Hörtagebuch

Konstruktion eines Röhrenverstärkers mit PL82 – dritter Teil: die Endröhre

Von der ersten zur zweiten Röhre

Zwei Gegenkopplungen an der PC86 schränken die erreichbare Verstärkung natürlich ein. Um das möglichst auszugleichen, wurde ein Arbeitswiderstand von 27 kΩ gewählt, der zu einer Versorgungsspannung von Ub1 = 260V führt. Das wird bei der weiteren Konstruktion zu beachten sein und eine separate Siebkette für diese Röhre erfordern. Das ist die Kröte, die man schlucken muss, wenn man eine solche Röhre in einer hochklassigen Beschaltung verwenden möchte. Andererseits verursacht dieser Nachteil nur Kosten für einige Elkos und Widerstände. Das ist – erst recht für den Hörer! – unbedeutend, wenn die gesamte Auslegung dieses Schaltungselementes so viele andere Forderungen aufnimmt und umsetzt.

Die Endröhre

PL82, verschiedene Hersteller - Foto & © by Michael Münch
PL82, verschiedene Hersteller – Foto & © by Michael Münch

Für die PL82 hat Tom Schlangen dankenswerterweise sehr genaue Triodenkennlinien erarbeitet und veröffentlicht. Der von ihm vorgeschlagene Arbeitspunkt von Ua = 205 Volt bei Ia = 44 mA und -Ug1 = 16 Volt wird hier aufgegriffen. In der veröffentlichten Röhrenliteratur wird üblicherweise ein Ausgangsübertrager gewählt, der das maximale Ausschöpfen der Leistung ermöglicht. Für den Liebhaber eines höchstempfindlichen Lautsprechers ist das freilich weniger sinnvoll, für ihn ist es besser, einen Übertrager mit höherer Impedanz zu wählen, dabei auf etwas Leistung zu verzichten, sich aber im Gegenzug einen verringerten Klirrgrad und eine grössere Linearität einzuhandeln. Um das zu erreichen, wurde ein Ausgangsübertrager mit der Übersetzung von 7kΩ:4Ω gewählt, der abzüglich der Kupferverluste in dieser Schaltung eine Leistung von knapp einem Watt ermöglicht.

PL82, Triodenkennlinien, Quelle: Tom Schlangen (klicken zum Vergrößern!)
PL82, Triodenkennlinien, Quelle: Tom Schlangen (klicken zum Vergrößern!)

Ein erstklassiger Übertrager ist selbstverständlich. Welcher kann das sein? Der, weil erstklassig teuer? Der mit amorphem Kern? Der mit Schnittbandkern, den ich favorisiere? Für den Einsteiger wäre gut geeignet der Typ 53.00U der Firma Reinhöfer, mit M74 Kern ausgestattet und noch im moderaten Preissegment liegend. Diesen Typ sehe ich als Untergrenze eines sinnvollen Aufbaus. Mit ihm kann man einen Eindruck davon bekommen, was diese Endstufe leisten könnte, selbstverständlich bei einer sonstigen erstklassigen Anlage. Will man das volle Potential ausschöpfen, ist man leider auf teurere Ausgangsübertrager angewiesen. Aber Achtung! Es ist wie im wirklichen Leben: nicht alles, was erstklassig teuer ist, ist auch erstklassig gut! Die Übertrager sollten bei einer Lautsprecherimpedanz von 4 oder 5 Ohm in jedem Falle(!) das Übersetzungsverhältnis 7kΩ:4Ω beibehalten! Da die Arbeitspunkte der Röhren, die Gegenkopplung insgesamt und einiges mehr auf dieses Übersetzungsverhältnis abgestimmt sind, würde man die Endstufe grob verfälschen, wenn man das Übersetzungsverhältnis nachträglich abändern würde. Ein Betrieb von Lautsprechern mit einer Impedanz von 8 Ohm ist möglich, wenn man einen Übertrager mit dem Übersetzungsverhältnis 7kΩ:8Ω einsetzt. Der AÜ 53.00U von Reinhöfer bietet diese Möglichkeit, weil er sekundärseitig auf diesen Wert umgeklemmt werden kann.

