GRANDE
Drei Triodenwatt für Liebhaber – #2

von Michael Münch und Segschneider

GRANDE - nun mit Ringkern-Netztrafo
GRANDE – nun mit Ringkern-Netztrafo

Die Schaltung

Stromversorgung

Mit der Suche nach einem Trafowickler, der uns einen auf unser Projekt maßgeschneiderten Netztrafo mit M-Kern und mittelangezapfter Sekundärwicklung für Zweiwege-Gleichrichtung rechnet und macht, taten wir uns schwerer, als wir es uns ohnehin vorgestellt hatten. Uns war klar: es gibt heute nur noch wenige Firmen – oder genauer gesagt: wenige Menschen -, die dieses Handwerk von Grund auf beherrschen. Und die, die es können, sprechen offenbar eine andere Sprache als wir Amateure. Diese Sprachbarriere, mit der wir zunächst nicht gerechnet hatten, bescherte uns im Laufe der Zeit drei nur bedingt einsetzbare Prototypen, die man keinem empfehlen kann, der unser Projekt nachbauen will.

Wohlmeinende Freunde rieten uns daraufhin, über den Einsatz eines Ringkerntrafos nachzudenken. Björn rechnete ihn für uns und die Firma RONDO Müller hat ihn gewickelt. Das war der Durchbruch!

Schaltbild des GRANDE - Netzteils
Schaltbild des GRANDE – Netzteils – zum Vergrößern anklicken!

Dieser Trafo speist nach Gleichrichtung eine klassische Siebkette. Wer höhere Leistung will, muss höhere Spannungen und Ströme bereitstellen. An diesem grundlegenden Zusammenhang führt kein Weg vorbei. Deshalb werden 450-Volt-Typen als Elkos eingesetzt, in einer Größe von 470µF. Wir hatten Glück und konnten  einen Sonderposten solcher Kondensatoren zu einem sehr bescheidenen Preis abgreifen. Deshalb als kleiner Einkaufstipp: es lohnt sich manchmal, nicht nur nach der passenden Anzahl Ausschau zu halten, sondern durchaus auch den Einkauf einer etwas größeren Menge zu erwägen. Die überzähligen Exemplare können entweder beim nächsten Projekt verwendet oder an Audiofreunde abgegeben werden.

Bereits in vorangegangenen Veröffentlichungen hatten wir darauf hingewiesen, dass die Zusammenschaltung des letzten Siebkondensators mit dem Ausgangsübertrager einen Serienschwingkreis bildet und dass man freundlicherweise etwas dagegen tun sollte (siehe: Resonanzverhältnisse). Bei Kleinleistungsendstufen hat man es diesbezüglich einfach, man kann den dämpfenden Widerstand Rd (gebildet aus dem Kupferwiderstand der primären Trafowicklung, hier 150 Ohm, und dem zugeschalteten Widerstand, hier 82 Ohm) erhöhen und den dadurch eintretenden Leistungsverlust hinnehmen. Möchte man hingegen eine größere Leistung, geht das so nicht. Deshalb setzen wir, verglichen mit der PL82-Endstufe, einen geringeren Dämpfungswiderstand ein und verwenden mehrere 470µF-Elkos als letztes Siebglied, so dass ebenfalls eine gute Dämpfung des Schwingkreises erreicht wird. Zugleich wird eine stabile Versorgung mit Gleichstrom erreicht, denn 4 x 470µF als letzter Elko, das schafft schon einen soliden Puffer gegen Schwankungen.

Wie man generell die passenden Werte für einen solchen Aufbau errechnet, ist auf diesen Seiten bereits vorgestellt worden (siehe: Netzteil mit RC-Siebung für einen Röhrenverstärker). Wir möchten es an dieser Stelle nicht wiederholen. Wer sich dafür interessiert oder unseren Aufbau nachrechnen mag, kann das leicht nachschlagen.

Audioschaltung

das Schaltbild des GRANDE
das Schaltbild des GRANDE – zum Vergrößern anklicken

Die Firma Mullard schlägt in ihren alten Unterlagen eine Triodeneinstellung von 250V und 70mA vor. Das hätte sich mit unseren primären 3,0kOhm Impedanz des Ogonowski-Übertragers nicht so gematched, dass volle 3 Watt Ausgangsleistung entstanden wären. Deshalb haben wir den Arbeitspunkt leicht angehoben auf 80mA (maximal 100mA) und 280 Volt. In beidem verdaut eine (klassische, wir reden nicht von Chinakrachern) EL34 deutlich mehr, die Maximalwerte schöpfen wir damit nicht aus. Auch mit der Verlustleistung von 22,8 Watt bewegen wir uns noch im maßvollen Bereich – Mullard nennt 30 Watt maximal, sofern 500 Volt an der Anode nicht überschritten werden. Diese Einstellung gewährt uns hohe Linearität und lässt zugleich eine angenehme Lebensdauer erwarten.

Die treibende Röhre wurde ebenfalls auf diesen Seiten schon vorgestellt. Es ist eine 5654 oder eine ihrer Varianten. Für Neueinsteiger ist wiederum erwähnenswert, dass es diese Röhre aus alter russischer Fertigung als 6Zh1P-EV, russisch 6Ж1П-ЕВ (noch) recht preiswert gibt. Und es existiert eine Fülle von Varianten, die eine weitgehende Anpassung an die individuellen Hörgewohnheiten erlaubt. Zu den klanglich hochwertigen gehören zum Beispiel die WE403B, die seltene Armeeversion RCA 5654 command – nicht zu verwechseln mit der ordinären Militärausgabe RCA 6AK5W mit military-Stempel, die schwedische Ericsson 5591, die Mullard M8100 und und und. Mit anderen Worten: dem tuberolling, wie die englisch sprechende community das nennt, sind kaum Grenzen gesetzt.

Die besondere Beschaltung der ersten Röhre, mit einer Spannungsgegenkopplung von der Anode aufs Gitter wurde ebenfalls bereits erläutert (siehe: Treiberröhre). Wer die Vorzüge dieser Beschaltung begründet haben möchte, kann das hier nachlesen. Die gesamte Schaltung ist zweistufig und verwendet die Profi-Gegenkopplung von der Anode der Leistungsröhre zur Kathode der ersten Röhre. Dieser Aufbau hat sich bewährt, wenn man erstklassige klangliche Eigenschaften erreichen will – wir sahen keinen Grund, davon abzuweichen.

Da es vorwiegend um letzteres geht, nämlich die erstklassigen klanglichen Eigenschaften, ist es den Verfassern auch völlig egal, dass die Kombination dieses Röhren-Winzlings mit der vielfach größeren EL34 in den Augen mancher Audiophiler vielleicht eigentümlich ausschaut. Wer mit einem offenen Aufbau des GRANDE liebäugelt, für den ist es vielleicht die Kröte, die er ungern schluckt. Aber optische Gefälligkeiten standen bei dieser Konzeption wirklich nicht im Vordergrund, sondern klangliche. Und klanglich ist dies eine selten gute Kombination mit großem Gestaltungspotential.

