von Michael Münch und Segschneider
Die Schaltung
Stromversorgung
Mit der Suche nach einem Trafowickler, der uns einen auf unser Projekt maßgeschneiderten Netztrafo mit M-Kern und mittelangezapfter Sekundärwicklung für Zweiwege-Gleichrichtung rechnet und macht, taten wir uns schwerer, als wir es uns ohnehin vorgestellt hatten. Uns war klar: es gibt heute nur noch wenige Firmen – oder genauer gesagt: wenige Menschen -, die dieses Handwerk von Grund auf beherrschen. Und die, die es können, sprechen offenbar eine andere Sprache als wir Amateure. Diese Sprachbarriere, mit der wir zunächst nicht gerechnet hatten, bescherte uns im Laufe der Zeit drei nur bedingt einsetzbare Prototypen, die man keinem empfehlen kann, der unser Projekt nachbauen will.
Wohlmeinende Freunde rieten uns daraufhin, über den Einsatz eines Ringkerntrafos nachzudenken. Björn rechnete ihn für uns und die Firma RONDO Müller hat ihn gewickelt. Das war der Durchbruch!
Dieser Trafo speist nach Gleichrichtung eine klassische Siebkette. Wer höhere Leistung will, muss höhere Spannungen und Ströme bereitstellen. An diesem grundlegenden Zusammenhang führt kein Weg vorbei. Deshalb werden 450-Volt-Typen als Elkos eingesetzt, in einer Größe von 470µF. Wir hatten Glück und konnten einen Sonderposten solcher Kondensatoren zu einem sehr bescheidenen Preis abgreifen. Deshalb als kleiner Einkaufstipp: es lohnt sich manchmal, nicht nur nach der passenden Anzahl Ausschau zu halten, sondern durchaus auch den Einkauf einer etwas größeren Menge zu erwägen. Die überzähligen Exemplare können entweder beim nächsten Projekt verwendet oder an Audiofreunde abgegeben werden.
Bereits in vorangegangenen Veröffentlichungen hatten wir darauf hingewiesen, dass die Zusammenschaltung des letzten Siebkondensators mit dem Ausgangsübertrager einen Serienschwingkreis bildet und dass man freundlicherweise etwas dagegen tun sollte (siehe: Resonanzverhältnisse). Bei Kleinleistungsendstufen hat man es diesbezüglich einfach, man kann den dämpfenden Widerstand Rd (gebildet aus dem Kupferwiderstand der primären Trafowicklung, hier 150 Ohm, und dem zugeschalteten Widerstand, hier 82 Ohm) erhöhen und den dadurch eintretenden Leistungsverlust hinnehmen. Möchte man hingegen eine größere Leistung, geht das so nicht. Deshalb setzen wir, verglichen mit der PL82-Endstufe, einen geringeren Dämpfungswiderstand ein und verwenden mehrere 470µF-Elkos als letztes Siebglied, so dass ebenfalls eine gute Dämpfung des Schwingkreises erreicht wird. Zugleich wird eine stabile Versorgung mit Gleichstrom erreicht, denn 4 x 470µF als letzter Elko, das schafft schon einen soliden Puffer gegen Schwankungen.
Wie man generell die passenden Werte für einen solchen Aufbau errechnet, ist auf diesen Seiten bereits vorgestellt worden (siehe: Netzteil mit RC-Siebung für einen Röhrenverstärker). Wir möchten es an dieser Stelle nicht wiederholen. Wer sich dafür interessiert oder unseren Aufbau nachrechnen mag, kann das leicht nachschlagen.
Audioschaltung
Die Firma Mullard schlägt in ihren alten Unterlagen eine Triodeneinstellung von 250V und 70mA vor. Das hätte sich mit unseren primären 3,0kOhm Impedanz des Ogonowski-Übertragers nicht so gematched, dass volle 3 Watt Ausgangsleistung entstanden wären. Deshalb haben wir den Arbeitspunkt leicht angehoben auf 80mA (maximal 100mA) und 280 Volt. In beidem verdaut eine (klassische, wir reden nicht von Chinakrachern) EL34 deutlich mehr, die Maximalwerte schöpfen wir damit nicht aus. Auch mit der Verlustleistung von 22,8 Watt bewegen wir uns noch im maßvollen Bereich – Mullard nennt 30 Watt maximal, sofern 500 Volt an der Anode nicht überschritten werden. Diese Einstellung gewährt uns hohe Linearität und lässt zugleich eine angenehme Lebensdauer erwarten.