Ausgangsübertrager der Fa. Reinhöfer, Typ 53.00U, 7kΩ:4Ω, Kern M74
Ausgangsübertrager der Fa. Reinhöfer, Typ 53.00U, 7kΩ:4Ω, Kern M74

Über das Zusammenspiel von Endröhre und Übertrager ist erstaunlich wenig geschrieben worden, und einiges Veröffentlichte ist schlicht hanebüchen. Das kann und soll hier nicht näher ausgeführt werden. Ein Punkt verdient freilich Beachtung. Es ist die Frage, wieviel Kupferwiderstand der richtige, der geeignetste Übertrager haben sollte. Der physikalische Übertrager präsentiert uns eine Theorie ohne Kupferwiderstand. Das erklärt uns einiges von dem, was ein Übertrager tut, bestechend einfach. Es ist nur so leider nicht baubar. Aber dieser Ausgangsübertrager hat viele Anhänger: alle jene Konstrukteure, die einen möglichst geringen Wicklungswiderstand, hundert Ohm oder weniger, für sinnvoll halten und in ihre Geräte hineinkonstruieren.

grundsätzliche Beschaltung der Endröhre
grundsätzliche Beschaltung der Endröhre

Der technisch real baubare Ausgangsübertrager hingegen sollte einen nicht zu geringen Kupferwiderstand haben, und ja, ein höherer Wert als hundert Ohm ist sehr sinnvoll. Der Grund dafür ist simpel: eine Induktivität (unser Übertrager), die mit einer Kapazität (dem letzten Speisekondensator der Hochspannungsversorgung, gleichgültig, wie die im einzelnen beschaffen ist) zusammengeschaltet wird, bildet einen Schwingkreis (da sie in Reihe liegen, also einen Reihenschwingkreis) und der Schwingkreis hat eine Resonanz. Diese Resonanz steht jeder unverfälschten Signalwiedergabe im Wege. Und nur der Kupferwiderstand der Primärwicklung, alternativ noch ein zwischen Übertrager und Anode eingefügter Widerstand Rx, dämpft diesen Schwingkreis. Der Reinhöfersche Typ 53.00U hat einen Kupferwiderstand von Rcu = 500 Ohm. Sofern ein anderer Übertrager gewählt wird, muss(!) dieser Widerstand wieder hergestellt werden, gegebenenfalls durch Einfügen eines Widerstandes derart, dass Rx + Rcu = 500Ω wiederum gegeben ist! Das ist elementar wichtig, wenn die konstruktiv bestimmte gute Dämpfung des Schwingkreises erhalten bleiben soll. Da ein Widerstand von 500Ω bezogen auf den durch ihn fließenden Gleichstrom einen Spannungsabfall von U = Rcu x Ia = 22V verursacht, ist es auch um die korrekte Anodenspannung zu gewährleisten notwendig, diesen Spannungsabfall selbst bei einem anderen Übertrager beizubehalten. Bei Nichtbeachtung dieses Zusammenhangs würden sich die gewählten Strom- und Spannungswerte an der Endröhre verschieben, und dann bestünde akute Lebensgefahr für die PL82, weil sie sehr viel mehr Gleichstromleistung nicht verträgt!

Ein letztes Wort zum Ausgangsübertrager. Die Kerngrösse M74 ist für die Leistung von einem Watt mehr als ausreichend. Ein SM65 würde es ohne klangliche Einbussen ebenfalls tun. So eröffnet sich die Möglichkeit, den Aufpreis des SM-Kernes ein wenig aufzufangen. Zu einem grösseren Kern zu wechseln, spült dem Verkäufer desselben mehr Geld in die Kasse, dem Musikhörer beschert es weder mehr Tiefton noch mehr Musikgenuss. Diese unnötige Geldausgabe sollte man sich ersparen und stattdessen lieber in einen hochwertigen Übertrager investieren. Davon hat der Musikhörer etwas, nämlich mehr Genuss!

wird fortgesetzt

– Segschneider –

Nick Hornby – 31 Songs (2002)