Triodisierung

Die EL34 gehört zu den selteneren Pentoden, bei denen das dritte Gitter nicht mit der Kathode fest verbunden ist, sondern separat herausgeführt wird. Damit bietet sich die Möglichkeit, sie auf drei unterschiedliche Arten zu triodisieren.

Nummer eins ist als bekannter Standard in der Szene weit verbreitet.

Triodisierung 1
Triodisierung 1

Dabei wird die Kathode mit dem dritten Gitter verbunden und das zweite Gitter über einen 100 Ohm-Widerstand an die Anode angeschlossen. Diese Methode gilt als narrensicher und hat den Ruf, immer zuverlässig zu funktionieren.

Nummer zwei geht einen anderen Weg, der auch in den Unterlagen der einen oder anderen Profi-Röhre vorgeschlagen wird. Auch diese Methode gilt als ein altbewährtes Verfahren.

Triodisierung 2
Triodisierung 2

Hier werden sowohl zweites als auch drittes Gitter mit der Anode ohne zwischengeschaltete Widerstände verbunden, damit entsteht quasi eine dreiteilige Anode. Diese Version wurde zum Beispiel für die Poströhre C3m in den Unterlagen von Siemens vorgeschlagen.

Schließlich kommt aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine etwas neuere Variante. Dabei wird das zweite Gitter (wie in Variante eins) über einen 100 Ohm-Widerstand mit der Anode verbunden, wohingegen das dritte Gitter über einen 100 nF-Kondensator, Spannungsfestigkeit mindestens 400V, besser 500V, auf die Kathode gelegt wird.

Triodisierung 3
Triodisierung 3

Diese Art der Triodisierung hat Segschneider in einer Schaltung eingesetzt, die eine geringere Leistung abgibt und die obengenannten Mullard-Arbeitspunkte verwendet (250 v Anodenspannung und 70 mA Strom) und war von den klanglichen Resultaten angetan, nachdem er zuvor Variante eins gehört hatte. Mit diesen drei Varianten hat der Anwender die Möglichkeit, eine Feinabstimmung dieses Entwurfs nach seinen Vorstellungen zu erzielen – und selbstverständlich auch nach seinen Hörgewohnheiten.

Denjenigen, die sich eingehender über die Triodisierung von Pentoden informieren möchten, bieten wir hier als Download das Manuskript eines Vortrages an, den Tom Schlangen 2006 im Rahmen des European Triode Festival gehalten hat: Pentodes connected as Triodes. Wir bedanken uns bei Tom Schlangen für die freundliche Genehmigung!

– wird fortgesetzt –

GRANDE
Drei Triodenwatt für Liebhaber – #1

von Michael Münch und Segschneider

Intro

der GRANDE im noch unverkabelten Rohbau
der GRANDE im noch unverkabelten Rohbau

Gibt es ein Leben nach der 2A3? Wir meinen: ja. International wird die Szene der etwas leistungsstärkeren Liebhaber-Endstufen von der 2A3 beherrscht. Einer Röhre, von der Joe Roberts einmal sagte, er habe noch nie eine schlecht klingende 2A3-Endstufe gehört. Und wir unterstellen mal, dass Joe Roberts es nicht an den Ohren hat, sondern durchaus weiß, wovon er spricht. Dennoch gibt es einige Einwände gegen diese Direktgeheizte. Die Zahl der Nachbauten ist kaum noch zu übersehen, die guten alten Exemplare der 2A3 sind verschwunden oder sch…-teuer, wie die neuen sind, weiß niemand so recht – auch Joe Roberts hört lieber die guten alten, und die Zahl der Nachbauten steigt und steigt. Entsprechen sie wirklich alle den Qualitätsgeräten, von denen der gute Joe sprach?

aus: SOUND PRACTICES - Issue 15
aus: SOUND PRACTICES – Issue 15

Klanglich gibt es ebenfalls das eine oder andere zu sagen. Die klassischen 2A3s tönen angenehm, mit einer Tendenz zum Warmen, einer Tendenz, die in vielen Anlagen eventuell vorhandene Fehler gnädig überdeckt. Die Sopranistin mutiert ein wenig zur Mezzosopranistin. Als nachteilig kann empfunden werden, dass Milva dann gelegentlich Damenbass singt, aber so pingelig, diesen Lapsus in die Beurteilung einzubeziehen, so pingelig muss man ja nicht sein. Und – falls man eine nicht so gelungene Anlage hat – was wäre gegen ein wenig Schönfärberei einzuwenden? Wenn dagegen die eigene Anlage bereits ein gewisses Niveau erklommen hat, was dann? Wenn der Wunsch nach klassischer Musik, nach differenziert wiedergegebener Musik besteht, wie dann? Klassische Musik stellt Forderungen an die Wiedergabe. Die ersten wollen von den zweiten Geigen unterschieden werden, der Sologeiger soll vor beiden deutlich differenziert stehen, die unterschiedlichen Spielweisen diverser Solisten – allesamt im Bereich Fein- und Feinstdifferenzierung gelegen – wollen erhört werden, kurzum, es kann eigentlich nicht genug Differenzierung geben. Darüberhinaus feine und feinste Abstufungen in der Dynamik, im Ton der diversen Instrumente und so weiter. Und die Endstufe soll all das liefern.

Und genau so sollte eine Endstufe beschaffen sein, die das Leben nach der 2A3 ermöglicht. Schnell, differenziert, ausgewogen, feinsinnig, und zu jeder Sorte Musik aufgelegt. Ein Klassiker eben. Ein solches Projekt gehen wir hier an. Es wurde eine spannende Arbeit, die uns Einiges abverlangt hat.

Erwartungen

An dieser Stelle sind bereits einige Endstufen vorgestellt worden. Unsere Neigung, noch so eine, vielleicht mit anderen Röhren vorzustellen, war gedämpft. Denn es geht uns nicht anders als vielen Audiophilen: dasselbe noch einmal, nur ein bisschen anders – wer will das schon dauernd. So entstand, zunächst als Frage im Kopf, der Gedanke, ob man höhere Leistung und gesteigertes klangliches Potential denn überhaupt zugleich erreichen könne. Fragen wir den Verkaufskünstler, dann ist das überhaupt kein Thema und die Produkte seiner Firma schwingen sich täglich von Höhenflug zu Höhenflug. Die Realität ist freilich ein wenig anders. In der rauhen Wirklichkeit kann sich eine gut gebaute 2A3 seit mehreren Jahrzehnten behaupten, da hat Joe Roberts schon recht.

