Irgendwas gibt es immer zu verbessern und zu korrigieren
Neulich schrieb Yorck Herzberg einen Kommentar. Er will demnächst die PL82-Endstufe aufbauen. Es entwickelte sich eine kleine Email-Korrespondenz, in deren Verlauf Herr Herzberg ein paar Fragen zum Netzteil stellte. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass ich hier noch etwas nachzuholen habe, was für den GRANDE schon erledigt ist: die Optimierung der Leiterbahnführung auf den Netzteilplatinen. Was ich damit meine, ist sehr schön am Layout der Siebkettenplatinen vorher/nachher zu erklären.
So sah die erste Version der Siebkettenplatine aus:
Hier fragt man sich mit Recht, welchen Weg (blau) die Elektronen vom Masse-Eingang der Platine zum Masse-Ausgang nehmen. Wählen sie den geraden Weg direkt zur Ausgangsklemme, oder trödeln sie ein bisschen hier rum und da rum? Fließen Sie zu den Minuspolen der Elkos, oder lassen sie die Elkos links liegen? Keine Ahnung …
Ähnliches fragt man sich für den Pluszweig (rot): wenn die Elektronen durchs Röhrenvakuum gesaust sind und über die Plusausgangsklemme wieder zu den Siebketten gelangen, flitzen sie dann auf dem schnellsten Weg über die Längswiderstände Richtung Platineneingang zurück, ohne über Los zu gehen, … ähh … ohne sich um die Plusanschlüsse der Elkos zu kümmern, die aus Sicht der Elektronen am Ende kleiner Sackgassen liegen? Auch darüber wissen wir nichts! Die Elektronenverteilung auf dieser Platine ist tatsächlich einigermaßen unklar!
Die neue Version der Siebkettenplatine
Abhilfe schafft ab sofort die neue Version der Siebkettenplatine. Hier wurde darauf geachtet, dass der Stromfluss über sämtliche Lötpunkte der beteiligten Komponenten führt. Die Elektronen können nun nicht mehr über große Masseflächen mäandern. Sie laufen quasi auf Schienen.
Diejenigen, die vielleicht die Endstufe mitsamt der ersten Platinenversion schon aufgebaut haben – ich eingeschlossen – müssen sich allerdings nicht grämen. Bei meinem Aufbau führt die alte Platinenversion zu keinen hörbaren Nachteilen. Dennoch werde ich mein Netzteil umbauen – und sei es nur für die Konzeptreinheit.
Ein Dankeschön
geht an meinen Audiofreund Björn aus Hamburg, der mich auf diese Problematik hingewiesen und mir ein wenig Nachhilfe in Leiterbahnführung erteilt hat!
In der zweiten Augusthälfte meldete sich Rainer Uhlmann aus Süddeutschland per Email bei mir. Er wolle den GRANDE nachbauen, schrieb er. Und er hätte dazu eine Frage. Mit der Zeit entspann sich daraus ein lockerer Mailwechsel, in dessen Verlauf ich das Projekt mit dem einen oder anderen hilfreichen Tipp begleiten durfte.
Nach und nach verriet er ein bisschen was von sich:
Mit Musik bin ich so gut wie täglich befasst, spiele verschiedene Instrumente, z.B. übe ich Jazz-Improvisation auf der Trompete und versuche neue Klänge zu entdecken, habe als Sänger und Gitarrist eine kleine Rockband mit meinem Enkel und schreibe dazu Songs, spiele im Posaunenchor …
(…)
In den letzten ca. 10 Jahren hörte ich über einen PL82 Amp nach GW, den ich in ebay gekauft hatte.
(…)
Meine Lautsprecher sind ein diy-Hybrid aus offener Schallwand und Bassresonator mit einem 8 Zoll Breitbänder als Treiber.
Mal abgesehen davon, dass wir es – ich spreche hier auch im Namen Segschneiders – also dass wir es hier mit einem im „virtuellen Begegnungsverkehr“ überaus angenehmen Zeitgenossen zu tun bekamen, waren mein Mentor und ich sehr froh, jemanden zu treffen, dem man die Philosophie des höchst empfindlichen Hörens mit kleinen Verstärkerleistungen und wirkungsgradstarken Breitbändern erst gar nicht mehr schmackhaft machen musste. So einer ist hörerprobt, wenn nicht gar hörverwöhnt! Was sagt der zu unserem Baby, dem GRANDE? Spannend …!