„Ich gebe mir natürlich Mühe, nicht an Gott zu glauben, aber manchmal geschieht in der Musik, in bestimmten Songs etwas, das mich stutzig macht, mich aufhorchen lässt. Wenn sich die Dinge zu mehr als ihrer Summe addieren, wenn die erzielte Wirkung unerklärlich ist, dann bewegen sich Atheisten wie ich auf dünnem Eis.“

Nick Hornby, „31 Songs“

Nick Hornby, 31 Songs (Buch 2002) Nick Hornbys 31 Songs gehört sicher zum Besten, was an Geschriebenem über Musik in meinem Bücherregal steht. Der Verfasser so lesenswerter Romane wie High Fidelity oder About A Boy ist ohnehin blitzgescheit. Am Beispiel seiner favourites dröselt er akribisch auf, was ein Popsong haben muss, um uns als Hörer irgendwo tief innen drin den Kick zu verpassen. Das langweilt in keinem Moment. Wie nebenbei entsteht in der Zusammenschau 31 kurzer Essays ein faszinierender Abriss darüber, was populäre Musik für bewusst hörende Menschen bedeuten kann.

Um Nutzen aus Hornbys Gedanken zu ziehen, muss man die Songs auf der Playlist dieses Buches nicht mögen, nicht einmal kennen.

Sehr, sehr lesenswert!

Keith Emerson – † 10. März 2016

Als ich heute Morgen aus dem Radio erfuhr, dass Keith Emerson (71) gestorben ist, musste ich doch für einen Moment die Luft anhalten. So geht’s mir immer, wenn einer der musikalischen Helden meiner Jugend endgültig von der Bühne abtritt. Der lenkende Geist und Keyboarder der Progressive Rock Band Emerson, Lake & Palmer war eine Zeitlang eine der zentralen Figuren meines persönlichen Musiker-Olymps.

Keith Emerson © by Surka via Wikimedia Commons
Keith Emerson © by Surka via Wikimedia Commons

Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre eroberte ein neues Musikinstrument die Pop- und Rockmusik: der von Robert Moog entwickelte Synthesizer, mit dem auf rein elektronischem Weg nie zuvor gehörte Klänge erzeugt werden konnten. Sicher trug das 1968 als Sensation empfundene Synthesizer-Klassik-Album Switched On Bach von Walter Carlos zu einer schnellen Verbreitung des neuen Wunderkastens bei. Auch das eigentlich dümmliche Instrumentalstück Popcorn von Hot Butter (1971) mag wesentlich die Popularisierung des Synthesizers vorangetrieben haben. Das verdammte Ding war ein schrecklicher Ohrwurm, dem man sich nur schwer entziehen konnte. Was mich aber wirklich umgehauen hat, war Keith Emersons Synthesizer-Solo im Stück Lucky Man vom 1970 erschienenen ELP-Debütalbum.

Ab da war die Frage „Beatles oder Stones?“, die damals die allermeisten meiner Altersgenossen umtrieb, für mich uninteressant, ja gegenstandslos geworden. Ich war fortan und für lange Jahre an die progressive Rockmusik verloren. So erinnere ich mich an Feten in jener Zeit: die Beatles-Fans verzogen sich mit den schönsten Mädchen in die dunklen Ecken, die Stones-Anhänger übten sich in demonstrativ zur Schau getragenem männlichen Gehabe. Nur wir wenigen vom Prog-Rock Erleuchteten standen über all dem, rümpften die Nase über die vom Kommerzpop Verwirrten und sonnten uns in unserer allerdings nur von uns so empfundenen Intellektualität. Allerdings blieben wir paar Versprengte infolgedessen ziemlich unter uns und – weil’s eine reine „Männer“-Angelegenheit war – auch gemeinhin ohne weiblichen Anhang.

Wir Progrock-Afficionados waren eine verschworene Gemeinschaft: in den Pausen tauschten wir auf dem Schulklo – verbotenerweise rauchend natürlich – die neuesten Informationen über angesagte Bands aus. So erfuhr ich von King Crimson, den frühen Genesis, Pink Floyd, Yes natürlich, den unvergleichlichen Gentle Giant und etlichen anderen progressiven Rockbands. Meine größten Helden waren und blieben aber Emerson, Lake & Palmer – ausgelöst durch das phantastische Synthesizersolo von Keith Emerson.