Im weiteren Nachsinnen wurde deutlich, dass bessere als die hier vorgestellten Lösungen nur zu erreichen sind, wenn die klangbestimmenden Bauteile festgelegt werden. Solche Festlegung kann sich sehr rasch zu einem Korsett entwickeln, in das ein Nachbauer sich eingepfercht vorkommt, vor allem dann, wenn sehr spezielle und sehr teure Bauteile vorgeschrieben werden. Bereits beim Ausgangsübertrager kann für zwei Stück leicht ein vierstelliger Betrag aufgerufen werden, bei Endröhren wäre das gleichermaßen möglich, wenn wir in die Richtung 2A3 oder 300B gedacht hätten. Mit anderen Worten: die Suche entwickelte sich quasi von selbst zu der Frage, welche exzellenten Bauteile denn noch preisgünstig zu haben wären. Möglicherweise werden sie nicht mehr allzu lange preisgünstig sein, wenn dieser Artikel erst einmal erschienen ist. Aber dagegen lässt sich nichts tun, außer den Mund halten, und wer den Mund halten will, kann nichts mehr veröffentlichen. Wir entschieden uns fürs Veröffentlichen.

Bau und Nachbau

die Ausgangsübertrager LO SE25-3 von Leszek Ogonowski
die Ausgangsübertrager LO SE25-3 von Leszek Ogonowski

Ein kardinales Bauteil einer Röhrenendstufe ist und bleibt der Ausgangsübertrager. Und da ist die Wahl einfach. Es gibt keinen AÜ, der in Sachen Gegenwert fürs Geld und gleichzeitig in Sachen vorzüglicher Ausführung einen Ogonowski schlagen könnte. In beiden Dimensionen setzt dieser immer noch viel zu unbekannte polnische Zauberkünstler die Maßstäbe. Wer einmal einen Schnittbandkern a la Ogo in der Hand gehalten hat, weiß Bescheid. Leszek Ogonowski fertigt auch Übertrager nach Wunsch. Um aber eine schnelle Verfügbarkeit zu haben und um unumgängliche Aufpreise für Maßarbeit zu vermeiden, kam nur ein Serienprodukt in Frage. Der ausgewählte Wickel im SM102b-Kern hat primär einen Nominalwert von 3,0 kOhm, sekundärseitig bietet er 4 und 8 Ohm und ist damit für viele alte und neue Lautsprecher verwendbar. Der große Kern könnte erheblich mehr Leistung übertragen, als wir hier erstreben. Und, das haben wir bitter an dicken Brummern anderer Hersteller erfahren müssen: groß bedeutet nicht unbedingt auch großer Klang, wenn nur kleine Leistungen – die leisen Stellen in der Musik! – übertragen werden sollen. Aber der Ogo brilliert auch in dieser schwierigen Disziplin. Davon hatten wir uns schon zuvor bei einem Hörvergleich an einer PL82-Endstufe überzeugt. Wiewohl ein wuchtiger SM102b nicht gerade die erste Wahl ist, wenn nur 44mA Gleichstrom durch den Trafo fließen – da würde schon ein SM74 genügen -, bewältigt der große Ogo auch eine solche Aufgabe mit Bravour und sogar besser als ein kleiner und uns als gutklingend bekannter Konkurrent. Ogonowski LO SE25-3 also, weil in mehreren Disziplinen unschlagbar gut.

Der einzig verfügbare Nominalwert von 3,0 kOhm musste bei der Wahl der Endröhre selbstverständlich berücksichtigt werden. Eine triodisierte EL34 kommt damit gut zurecht. Dass dies eine Röhre mit besonderen Qualitäten ist, kann und konnte jedermann in Jogis Röhrenbude nachlesen. Unsere eigenen Erfahrungen sind ebenfalls positiv. Aber – das ist der Wermutstropfen – bitte nicht mit jeder EL34! Wir sprechen ausdrücklich nicht von all den neueren Nachfertigungen, sondern nur von zwei alten Exemplaren. Numero eins ist die von RFT gefertigte Version, auch als RSD erhältlich, letzteres war die für den Außenhandel der ehemaligen DDR bestimmte Variante. Numero zwei ist die von TESLA bis Anfang der 80er Jahre gefertigte Version.

Die EL34 von RFT (RSD) - Anodenbleche
Diese EL34 von RFT (RSD) weist gecrimpte Anodenbleche mit 2×4 Löchern sowie zwei breiten Schlitzen (ca. 1,75x5mm) in 12mm Abstand auf.

Anodenbleche EL34 TESLA
Die EL34 von TESLA weist mit 2×5 Punkten geschweißte Anodenbleche auf, die mit zwei schmalen Schlitzen (ca. 6x1mm) in 8mm Abstand versehen sind.
zum Vergrößern anklicken!

Die EL34 von RFT (RSD) verfügt über ein scheibenförmiges Getter.
Die EL34 von RFT (RSD) mit scheibenförmigem Getter

EL34 TESLA - Blick aufs Getter
Die EL34 von TESLA mit doppeltem Ring-Getter
EL34 von RFT sind über einen langen Zeitraum und nicht nur an einer Produktionsstätte gefertigt worden. Daher unterscheiden sie sich in kleinen Details. Es gibt sie mit Scheibengetter und mit Ringgetter, mit hohem Sockelkragen und mit flachem Sockelkragen (spätere Ausführung).

Kleiner Einschub. Bevor jetzt Anfragen kommen, möchten wir klarstellen, dass wir eine RFT bzw. RSD auch ohne Aufdruck identifizieren können. Nicht aber jene, von außen nicht unterscheidbare Produktionslinie, die wegen übergroßer Katodenbeschichtung fast ewig halten soll – Jochen Gittel sprach davon.

Dass es extrem langlebige Röhren tatsächlich gegeben hat, nicht nur bei der EL34, und dass das kein Röhrenlatein ist, das wurde auch anderweitig bezeugt. In den VALVO-Archiven zum Beispiel schlummert ein Schreiben der Post, damals noch Bundespost, die der Firma VALVO eine C3m-Röhre nach 122.424 Stunden (sic!) Laufzeit zurücksandte, damit VALVO sich diese Röhren noch einmal anschauen kann. Denn die rückgesendete Röhre hatte immer noch Nennwerte!

C3m - Lebensdauer
C3m – Lebensdauer

Das sind für den Röhrenfreund heutzutage nur noch wunderschöne Träume – leider.

Und ja, wenn das HiFi-Portemonnaie gerade allzu prall sein sollte, dann kann man in diese Endstufe auch die wunderbaren alten Philips mit Metallsockel oder Mullard Xf2-Röhren stecken. Sie sind leicht zu erkennen, es sind die begehrtesten und teuersten Exemplare, weil sich ihr Ruf herumgesprochen hat. Mit Preisen, die als echte Beziehungskiller gelten müssen. Wir möchten davon keineswegs abraten, glauben aber, dass bereits mit den beiden erstgenannten Röhren, für die zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung gelegentlich unter Hundert Euro das Pärchen aufgerufen werden, klangliche Qualitäten zu erwarten sind, die für sich sprechen.