Die treibende Röhre wurde ebenfalls auf diesen Seiten schon vorgestellt. Es ist eine 5654 oder eine ihrer Varianten. Für Neueinsteiger ist wiederum erwähnenswert, dass es diese Röhre aus alter russischer Fertigung als 6Zh1P-EV, russisch 6Ж1П-ЕВ (noch) recht preiswert gibt. Und es existiert eine Fülle von Varianten, die eine weitgehende Anpassung an die individuellen Hörgewohnheiten erlaubt. Zu den klanglich hochwertigen gehören zum Beispiel die WE403B, die seltene Armeeversion RCA 5654 command – nicht zu verwechseln mit der ordinären Militärausgabe RCA 6AK5W mit military-Stempel, die schwedische Ericsson 5591, die Mullard M8100 und und und. Mit anderen Worten: dem tuberolling, wie die englisch sprechende community das nennt, sind kaum Grenzen gesetzt.
Die besondere Beschaltung der ersten Röhre, mit einer Spannungsgegenkopplung von der Anode aufs Gitter wurde ebenfalls bereits erläutert (siehe: Treiberröhre). Wer die Vorzüge dieser Beschaltung begründet haben möchte, kann das hier nachlesen. Die gesamte Schaltung ist zweistufig und verwendet die Profi-Gegenkopplung von der Anode der Leistungsröhre zur Kathode der ersten Röhre. Dieser Aufbau hat sich bewährt, wenn man erstklassige klangliche Eigenschaften erreichen will – wir sahen keinen Grund, davon abzuweichen.
Da es vorwiegend um letzteres geht, nämlich die erstklassigen klanglichen Eigenschaften, ist es den Verfassern auch völlig egal, dass die Kombination dieses Röhren-Winzlings mit der vielfach größeren EL34 in den Augen mancher Audiophiler vielleicht eigentümlich ausschaut. Wer mit einem offenen Aufbau des GRANDE liebäugelt, für den ist es vielleicht die Kröte, die er ungern schluckt. Aber optische Gefälligkeiten standen bei dieser Konzeption wirklich nicht im Vordergrund, sondern klangliche. Und klanglich ist dies eine selten gute Kombination mit großem Gestaltungspotential.
Triodisierung
Die EL34 gehört zu den selteneren Pentoden, bei denen das dritte Gitter nicht mit der Kathode fest verbunden ist, sondern separat herausgeführt wird. Damit bietet sich die Möglichkeit, sie auf drei unterschiedliche Arten zu triodisieren.
Nummer eins ist als bekannter Standard in der Szene weit verbreitet.
Dabei wird die Kathode mit dem dritten Gitter verbunden und das zweite Gitter über einen 100 Ohm-Widerstand an die Anode angeschlossen. Diese Methode gilt als narrensicher und hat den Ruf, immer zuverlässig zu funktionieren.
Nummer zwei geht einen anderen Weg, der auch in den Unterlagen der einen oder anderen Profi-Röhre vorgeschlagen wird. Auch diese Methode gilt als ein altbewährtes Verfahren.
Hier werden sowohl zweites als auch drittes Gitter mit der Anode ohne zwischengeschaltete Widerstände verbunden, damit entsteht quasi eine dreiteilige Anode. Diese Version wurde zum Beispiel für die Poströhre C3m in den Unterlagen von Siemens vorgeschlagen.
Schließlich kommt aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine etwas neuere Variante. Dabei wird das zweite Gitter (wie in Variante eins) über einen 100 Ohm-Widerstand mit der Anode verbunden, wohingegen das dritte Gitter über einen 100 nF-Kondensator, Spannungsfestigkeit mindestens 400V, besser 500V, auf die Kathode gelegt wird.
Diese Art der Triodisierung hat Segschneider in einer Schaltung eingesetzt, die eine geringere Leistung abgibt und die obengenannten Mullard-Arbeitspunkte verwendet (250 v Anodenspannung und 70 mA Strom) und war von den klanglichen Resultaten angetan, nachdem er zuvor Variante eins gehört hatte. Mit diesen drei Varianten hat der Anwender die Möglichkeit, eine Feinabstimmung dieses Entwurfs nach seinen Vorstellungen zu erzielen – und selbstverständlich auch nach seinen Hörgewohnheiten.
Denjenigen, die sich eingehender über die Triodisierung von Pentoden informieren möchten, bieten wir hier als Download das Manuskript eines Vortrages an, den Tom Schlangen 2006 im Rahmen des European Triode Festival gehalten hat: Pentodes connected as Triodes. Wir bedanken uns bei Tom Schlangen für die freundliche Genehmigung!
– wird fortgesetzt –