Wie gerne würde ich das noch einmal zum ersten Mal hören!

Konstruktion eines Röhrenverstärkers mit PL82 – zweiter Teil: die Vorröhre

Ein Watt für Musikhörer

Mit der Leistung von 1 Watt ist man auf höchstempfindliche Schallwandler festgelegt. Es gibt sie in alt – oftmals aus Radios der fünfziger Jahre – und neu, und leidenschaftliche Hörer bevorzugen sie vielfach. Mit einem Watt kann man diese Chassis bereits auf Lautstärken bringen, die man seinen Ohren nicht dauerhaft antun sollte. Und – selbstverständlich! – sprechen wir von Triode und Single-Ended-Schaltungen.

PL82-Endstufe, Bild 1
Grundschaltung einer Trioden-Vorstufe

Täglich die Schraube neu zu erfinden macht wenig Sinn. Genauso ist es bei der Röhrenauswahl: exotische Typen zu ebensolchen Preisen sollen weiterhin die Bastler erfreuen, dem Musikhörer sind Röhren wichtig, die in guter alter Qualität – und mit den „großen“ Markennamen! – noch zu erhalten sind. Wenn es sie (noch) zu zivilen Preisen gibt, umso besser. Eine solche Kombination von Treiber- und Endröhre ist schon einmal vorgestellt worden: PC86 und PL82 (Gysemberg & Wilimzig „Höchst empfindlich“). Kein Grund, sie nicht zu verwenden, zumal diese Röhren bis heute zu erwerben sind. Wer das genannte Buch aufmerksam liest, stellt freilich rasch fest, dass es um Denkanstöße und leichte Nachvollziehbarkeit geht – die dortige P-Röhren-Endstufe ist ein Projekt eher für Einsteiger. Einfachheit und Nachbausicherheit bestimmen augenscheinlich die Konzeption. Aus der Sicht eines musikorientierten Hörers betrachtet geht es freilich eher darum, das klangliche Potential einer Röhrenkombination auszuschöpfen. Dazu werden nachfolgend einige Gedanken vorgestellt, die – generell gesehen – auch für die eine oder andere hochwertige Schaltung gelten würden.

Treiberröhre PC86, verschiedene Hersteller - Foto & © by Michael Münch
Treiberröhre PC86, verschiedene Hersteller – Foto & © by Michael Münch

Die Treiberröhre

Eine erstklassige Endstufe ist ohne Gegenkopplung nicht realisierbar. Das ließe sich begründen, aber die Begründung würde eine ganzes Buch füllen. Wer Gegenkopplung ablehnt, sollte schleunigst zu lesen aufhören, er ist hier in der falschen Kirche. Die Profis der fünfziger Jahre – siehe dazu beispielsweise die Rundfunkverstärker V73 und V69 – bevorzugten eine Spannungsgegenkopplung von der Anode der Endröhre – hier der PL82 – zur Katode der Treiberröhre. Diese Art der Gegenkopplung wollen wir im weiteren Verlauf „Profi-Gegenkopplung“ nennen:

PL82-Endstufe, Bild 2
Profi-Spannungsgegenkopplung von der Anode der End­röhre auf die Katode der Treiberröhre

Unsere PC86 muss einen Katodenwiderstand haben, der nicht mit einem Kondensator wechselstrommäßig gebrückt und damit kurzgeschlossen ist. Um eine Spannungsgegenkopplung zu realisieren, die aus akzeptabel großen Widerständen aufgebaut ist, sollte der Katodenwiderstand ebenfalls möglichst groß sein. Man könnte ihn beliebig groß machen, wenn vom Hersteller der Röhre nicht bestimmte Maximalwerte für die Gitterspannung vorgegeben beziehungsweise hineinkonstruiert worden wären. Kleiner Exkurs: da diese Gegenkopplung parallel zur Endröhre und damit zugleich parallel zum Ausgangsübertrager liegt, sollte der gegenkoppelnde Widerstand Rgk2 unbedingt so groß gemacht werden, dass er keine Leistungsverluste verursacht. In erster Näherung ist das gegeben, wenn er mindestens zehnmal größer ist als der Nennwert der Impedanz des Ausgangsübertragers – und zwanzig- oder dreißigmal größer wäre besser, obwohl das nicht immer erreichbar ist.