Stillleben mit paper in oil-Kondensatoren (PIO) aus Beständen der ehemaligen Sowjetarmee. Vorn ein 1µF/630V-Typ
Stillleben mit paper in oil-Kondensatoren (PIO) aus Beständen der ehemaligen Sowjetarmee. Vorn ein 1µF/630V-Typ

Ein Bauteil, das wir generell festlegen, sind die Gleichstrom blockierenden Kondensatoren in der Schaltung. Es sollten Ölpapiertypen sein, man kann sie – noch – preiswert aus alter russischer Fertigung erhalten, oder von einer jener audiophilen Firmen beziehen, die wunderbare Preise bieten und wunderbaren Klang versprechen. As you like it!

– wird fortgesetzt –

GRANDE
Drei Triodenwatt für Liebhaber – Prolog

von Michael Münch und Segschneider

Das ist der GRANDE …

GRANDE - Drei Watt aus einer als Triode geschalteten Endpentode
GRANDE – Drei Watt aus einer als Triode geschalteten Endpentode

… und so klingt er:

Wir sprechen vom Klang. Und der ist das Beste an dieser Endstufe. Gegenüber einer PL82 ergeben sich ein Mehr an Feinzeichnung, an Differenzierung, an Dynamik und – für uns nicht das Wichtigste, aber für manche Audiophile ein Muss – ein Zuwachs an Kraft und Druck bei tiefen Tönen. Wir haben das zunächst an Lautsprechern vom Typ ALTEC Santana verifiziert, die sich in einem durchschnittlichen Wohnraum durchaus zu gehobener Zimmerlautstärke treiben lassen, ohne dass der GRANDE an eine Schmerzgrenze kommt. Für Qualitäten wie Feinzeichnung, kleine und kleinste Abstufungen in der Dynamik sowie für tonale Abstufungen ist der SABA freilich ein nochmals aussagefähigerer Testkandidat. Auch mit diesem Meister der leisen und feinen Töne harmoniert der GRANDE wunderbar, sogar in dieser Kombination ist er unserer PL82-Endstufe überlegen. Und, kritische Leser mögen uns dies Eigenlob verzeihen, wir haben keineswegs die schlechtest gebaute PL82-Endstufe zur Verfügung. Mehr wollten wir nicht erreichen.

Segschneider

Projektbeschreibung

In unserer sehr detaillierten Projektbeschreibung wird alles enthalten sein, was man braucht, um dieses Projekt nachzuvollziehen – vorausgesetzt, es liegen Erfahrungen im Umgang mit Röhrenschaltungen und speziell mit den zum Einsatz kommenden hohen Netz-, Wechsel- und Gleichspannungen vor.

Wir haften nicht für Schäden, die durch unsachgemäßes Vorgehen bei einem Nachbau entstehen können!

Wen wir jetzt neugierig gemacht haben, …

… dem raten wir: stay tuned! Ein paar Restarbeiten stehen noch an – sobald die erledigt sind, geht’s los mit der Projektbeschreibung.

Endlich mal was über Lautsprecher!

Altec 420A (hinten) und SABA Permadyn 19-200 5298 U 8 (vorn) - Foto © Michael Münch
Altec 420A (hinten) und SABA Permadyn 19-200 5298 U 8 (vorn) – Foto © Michael Münch

Gelegentlich erreichen den Audionisten Anfragen von Lesern, die mehr zum Thema Lautsprecher wissen wollen:

(…) so klasse die Röhrenendstufen klingen mögen, aber mir fehlen langsam die Beschreibungen der dazu passenden Lautsprecher, um den Kettengedanken zu komplettieren! (…)

(…) Da Du ja den Herren gut zu kennen scheinst, wäre es vielleicht auch mal Wert, ihn nach dem alternativen Lautsprecher Beyma zu fragen, zumal dies Konzept schon einige Jahre zurück liegt! Vielleicht haben sich da auch neue Erkenntnisse ergeben? (…) Allerdings interessiert mich auch Dein Cello Projekt!

(…) Es wäre auch klasse, wenn Sie mal das Geheimnis der Lautsprecher lüften würden.
Womit hören Sie und vor allem Ihre Söhne um mit den Kleinleistungsverstärkern entsprechend zu harmonieren ? Der Saba-Cello-Blog ist ja noch offen. Oder ist es nach wie vor die Siemens Box (…)

Erst neulich beantwortete ich eine solche Anfrage. Ich zitiere mal mich selbst:

(…) wir alle … hören mit Vorliebe mit den grünen Pappen. Das wird sicher auch noch eine Weile so bleiben. Dass ich aber nichts über meine SABA Celli schreibe (ergänzende Anmerkung heute: obwohl ich es im Blog mal angekündigt habe!), hat … Gründe: die haben in den Jahren, die ich sie habe – ich glaube, sie vor sieben oder acht Jahren für 500€ bei e..y erstanden zu haben – technisch gesehen mehrere Häutungen durchgemacht. Das einzige, was noch so ist wie damals, sind die hölzernen Korpi. Alles andere ist ausgetauscht worden gegen Besseres, es gab diverse Modifikationen in Sachen Dämpfung. Die verbessernden Änderungen habe allerdings nicht ich vorgenommen, sondern mein Mentor und Freund Segschneider. Was er da so im Einzelnen gemacht hat, ist allerdings nicht für die Veröffentlichung vorgesehen, jedenfalls derzeit nicht. Bitte erlauben Sie uns also in dieser Sache ein wenig Geheimniskrämerei.

Warum veröffentlichen wir das nicht? Ganz einfach: meine SABA-Gehäuse sind die Kopie der Kopie der Kopie des idealen SABA-Cellos (wenn es das je gegeben hat) und somit – wie hunderte anderer Cello-Nachbauten auch – im Grunde genommen schon wieder Einzelstücke. Um die zu pimpen, braucht es ganz individuelle Maßnahmen, es kommt auf viel Erfahrung, Intuition und zielgerichtetes Probieren an. Der Vorgang ist somit nicht in ein veröffentlichbares Rezept zu packen. Liebe Leser, habt bitte Verständnis dafür, dass Segschneider und ich uns nicht auf solches Glatteis begeben wollen und uns auch die Zeit fehlt, anderen hier praktische Hilfestellung zu geben.

„Sag mal, Segschneider – irgendwas müssen wir den Lesern aber doch mit auf den Weg geben können?“

Eine persönliche Anmerkung von Segschneider in Sachen Lautsprecher

Die Frage, welcher – selbstverständlich höchstempfindliche! – Lautsprecher zu den Verstärkern passt, die im Audionisten so vorgestellt worden sind, und darüber hinaus die Frage, welche Lautsprecher der beteiligte Personenkreis hört, diese Frage ist uns schon mehrfach gestellt worden. Und warum wollen wir uns (derzeit) nicht mit Lautsprechern beschäftigen?

