem grösseren Kern zu wechseln, spült dem Verkäufer desselben mehr Geld in die Kasse, dem Musikhörer beschert es weder mehr Tiefton noch mehr Musikgenuss. Diese unnötige Geldausgabe sollte man sich ersparen und stattdessen lieber in einen hochwertigen Übertrager investieren. Davon hat der Musikhörer etwas, nämlich mehr Genuss!

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– Segschneider –

Konstruktion eines Röhrenverstärkers mit PL82 – zweiter Teil: die Vorröhre

Ein Watt für Musikhörer

Mit der Leistung von 1 Watt ist man auf höchstempfindliche Schallwandler festgelegt. Es gibt sie in alt – oftmals aus Radios der fünfziger Jahre – und neu, und leidenschaftliche Hörer bevorzugen sie vielfach. Mit einem Watt kann man diese Chassis bereits auf Lautstärken bringen, die man seinen Ohren nicht dauerhaft antun sollte. Und – selbstverständlich! – sprechen wir von Triode und Single-Ended-Schaltungen.

PL82-Endstufe, Bild 1
Grundschaltung einer Trioden-Vorstufe

Täglich die Schraube neu zu erfinden macht wenig Sinn. Genauso ist es bei der Röhrenauswahl: exotische Typen zu ebensolchen Preisen sollen weiterhin die Bastler erfreuen, dem Musikhörer sind Röhren wichtig, die in guter alter Qualität – und mit den „großen“ Markennamen! – noch zu erhalten sind. Wenn es sie (noch) zu zivilen Preisen gibt, umso besser. Eine solche Kombination von Treiber- und Endröhre ist schon einmal vorgestellt worden: PC86 und PL82 (Gysemberg & Wilimzig „Höchst empfindlich“). Kein Grund, sie nicht zu verwenden, zumal diese Röhren bis heute zu erwerben sind. Wer das genannte Buch aufmerksam liest, stellt freilich rasch fest, dass es um Denkanstöße und leichte Nachvollziehbarkeit geht – die dortige P-Röhren-Endstufe ist ein Projekt eher für Einsteiger. Einfachheit und Nachbausicherheit bestimmen augenscheinlich die Konzeption. Aus der Sicht eines musikorientierten Hörers betrachtet geht es freilich eher darum, das klangliche Potential einer Röhrenkombination auszuschöpfen. Dazu werden nachfolgend einige Gedanken vorgestellt, die – generell gesehen – auch für die eine oder andere hochwertige Schaltung gelten würden.

Treiberröhre PC86, verschiedene Hersteller - Foto & © by Michael Münch
Treiberröhre PC86, verschiedene Hersteller – Foto & © by Michael Münch

Die Treiberröhre

Eine erstklassige Endstufe ist ohne Gegenkopplung nicht realisierbar. Das ließe sich begründen, aber die Begründung würde eine ganzes Buch füllen. Wer Gegenkopplung ablehnt, sollte schleunigst zu lesen aufhören, er ist hier in der falschen Kirche. Die Profis der fünfziger Jahre – siehe dazu beispielsweise die Rundfunkverstärker V73 und V69 – bevorzugten eine Spannungsgegenkopplung von der Anode der Endröhre – hier der PL82 – zur Katode der Treiberröhre. Diese Art der Gegenkopplung wollen wir im weiteren Verlauf „Profi-Gegenkopplung“ nennen:

PL82-Endstufe, Bild 2
Profi-Spannungsgegenkopplung von der Anode der End­röhre auf die Katode der Treiberröhre

Unsere PC86 muss einen Katodenwiderstand haben, der nicht mit einem Kondensator wechselstrommäßig gebrückt und damit kurzgeschlossen ist. Um eine Spannungsgegenkopplung zu realisieren, die aus akzeptabel großen Widerständen aufgebaut ist, sollte der Katodenwiderstand ebenfalls möglichst groß sein. Man könnte ihn beliebig groß machen, wenn vom Hersteller der Röhre nicht bestimmte Maximalwerte für die Gitterspannung vorgegeben beziehungsweise hineinkonstruiert worden wären. Kleiner Exkurs: da diese Gegenkopplung parallel zur Endröhre und damit zugleich parallel zum Ausgangsübertrager liegt, sollte der gegenkoppelnde Widerstand Rgk2 unbedingt so groß gemacht werden, dass er keine Leistungsverluste verursacht. In erster Näherung ist das gegeben, wenn er mindestens zehnmal größer ist als der Nennwert der Impedanz des Ausgangsübertragers – und zwanzig- oder dreißigmal größer wäre besser, obwohl das nicht immer erreichbar ist.