Rein sachlich gesehen ist die PC86 eine UHF- (ultra hohe Frequenzen) und fernsehtaugliche Röhre mit einer hohen Leerlaufverstärkung. Der Systemkörper in der Röhre ist klein, um die bei höchsten Frequenzen durch die kapazitiven Effekte des Systemkörpers (je grösser die Flächen, desto größer die Kapazitäten) auftretende Einschränkung des Frequenzbandes gering zu halten. Ein kleines System begründet aber eine Neigung zu relativ großen Streuungen in der Produktion.
Streuungen und dadurch bedingte Abweichungen in der Verstärkung sind jedoch Gift für eine hochwertige Konstruktion; deshalb soll diese Röhre mit einer zweiten Gegenkopplung möglichst punktgenau zu einer definierten Verstärkung gebracht werden. Die erste, eine Stromgegenkopplung, wird gebildet vom Arbeitswiderstand Ra und dem nicht gebrückten Katodenwiderstand Rk1:

PL82-Endstufe, Bild 3
Strom-Gegenkopplung der Vor­röhre mit Fuß­punkt Gk der Profi-Spannungsgegenkopplung
PL82-Endstufe, Bild 4
zusätz­li­che Spannungs-Gegenkopplung von der Anode der Vor­röhre auf ihr Gitter

Für die zweite GK wird der Widerstand Rgk1 von der Anode zum Gitter der PC86 geführt. Damit keine Veränderung der Gitterspannung durch diese Gegenkopplungsschleife stattfindet, wird die Gleichspannung mit dem Kondensator Cgk1 abgeblockt; ferner wird der Gitterwiderstand der Röhre aufgeteilt in Rg1 und Rg2. Bei diesem Splitting liegt der (zwingend notwendige!) Vorverstärker nur noch parallel zu Rg1 und kann so mit seiner vorzugsweise kleinen Quellimpedanz auch nur den Anteil Rg1 „kurzschließen“. Durch die Zweiteilung des Gitterwiderstandes kann die Spannungsgegenkopplung auf den Widerstand Rg2 greifen, der so ausgelegt ist, dass er groß gegenüber der Quellimpedanz des Vorverstärkers ist und von dieser nicht geändert werden kann. Diese Spannungsgegenkopplung wäre ohne diese Maßnahmen recht heikel, weil stark von der Quellimpedanz des signalgebenden Vorverstärkers beeinflussbar, arbeitet jedoch in der gezeigten Form zuverlässig und stabil – sogar dann, wenn der Vorverstärker eine unüblich hohe Quellimpedanz haben sollte.

UHF-Röhren sollen typischerweise mit hohem Strom laufen. Um das zu erreichen, werden teilweise extrem aufwändige Trickschaltungen vorgeschrieben (wie man zum Beispiel am Datenblatt der D3a sehr schön sehen kann). Da sie aber gleichzeitig nur eine geringe Gitterspannung vertragen, liegt hier ein Problem. In der bereits veröffentlichten Endstufenschaltung (siehe „Höchst Empfindlich“) wird deshalb die PC86 lediglich mit circa 2 Milliampere Strom „gefahren“. Auch das ist bereits deutlich mehr als in vielen HiFi- Schaltungen, in denen ECC81 oder ECC83 mit 0,6 bis 0,8 Milliampere vor sich hinblubbern. Um mehr Strom durch die PC86 fließen zu lassen und die Röhre in der vorliegenden Schaltung näher an ihr eigentliches Arbeitsfeld heranzuführen, wurde hier ein Strom von 4 Milliampere gewählt, der mit einer größeren Steilheit und einem geringeren Innenwiderstand der Röhre einhergeht. Zusammen mit dem Katodenwiderstand von 390 Ohm führt er zu einer Gitterspannung von -1,6 Volt, sehr viel höher sollte man bei einer solchen Röhre nicht gehen.