Einige Gründe hat Michael bereits genannt. Darüber hinaus ist nachzutragen, dass ich (zu über 90%) Klassikhörer bin, und ein Lautsprecher wie der meine nur zur Musikwiedergabe all dessen taugt, was mit natürlichen Instrumenten angestellt wird, sei es nun die Stimme von Diana Krall, die ich hier mal zu den Instrumenten der Natur zähle, oder sei es klassischer Jazz. Das ist, man muss das so deutlich sagen, eine massive Einschränkung. Alle Breitbänder haben bestimmte Begrenzungen, und ich empfehle jedem, der mit diesem Thema nicht voll vertraut ist, die exzellenten Anmerkungen von Bob Brines zu studieren. Da seine Seite brinesacoustic.com während der Arbeit an diesem Beitrag aus dem Netz genommen wurde, soll Bob Brines hier zitiert werden:

Bob Brines:
Who Should Use Single Driver Speakers?

Single driver speakers are not for everyone. I want to make this clear at this point, because the last thing I want to do is have a pair of speakers returned as „unsuitable“.

Single driver speakers are most suitable for the more intimate genre and at moderate volume levels. This includes solo voice, small group jazz and 18th century classical and chamber music. For these genre, single driver speakers are superb. You will hear nothing better. They also do classic rock pretty well as long as the volume is kept to reasonable levels. By reasonable, I mean ~80dB at the listening position. (…) Now, if you are into heavy metal or want Mahler symphonies at concert volume, I suggest that you look elsewhere. (…)

© Bob Brines

Bob Brines:
Why Single Driver Speakers?

Single driver speakers have a unique sound. That sound comes from a lack of a conventional crossover. In a two-way speaker, the acoustic phase of each driver rotates in opposite directions around the crossover point. While the combined phase may be correct at the crossover point, away from that point, the phase will be constantly changing. Why is this important? The human ear/brain is designed to locate sounds primarily by phase. We are very sensitive to phase in the 300-3000Hz range. Outside on this range, sound location becomes increasingly difficult, but within this range, if the phasing is messed up, the sound stage lacks precision and depth. A normal two-way speaker has the crossover point in the middle of 1500-2000Hz range, which is smack in the middle of the frequency band where humans are most sensitive to phase changes. By not having a crossover and the attendant phase problems, a single driver speaker sounds much more natural.

A good single driver speaker is more articulate and detailed in the bass and midrange than a multi-way speaker. Because the driver in a single driver speaker must work up to 10kHz and beyond, the cone is much lighter than the cone of a comparably sized driver in a multi-way speaker that is crossed out by 2kHz. Less cone mass means faster response to the electrical signal and better transient response. The lighter cones also promote higher efficiency. (…)

© Bob Brines

Breitbänder sind für Leisehörer, also für einen Personenkreis, der sich auf Spitzenpegel von 85 bis allermaximalst 90dB beschränken kann und daran Freude hat. Nebenbei bemerkt ist das auch das Schonendste für die Ohren, die bei andauernd höheren Pegeln zu leiden beginnen.

Was tun, wenn man diese Einschränkungen nicht akzeptieren möchte? Nun, dann beginnt eine – hoffentlich nicht allzu lange – Suche nach den seltenen Gerätschaften, die Höchstempfindlichkeit mit großen Chassis vereinen. Prototypisch sei der Altec 604 genannt, aber es gibt auch andere. An dieser Stelle soll auf einen Audionisten-Beitrag hingewiesen werden, der über Erfahrungen aus dem Vergleich Altec 604-8H-III vs. Altec 420A (Altec Santana) berichtet.

Altec-Schwestern: links die Altec Santana mit dem 420A-Chassis, rechts ein Altec 604-8H-III in einem DIY-Bassreflex-Gehäuse - Foto © Michael Münch
Altec-Schwestern: links die Altec Santana mit dem 420A-Chassis, rechts ein Altec 604-8H-III in einem DIY-Bassreflex-Gehäuse – Foto © Michael Münch

Recht verbreitet sind Konzepte, die einen 20er Breitbänder mit einem großen, meist 38er Chassis kombinieren und je nach verwendeten Chassis den Weichenpunkt so um die 300 Hz legen – weithin bekannt geworden in der Szene ist der Entwurf von Visaton. Nelson Pass, ein gestandener Breitbandfan, hat der amerikanischen Szene eine vergleichbare Lösung vorgestellt, welche die astronomisch teuren Feastrex Chassis einsetzt. Auch in Europa sind derartige Lösungen in letzter Zeit verbreitet worden, so z.B. von Troels Gravesen, so von Hans Kortenbach, so aber auch von der Selbstbauerszene, die sich nicht scheut, alte Radiochassis wie den Saba mit geeigneten Tieftönern zu vereinen. Entsprechende Projekte sind im Internet leicht zu finden.

Kommen wir zurück zur Frage, was man als Fullranger oder Breitbandchassis denn heutzutage wählen könnte. Wer meine oben erwähnten Vorlieben teilt, kann gerne zum Saba greifen, so wie ich das getan habe. Leider werden diese historischen Schallwandler so langsam seltener, das Angebot verengt sich. Aber als voll geeigneten Lautsprecher kann man einer breiteren Allgemeinheit solch ein Konzept kaum andienen. Nicht jeder ist Klassikhörer.

Schauen wir zuerst auf die Internetseiten eines Mannes, der sich dieser Thematik mit Leidenschaft und Hingabe verschrieben hat, Kevin Davis (glowinthedarkaudio.com). Der Schallwandler, der die höchste Empfehlung von ihm erhält, ist ebenfalls ein alter: Supravox 215 RTF 64 ohne Hochtonkegel. Er ist, Wunder über Wunder, heute noch erhältlich und, noch erstaunlicher, sogar zu einem überraschend akzeptablen Preis. Einziges Manko: es ist ein 8 Ohm Chassis, und es gibt von Supravox keinen passenden Hochtöner.

Ich greife diese Empfehlung deswegen an erster Stelle auf, weil auch andere Sachkundige – die Autoren der Schrift „Höchst empfindlich“ nämlich – einen äußerst positiven Eindruck von diesem Chassis hatten, als sie vor gut zwanzig Jahren die Faktenlage zu ihrem Buch recherchierten. Damals war es freilich schwierig, den Supra überhaupt zu bekommen, wie die Autoren berichten, aber das hat sich glücklicherweise heutzutage gebessert.

Alternativ kämen, wenn man eher rockig-poppige Musik hört, der Tangband W8-1772 oder der Visaton B200 infrage. Fostex – Achtung, jetzt wird’s voll subjektiv – ist eine etwas andere Nummer, und wenn ich aus diesem Sortiment wählen wollte/sollte/müsste, würde ich den Fostex FE 168 Sigma nehmen. Er benötigt keinen zusätzlichen Hochtöner, sollte aber – wiederum voll subjektiv – im backloaded horn betrieben werden. Insofern ist er nicht ganz mit den beiden erstgenannten zu vergleichen. Denn Tangband und Visaton erlauben es dem Betreiber, dem Weg von Kevin Davis zu folgen und sie auf einer offenen Schallwand einzusetzen. Ich würde die Version mit den klappbaren Flügeln wählen, und als Hölzer Birke Multiplex, Pappel, Erle oder Ahorn empfehlen, die jeweils einen etwas unterschiedlichen Charakter des ganzen Lautsprechers ergeben, und dem Anwender damit eine kleine individuelle Anpassung erlauben.

offene Schallwand mit unsymmetrischen klappbaren Seitenflügeln

Wenn eine offene Schallwand sich in den Hörraum einfügt, oder wenn der Hörraum auf die Schallwand hin modifiziert werden kann, dann ist sie mit Sicherheit der Weg, der mit dem Einsatz geringster Mittel große musikalische Freude bereiten kann – diesbezüglich hat Kevin Davis unbedingt recht.