Rein sachlich gesehen ist die PC86 eine UHF- (ultra hohe Frequenzen) und fernsehtaugliche Röhre mit einer hohen Leerlaufverstärkung. Der Systemkörper in der Röhre ist klein, um die bei höchsten Frequenzen durch die kapazitiven Effekte des Systemkörpers (je grösser die Flächen, desto größer die Kapazitäten) auftretende Einschränkung des Frequenzbandes gering zu halten. Ein kleines System begründet aber eine Neigung zu relativ großen Streuungen in der Produktion.
Streuungen und dadurch bedingte Abweichungen in der Verstärkung sind jedoch Gift für eine hochwertige Konstruktion; deshalb soll diese Röhre mit einer zweiten Gegenkopplung möglichst punktgenau zu einer definierten Verstärkung gebracht werden. Die erste, eine Stromgegenkopplung, wird gebildet vom Arbeitswiderstand Ra und dem nicht gebrückten Katodenwiderstand Rk1:

PL82-Endstufe, Bild 3
Strom-Gegenkopplung der Vor­röhre mit Fuß­punkt Gk der Profi-Spannungsgegenkopplung
PL82-Endstufe, Bild 4
zusätz­li­che Spannungs-Gegenkopplung von der Anode der Vor­röhre auf ihr Gitter

Für die zweite GK wird der Widerstand Rgk1 von der Anode zum Gitter der PC86 geführt. Damit keine Veränderung der Gitterspannung durch diese Gegenkopplungsschleife stattfindet, wird die Gleichspannung mit dem Kondensator Cgk1 abgeblockt; ferner wird der Gitterwiderstand der Röhre aufgeteilt in Rg1 und Rg2. Bei diesem Splitting liegt der (zwingend notwendige!) Vorverstärker nur noch parallel zu Rg1 und kann so mit seiner vorzugsweise kleinen Quellimpedanz auch nur den Anteil Rg1 „kurzschließen“. Durch die Zweiteilung des Gitterwiderstandes kann die Spannungsgegenkopplung auf den Widerstand Rg2 greifen, der so ausgelegt ist, dass er groß gegenüber der Quellimpedanz des Vorverstärkers ist und von dieser nicht geändert werden kann. Diese Spannungsgegenkopplung wäre ohne diese Maßnahmen recht heikel, weil stark von der Quellimpedanz des signalgebenden Vorverstärkers beeinflussbar, arbeitet jedoch in der gezeigten Form zuverlässig und stabil – sogar dann, wenn der Vorverstärker eine unüblich hohe Quellimpedanz haben sollte.

UHF-Röhren sollen typischerweise mit hohem Strom laufen. Um das zu erreichen, werden teilweise extrem aufwändige Trickschaltungen vorgeschrieben (wie man zum Beispiel am Datenblatt der D3a sehr schön sehen kann). Da sie aber gleichzeitig nur eine geringe Gitterspannung vertragen, liegt hier ein Problem. In der bereits veröffentlichten Endstufenschaltung (siehe „Höchst Empfindlich“) wird deshalb die PC86 lediglich mit circa 2 Milliampere Strom „gefahren“. Auch das ist bereits deutlich mehr als in vielen HiFi- Schaltungen, in denen ECC81 oder ECC83 mit 0,6 bis 0,8 Milliampere vor sich hinblubbern. Um mehr Strom durch die PC86 fließen zu lassen und die Röhre in der vorliegenden Schaltung näher an ihr eigentliches Arbeitsfeld heranzuführen, wurde hier ein Strom von 4 Milliampere gewählt, der mit einer größeren Steilheit und einem geringeren Innenwiderstand der Röhre einhergeht. Zusammen mit dem Katodenwiderstand von 390 Ohm führt er zu einer Gitterspannung von -1,6 Volt, sehr viel höher sollte man bei einer solchen Röhre nicht gehen.

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– Segschneider –

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