wird fortgesetzt

– Segschneider –

Konstruktion eines Röhrenverstärkers mit PL82 – erster Teil: Vorüberlegungen

Ein/Aus - Foto © by Michael Münch

Rein technische Kriterien – egal auf welchem Gebiet – befriedigen den Techniker, sind Erfüllungsgehilfen des Kaufmanns, der uns dann mit technikorientierter Werbung den Kram andreht, aber sie sagen wenig oder gar nichts darüber, ob dies Gerät den Bedürfnissen eines anspruchsvollen Kunden entspricht. Denn die Wünsche eines musik-orientierten Hörers übersetzen sich nun einmal nicht in Klirrgrad, Frequenzgänge, Messschriebe und so weiter.

Der Röhrenverstärker hat das über viele Jahre bewusst gemacht. In der Aufschwungphase des Transistors wurde er von vielen Technikern – oft mit beispielloser Häme – fast zu Tode kritisiert: zu schlecht in jeder technischen Hinsicht. Aber eben nur in technischer. Musikalisch blieb er der Favorit vieler leidenschaftlicher Hörer. Und die Leidenschaft des Musikhörens war das Argument, das dem Messtechnikwunder namens Transistorverstärker entgegengehalten wurde. Wenn sie an der Musik und am menschlichen Hören vorbeigehen, nützen Technikorientierung und Messerei wenig.

Noch prekärer wird die Situation, sofern man den üblichen Röhrenverstärker daraufhin betrachtet, ob er denn besonders musiktauglich sei. Die dafür erforderliche Strenge des Blickes muss im Kreis der Röhrenbegeisterten notwendigerweise Anstoß erregen. Man kann einen Röhrenverstärker ganz einfach zusammenbringen: keine Gegenkopplung verwenden, alle Teile aus der Ramschkiste nehmen oder billig besorgen, und frisch drauflosgebastelt. Jetzt noch ein paar Messungen am Oszilloskop gemacht, wenns hochkommt obendrein den Klirrgrad bestimmt und – bitteschön! – klingt doch. Irgendwie. Die Frage, ob man mit Röhren nicht wesentlich mehr erreichen kann, bleibt bei solcher Bastelei auf der Strecke.

Brettaufbau © Foto und Aufbau by Michael Münch
In der Entwicklungsphase einer Endstufe ist es äußerst sinnvoll, sämtliche Komponenten zunächst auf einem Brett aufzubauen! Das erleichtert es dem Konstrukteur, räumliche Anordnungen zu probieren, Messungen vorzunehmen, Bauteile zu tauschen und allerlei sonstige Tests zu machen. Im Bild ein Endstufen-Brettaufbau mit Netztrafo, bereits fertiggestellten Netzteilplatinen, der Röhrensektion und zwei aus Röhrenradios ausgebauten Ausgangstrafos, die später gegen gute Standard-Übertrager ausgetauscht wurden. Aufbau und Foto: Michael Münch

Ein Gerät zu optimieren ist Zehnkampftraining. Es geht darum, einerseits die Stärken zu erhalten und andererseits die Schwächen zu erkennen und zu minimieren. Zu den Stärken der Elektronenröhre ist bereits vieles gesagt worden. Ich beschränke mich darauf, die Röhre als das geeignetste Werkzeug zur Musikwiedergabe anzunehmen. Trioden und triodisierte Pentoden sind meine persönlichen Favoriten.