Kevin präsentiert auf seiner sehr informativen und gut fotografierten Website Glow In The Dark Audio eine von ihm für Versuche eingesetzte offene Schallwand, die er liebevoll „TELEFUNKEN Open Baffle“ nennt. Er war so freundlich, ein Foto davon zur Verfügung zu stellen:

"TELEFUNKEN Open Baffle" - Foto mit freundlicher Genehmigung von Kevin Davis, glowinthedarkaudio.com
„TELEFUNKEN Open Baffle“ – Foto mit freundlicher Genehmigung von Kevin Davis, Glow In The Dark Audio

Nach uns vorliegenden Informationen stammt das Konzept von SIEMENS. Hier eine mögliche Dimensionierung:

offene Schallwand nach SIEMENS
offene Schallwand nach SIEMENS

Nicht erwähnt habe ich die 20er Chassis von Phy-HP. Ich würde sie gerne einbeziehen – aber mit welchem Hochtöner? Die wohl eher aus markttechnischen Gründen (wollte man ein Alleinstellungsmerkmal?) gewählte Impedanz von 16 Ohm macht es unmöglich, sich aus vorhandenen alten Radiochassis zu bedienen, denn die haben alle 4 oder 5 Ohm. Am Markt zu erhalten wären Hörnchen (nein, nicht die vom Bäcker) oder magnetostatische Hochtöner, und von beiden bin ich kein Freund. Wer die Hürde des passenden (?) Hochtöners springen kann, findet freilich im Phy-HP ein zwar teures, aber kein schlechtes Chassis. Im Unterschied zum Tangband kann es leise Töne, den ausschwingenden Instrumentenklang, die subtile Frauenstimme recht gut wiedergeben.

Der Supravox 215 RTF 64 benötigt ebenfalls einen Hochtöner. Und bis zum Beweis des Gegenteils würde ich davon ausgehen, dass eine Kombination mit alten Radio-Hochtönern nicht nur möglich ist, sondern auch eine sinnvolle Lösung. Sinnvoll, weil gleich und gleich – Konuslautsprecher mit Papiermembran zu Konuslautsprecher mit Papiermembran – gesellt sich gern. Der RTF 64 hat eine Empfindlichkeit von 97db (!!). Man kann ihn deswegen mit so schnuckeligen kleinen Verstärkern wie beispielsweise dem Darling (nur 0,7 Watt) gut zusammenspannen. Ein Saba-Hochtöner hat, wenn wir den Messungen von Troels Gravesen folgen, im Bereich oberhalb 10 kHz eine Empfindlichkeit von über 100dB. Bei 5 Ohm Impedanz und einem passenden Vorwiderstand kann man diesen Hochtöner – und wahrscheinlich auch die einiger anderer Hersteller – durchaus mit einem 8 Ohm-Chassis zusammenbinden. Apropos WAF: Saba Hochtöner gibt es auch mit schwarzer Membran. Der Rest ist Feinabstimmung – mühselig, aber durchaus zu leisten.

Immer noch bleibt aber die Einschränkung bestehen, dass eine offene Schallwand nicht bei jedermann in den Hörraum passt, um vom WAF mal ganz zu schweigen. Diese letzte Hürde wäre wohl zu überwinden, aber jetzt springe ich voll ins kalte Wasser: das habe ich mit einem RTF 64 noch nie gemacht. Und es wird nicht einfach. Als Kombination bietet sich an, den Supra in ein Gehäuse vom Typ Cello zu stecken, das freilich modifiziert werden sollte.

... auffallend schlicht: die SABA Celli des Audionisten - Foto © Michael Münch
… auffallend schlicht: die SABA Celli des Audionisten – Foto © Michael Münch

Die genaue Grundform des Gehäuses findet der Interessierte bei Troels Gravesen (troelsgravesen.dk/greencones.htm). Einige deutsche Tischlereien fertigen vergleichbare Gehäuse an, auch individuell konfektionierte – Beispiel: Fa. „Holz und Musik“. Sogar ein wenig versierter Selbstbauer, der keine komplexen Holzarbeiten ausführen kann oder mag, könnte zu einem solchen Lautsprecher gelangen.

Was wäre meines Erachtens gegenüber der bei Troels Gravesen gezeigten Form zu ändern? Nun, ich würde – wäre es für mich – die Öffnungen auf der Rückseite schließen. Dann wird eine geringe Dämpfung im Inneren obligatorisch. Und die würde ich mir schon zutrauen. Aber, hier sprechen wir jetzt von größeren Entwicklungsarbeiten: spezielles Gehäuse, Dämpfung, passender Hochtöner, Feinabstimmung etc. Und das alles unbezahlt. Denn jetzt kommt das sprichwörtliche dicke Ende – reden wir von den Kosten. Gehäuse plus Schallwandler plus Hochtöner plus Dämpfungsmaterial plus Kleinteile – all das addiert sich rasch zu circa anderthalb Tausendern Sachkosten zusammen. Zuviel jedenfalls, um ein solches Projekt anzugehen, wenn man bereits einen Lautsprecher nach eigenen Wünschen in Bestform zuhause stehen hat. Sorry, aber so ist es nun mal. Und bei Michael ist es nicht anders. Deshalb widmen wir beide uns in der nächsten Zeit eher anderen Projekten.


Anhang

Folgendes erscheint noch erwähnenswert: die Bauform „SABA Cello“ ist nicht die einzige Möglichkeit, Breitbänder wie SABA Greencones und andere in resonierenden Gehäusen zu betreiben. Als Beispiel hierfür sei die „Butterfly“ von Niels von der Osten-Sacken genannt.

"Butterfly" - Foto mit freundlicher Genehmigung von Niels von der Osten-Sacken
„Butterfly“ – Foto mit freundlicher Genehmigung von Niels von der Osten-Sacken
"Butterfly" - Foto mit freundlicher Genehmigung von Niels von der Osten-Sacken
„Butterfly“ – Foto mit freundlicher Genehmigung von Niels von der Osten-Sacken

Vollverstärker mit 5654 und EL84

Recht­zei­tig zu Ostern fer­tig gewor­den – der Voll­ver­stär­ker mit 5654 und EL84
Recht­zei­tig zu Ostern fer­tig gewor­den – der Voll­ver­stär­ker mit 5654 und EL84

Schon lange lag ich Segschneider mit meiner Vorstellung in den Ohren, demjenigen meiner beiden Söhne, der kein Vinylhörer ist, einen Vollverstärker bauen zu wollen. Der Sohn benötigt keinen (beröhrten) Phonovorverstärker, der auf zusätzliche Pegelanhebung durch eine LINE-Stufe angewiesen wäre und die sonst in Frage kommenden Signalquellen sind hochpegelig genug – wozu dann die LINE? Es liegt also nahe, lediglich eine Endstufe mit Quellenwahlschalter und Pegelsteller haben zu wollen.

Segschneider mochte sich mit meiner Idee nur widerwillig beschäftigen – er denkt eine Anlage immer in getrennten Komponenten und dann gehört die LINE für ihn einfach dazu. Außerdem ist ein Verstärker vom Schlage der in diesem Blog schon besprochenen PL82-Endstufe zwingend auf die LINE angewiesen, da man aus technischen Gründen nicht einfach ein Potentiometer als Pegelsteller an den Eingang hängen darf.

Segschneider erklärt, warum:

Der technische Grund ist einfach der: die Spannungsgegenkopplung an der Vorröhre, wie sie zum Beispiel im PL82-Endstufen-Entwurf ausführlicher erklärt ist, ist darauf ausgelegt, vom vorgeschalteten Gerät eine Quellimpedanz angeboten zu bekommen, die (a) unveränderlich ist und (b) recht klein, etwa 1,5 kΩ oder weniger. Ist die vorgeschaltete Quellimpedanz aber ein 100 kΩ-Poti, stimmt beides nicht mehr. Weder ist die Quellimpedanz dann klein (klein in Relation zu dem Gitterwiderstand von 100 kΩ!), noch ist sie konstant. Die Schaltung würde also nicht mehr so funktionieren, wie sie berechnet ist.

Entsprechend überrascht war ich, als mein Freund mir neulich doch einen Vorschlag für einen Vollverstärker vorlegte.

Die Schaltung

zum Vergrößern anklicken!

Schaltplan Vollverstärker mit 5654 und EL84
Schaltplan Vollverstärker mit 5654 und EL84

Lassen wir zunächst Segschneider zu Wort kommen:

Es wurde bereits begründet, dass bei der Verwendung eines Potentiometers am Eingang eine Spannunsgegenkopplung von der Anode aufs Gitter der ersten Röhre nicht infrage kommt. Trotzdem ist es aber wichtig, eine möglichst stabile Verstärkung der ersten Röhre zur Verfügung zu haben, da der Entwurf eine Gegenkopplung verwendet, die natürlich von der Verstärkung der ersten Röhre mit abhängt und die zudem direkt auf die Kathode dieser ersten Röhre einkoppelt. Deshalb wurde hier eine Eingangsröhre ausgewählt, die 5654, die nach meiner – selbstverständlich subjektiven und begrenzten – Erfahrung recht stabil läuft, wenn man sie mit den Nennwerten betreibt – das sind 10 mA und 2 V an der Kathode. Der Kathodenwiderstand von 200 Ohm reicht gerade so hin, um die Gegenkopplung zu realisieren. Für die Endröhren wurde eine regelbare Festgitterspannung eingesetzt; sie erlaubt es, kleinere Ungleichheiten der beiden Endröhren (wie sie durch Exemplarstreuung oder Alterung auftreten können) auszugleichen. Die Festgitterspannung sollte so eingepegelt werden, dass durch beide Endröhren ein gleichhoher Strom – also 34 mA – fließt. Auch dies dient einem stabilen Betrieb des Verstärkers.

Die Netzteile

Die beiden identischen Netzteile des Vollverstärkers verwenden zwei gleiche Transformatoren alter Fertigung. Ich mag hier kein Fabrikat angeben, denn dann könnte es sein, dass ein Nachbauinteressent auf das Auftauchen des erhofften Trafopärchens endlos warten müsste.

Die richtige Vorgehensweise ist die: man schalte der Hochvolt-Sekundärwicklung eines vielleicht infrage kommenden Trafo-Testlings eine Gleichrichterbrücke und einen Ladeelko von 47µF/450V nach. Die am Ladeelko liegende Gleichspannung wird mit ca. 45mA belastet (Hochlastwiderstände verwenden). Ist der Trafo in der Lage, über einen Zeitraum von einer Stunde unter dieser Belastung etwa 325V Gleichspannung am Ladeelko zu liefern und dabei nicht so heiß zu werden, dass man ihn nicht mehr anfassen kann, kann man ihn und seinen identischen Zwilling einsetzen. Das können sehr viele Ausbau-Netztrafos aus der Röhrenradio-Ära.

Bei diesen Messungen ist ein Trenntrafo zu verwenden, siehe Gefahrenhinweis. Das weitere Vorgehen beim Entwurf des Netzteils ist hier beschrieben.

Siebketten

Dazu hier das Schaltbild meines Netzteils (für einen Kanal!):
zum Vergrößern anklicken!

Netzteil (ein Kanal) Vollverstärker
Netzteil (ein Kanal) Vollverstärker

Bei Belastung mit 44mA stehen bei dem von mir gerechneten Netzteil +329V am Ladeelko an. Darauf folgt eine dreistufige RC-Siebkette mit einer Dämpfung (bei 100Hz Störsignal) von -110db. An deren Ende stehen bei 44mA Belastung +265V für die Versorgung der Endröhre zur Verfügung. An diesem Punkt setzt auch eine zweite, diesmal zweigliedrige RC-Siebkette an, die eventuelle Störsignale um weitere 70dB dämpft und an ihrem Ausgang bei 10mA Belastung noch +235V für die Versorgung der Vorröhre zur Verfügung stellt.

Die hohe Gesamtdämpfung von -180dB trägt wesentlich dazu bei, dass der hier gezeigte Aufbau in Bezug auf Störsignale absolut still ist. Angenehmer Nebeneffekt: die durch die zweite Siebkette entstehende hohe Entkopplung der Versorgungsspannungen von Vor- und Endröhre verhindert das berüchtigte Aufschaukeln der Endstufe (motorboating).

Es hilft nix: meine im Schaltplan des Netzteils angegebenen Bauteil-Werte stimmen zunächst mal nur für die Trafos, die ich verwende. Beim Einsatz anderer Trafos ist die Dimensionierung der Siebkette wahrscheinlich neu zu rechnen. Wie das geht, ist eingehend beschrieben in meinem Beitrag zu RC-gesiebten Netzteilen hier in diesem Blog.

Gittervorspannungs-Netzteil

zum Vergrößern anklicken!

Schaltplan Gittervorspannungs-Netzteil
Schaltplan Gittervorspannungs-Netzteil

Die negativen Gittervorspannungen für die beiden Endröhren werden mit einem eigenen kleinen Netzteil erzeugt. Auf der Platine befindet sich eine einfache Siebkette mit RC-Gliedern, allerdings mit sehr hoher Dämpfung bezogen auf 100Hz. Die Stabilisierung erfolgt mit einer Zenerdiode, über Spindeltrimmer werden die beiden Ausgangsspannungen justiert.