Freilich muss ein grundlegender Fakt berücksichtigt werden. Wir wissen bis heute nicht, was die Röhre elektrotechnisch für ein Gegenstand ist. Irgendwie gibt’s zwischen Katode, Gitter und Anode Kapazitäten – ein Kondensator ist sie aber trotzdem nicht. Auch können wir die tatsächlich vorhandenen kapazitiven Effekte bis heute nicht genau quantifizieren. Darüberhinaus gibt es Raumladungen – deren genaue Verteilung wir nicht kennen – und einen Elektronenfluss, den wir nur sehr annähernd bestimmen können. Tatsächlich knallen Elektronen und andere Teilchen – welche das sind, wissen wir so genau nicht – irgendwo hin, Anode und Getter fangen sie eben nicht alle wieder ein, und der im Glaskolben einer langgebrauchten Röhre sichtbare Niederschlag legt Zeugnis darüber ab, dass im Inneren der Röhre so manches geschieht, was wir nicht wollen, nicht wirklich kennen und nicht recht beherrschen. Erstaunlich, nicht wahr?

Die praktische Unwissenheit über den Gegenstand Elektronenröhre korrespondiert mit einer theoretischen. Wir können einen Kondensator als theoretisches Konstrukt auffassen und seine Eigenschaften aus der Maxwellschen Theorie heraus bestimmen. Und der in der Praxis zusammengebaute Kondensator verhält sich in der rauhen Wirklichkeit weitgehend so wie theoretisch (vorher)bestimmt. Wir können so manchen Elektronenfluss, ob nun in den Grenzflächen eines Transistors oder im glühenden Plasmastrom anhand der Maxwellschen Theorie betrachten, analysieren und vielfach nutzbringend anwenden. Aber das Gebilde Röhre als Ganzes lässt sich bei Maxwell nicht unterbringen.

Nun ist ein solcher Mangel an ganzheitlicher Sicht beim Auto nicht anders. Für das Auto als Ganzes gibt es nach über hundert Jahren Automobilgeschichte immer noch keine Konstruktionstheorie. Noch nicht einmal für die Hinterachse gibt es das. Aber wenn wir vorab entscheiden, es solle eine Schräglenker-Hinterachse werden, dann haben wir für diesen Sonderfall ein größeres theoretisches Rüstzeug. Das hat uns freilich nicht davor bewahrt, in den über hundert Jahren zwischen den verschiedenen Hinterachsformen hin- und herzuirrlichtern: DeDion-Achse – gut, aber (zu) teuer; Eingelenk-Pendelachse – schlecht, aber billig und komfortabel; Schräglenker-Achse – ein wenig von allem; Starr-Achse – gar nicht so schlecht und wieder im Kommen, weil preiswert … – und so fort. So geht es hin und her, man macht das mal so und mal so, zeitgebundene Strömungen.

Dasselbe haben wir bei der Elektronenröhre erlebt, die Konstruktionsweisen waren oft mehr zeitgebunden – das macht man doch so – als logisch rational. Das konnten sie auch nicht sein, denn beim technischen Gegenstand Röhre fehlt ja die allumfassende, ganzheitliche Theorie genauso wie beim Auto. Wer seine Röhrenverstärker vorzüglich auf anspruchsvolle Musikwiedergabe ausrichten will, tut gut daran, musikorientierte Konstruktionsgedanken neu und möglichst weitreichend selbst zu erdenken.

Die nachfolgend vorgestellten Gedanken sind meine – allumfassend sind sie nicht. Sie bemühen sich, vorhandene Stärken zu erhalten sowie Schwachstellen zu erkennen und zu verbessern. Die Stärken liegen vor allem in der Verwendung von nur zwei Röhren, in der Verwendung einer Gegenkopplung, wie sie in berühmten Profiverstärkern für gut befunden wurde, und schliesslich in dem Aufbau einer hochklassigen Stromversorgung (siehe Netzteil mit RC-Siebung für einen Röhrenverstärker). Auch dabei folge ich den Profi-Pfaden und beheize die Röhren mit Wechselstrom, wie es bei allen Rundfunkverstärkern früher gemacht wurde. Was mir verbesserungswürdig erschien und welcher Art meine Gedanken dazu sind, wird in den folgenden Teilen 2 bis 4 ausgeführt.

wird fortgesetzt

– Segschneider –

Röhrenendstufe © Foto und Aufbau by Michael Münch
Überlegter, planvoller Aufbau – das A und O beim Röhrenverstärker. Aufbau und Foto: Michael Münch
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