Gittervorspannungs-Netzteil
Gittervorspannungs-Netzteil

Dieses Modul habe ich zwei Audiofreunden zu verdanken – vom einen kommt die Schaltung, der andere gab mir die Platine und den Trafo. Beiden sei herzlich gedankt!

Röhrenbestückung

Durch den Einsatz von Allerweltsröhren wie der 5654 und der EL84 eignet sich dieses Gerät hervorragend zum tube rolling. Segschneider und ich haben in dieser Richtung allerdings noch wenig unternommen – derzeit werkeln hier als SIEMENS gelabelte EL84 von VALVO – die 5654 sind blau gelabelt und ebenfalls von VALVO. Das funktioniert sehr zufriedenstellend, ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten. Der geneigte Nachbauer möge selbst entscheiden, wieviel Energie (und Geld) er in weitere Versuche stecken möchte.

Ausgangsübertrager

Der Schaltplan ist auf die Verwendung von gut erhältlichen Ausgangstrafos der Firma reinhöfer electronic ausgelegt, und zwar der Typen 53.61U (mit M65-Kern) oder 53.71U (mit M74-Kern). Diese Trafos stellen ein ehrliches Produkt mit sehr gutem Verhältnis von Preis und Leistung dar, mit dem das Hören bei Einsatz im beschriebenen Vollverstärker richtig Spaß macht.

Es sei aber nicht verschwiegen, dass Steigerungen möglich sind, wenn man deutlich tiefer in die Tasche greift. Die Autoren bevorzugen Ausgangsübertrager mit Schnittbandkernen, mit deren Größe man bei einem Verstärker mit zu erwartender Ausgangsleistung von unter einem Watt pro Kanal allerdings nicht zu übertreiben braucht – ein SM65- oder SM74-Kern reicht hier allemal aus.

Wichtig: bei Verwendung anderer als der hier genannten Übertrager ist darauf zu achten, wie hoch der Kupferwiderstand von deren Primärwicklung ist. 400Ω ist der hier geforderte Wert. Bei weniger als 400Ω ist ein Widerstand in Reihe zu schalten (siehe Schaltplan), ist er höher, muss die Versorgungsspannung der Endröhre um den Betrag erhöht werden, um den sich der Spannungsabfall am Ausgangstrafo erhöht.

Beispiel: bei einem Ruhestrom der Endröhre von 34mA fallen an 400Ω Kupferwiderstand der Primärwicklung 0,034A x 400Ω = 13,6V ab. Bei gleichem Ruhestrom und angenommenen Rcu von 600Ω wären es 0,034A x 600Ω = 20,4V. Die Versorgungsspannung der Endröhre müsste dann um den Unterschiedsbetrag von 6,8V erhöht werden. Das macht Eingriffe in die Siebketten von End- und Vorröhren erforderlich. Eventuell sind die Gittervorspannungen der Endröhren nachzujustieren.

Einsatz als Kopfhörerverstärker

Im Produktkatalog der Firma Reinhöfer finden sich Trafos, bei deren Einsatz man mit dem hier beschriebenen Vollverstärker sicherlich eine hervorragende Kopfhörerwiedergabe erzielen kann. Gemeint sind die Typen 53.61U50 und 63.61U80.

Aktualisierung 13.04.2017: Herr Beyer von der Firma Reinhöfer teilt mir soeben mit, dass der Primärwicklungs-Kupferwiderstand der Übertrager 53.61U50 und 63.61U80 bei Beschaltung auf 10kΩ Impedanz 400 bis 420Ω beträgt. Damit sind sie im hier beschriebenen Gerät ohne weitere Änderungen gegen die für Lautsprecherbetrieb bestimmten Typen austauschbar.

Ein unerwartetes Problem und dessen Lösung

Nachdem das Gerät fertig, getestet und für gut befunden war, wurde das Gehäuse mit der zugehörigen Haube aus Stahlblech geschlossen. Großer Schreck: nach dem Wiedereinschalten lautes mechanisches Brummen – das Gehäuse gab ein Dauergeräusch von sich wie ein laufender Kühlschrank. Die beiden Netztrafos versetzten das Stahlblech in Schwingungen. Eigentlich kein Wunder: die obere Fläche der Trafos und das obere Gehäuseblech haben nur ein paar mm Abstand.

Drei Maßnahmen im Verbund machten dem Problem ein Ende:

  • zunächst kleidete ich das Stahlblechgehäuse mit einer alubeschichteten gewebeartigen Wärmeschutzfolie aus der Autoindustrie aus (von einem Freund, der in der Branche arbeitet), seitdem klingt die Haube beim Draufklopfen nicht mehr blechern, sondern trocken-dumpf wie ein Stück Holz – Anteil am Erfolg: 20%.
  • danach legte ich die das Problem verursachenden (identischen) Netztrafos gegenphasig ans Netz, dadurch hoben sich die beiden magnetischen Wechselfelder zum großen Teil auf – Anteil am Erfolg: 50%! (Eine Idee, die mir im Wald beim Hundespaziergang gekommen ist).
  • schließlich klebte ich auf beide oberen Flächen der Trafos so viele Lagen der erwähnten Folie, dass bei Schließung des Gehäuses dieses stramm auf den Trafos aufliegt – Anteil am Erfolg: 30%. Ich nehme an, vor dieser Maßnahme war oberhalb der Trafos ein Schwingungsbauch und jetzt ist dort ein Schwingungsknoten entstanden.

Nun hört man schon in einem halben Meter Abstand nix mehr davon, nachdem es vorher den Hörgenuss ordentlich beeinträchtigte.

  • einen Pfeil hatte ich noch im Köcher: ich hätte einen der beiden Netztrafos gegenüber dem anderen auf der Hochachse um 90° verdrehen können. Gut möglich, dass auch das eine heilsame Wirkung gehabt hätte, allerdings scheute ich den damit verbundenen Umbau.

Fazit:

Der Verstärker verhält sich vom ersten Einschalten an elektrisch absolut still – das heißt: keinerlei Brumm, bei offenen Eingängen minimales Rauschen (Ohrkontakt mit der Pappe des Greencone), bei kurzgeschlossenen Eingängen: nichts …!

Das Klangbild ist nach oben hin sehr luftig-offen, mit ausgeglichenen Mitten und respektablen Tiefen. Hohe Räumlichkeit, dadurch Klangereignisse gut ortbar, breite Bühne. Alles in allem ein äußerst zufriedenstellendes Ergebnis. Wie sagt man so schön: „… da staunt der Laie, und der Fachmann (in diesem Fall Freund Segschneider) wundert sich!“

Abschließend einige Bilder vom Aufbau des Vollverstärkers:

Alle Abbildungen © 2017 by Michael Münch
Bildergalerie, zum Vergrößern anklicken:

Top