Rainer Uhlmanns Erfahrungsbericht:
Aufbau
Seit über 10 Jahren höre ich zufrieden über eine PL82-Endstufe. In längeren Zeitabständen schaute ich im web, ob etwas über diesen Verstärker berichtet wird, doch nichts dergleichen, es blieb bei den wenigen und hinlänglich bekannten Darstellungen. Vor einiger Zeit entdeckte ich dann die „Audionist“ website und war angenehm überrascht, hier tauchte sie plötzlich wieder auf, die gute und noch gar nicht alte PL82. Als dann kurze Zeit später die Variante mit einer EL34 als Endröhre vorgestellt wurde, sprach mich dieses Projekt spontan an. Schließlich war der Selbstbau eines Röhrenverstärkers ein lang gehegter Wunsch, den ich irgendwann realisieren wollte. Angetan von der sorgfältigen und detaillierten Beschreibung dachte ich: das könnte machbar sein. Die Beschaffung der Bauteile dauerte allerdings ihre Zeit, meine geringen Vorkenntnisse und mangelnde Erfahrung taten ihr Übriges, so dass ich etwa ein Vierteljahr für dieses Unternehmen bzw. Abenteuer brauchte.
Da ich noch nie Platinen belichtet und entwickelt hatte, wollte ich mir diesen Lernschritt nicht auch noch zumuten und entschied mich für die Freiverdrahtung. Aufgebaut auf einer Grundplatte aus zwei übereinander liegenden Sperrhölzern, bohrte ich in die obere Platte Löcher als Halterungen für die Elkos. Die Verstärkerschaltung lötete ich in Keramik-Lötleisten, die Röhren kamen auf eine kleine Holzplatte. Als das Dingens soweit fertig war, versuchte ich ihm erste Töne zu entlocken. Die kamen zwar, aber nur leise, beim Aufdrehen des Vorverstärkers verzerrte das Signal gnadenlos. Da ich ohnehin zu meinen anfängerhaften Lotklumpen keinen inneren Zugang fand, entschied ich mich für einen Neuaufbau der Verstärkerschaltung, das Netzteil war okay.
Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich Herrn Münch sehr dankbar bin, dass er mir die entscheidenden Tipps und Hilfen gegeben hat, die Endstufe schließlich zum Laufen zu bringen.
Die Bauteile gruppierte ich nun direkt um die Röhrensockel herum. Die Wege sind dadurch sehr kurz, allerdings mit dem Nachteil, dass es gegen Ende ziemlich eng wurde. Das nächste Mal würde ich doch lieber wieder auf Lötleisten zurückgreifen, zumal auch ein Austausch von Bauteilen leichter vonstatten geht. Aber nichtsdestotrotz funktionierte es. Die Maße der Grundplatte sind so gewählt, dass sie in ein 19″-Gehäuse eingeschoben werden kann.
Klang
Und nun die spannende Frage: Wie klingt das Teil? Die ersten Töne zeigten ein flüssiges und swingendes Klangbild, Instrumente wurden schön herausgearbeitet, klangen körperhaft, direkt und kraftvoll, die Individualität der Musiker trat mehr in den Vordergrund, die Bühne wurde differenzierter und gewann an räumlicher Zuordnung, aber auch Kleinigkeiten wie die extrem feine Auflösung der Sibilanten fielen angenehm auf. Gegenüber der PL82 ging eine weitere musikalische Tür auf, diese konnte allenfalls noch mit einer kohärenteren Wiedergabe punkten. Auch habe ich die tubes schon ein wenig gerollt: für Gitarrenamps gebaute EL34 Röhren, die ich zu Testzwecken eingesteckt hatte, waren anspringend, sonor und brillant, aber im oberen Sopranbereich etwas vorlaut, die RSD klangen zunächst deutlich zurückhaltender und abgeklärter, eher in Richtung PL82, wachten aber nach einer Weile gehörig auf. Der Verstärker kommt erst in Form und Fahrt, wenn er seine Betriebstemperatur erreicht hat. Notabene: was ich hier beschreibe, sind nur erste Geh- bzw. Hörversuche, Bauteile wie die PIOs und AÜs brauchen vermutlich ein paar hundert Stunden, um sich einzuspielen. Doch bereits die ersten Hörerlebnisse waren für mich eine große Freude, ich bin gespannt, wie sich diese geniale Endstufe klanglich weiter entwickeln wird.
(…)
Liebe Grüße – auch an Herrn Segschneider
Rainer Uhlmann
Segschneider und ich freuen uns zusammen mit Rainer Uhlmann über den gelungenen Aufbau, der so anders ist, als der hier im Audionisten beschriebene – der Erfolg allerdings gibt seinem Erbauer recht! Wir wünschen viele schöne Hörerlebnisse mit der neuen Komponente!
Schon am 3. Oktober veröffentlichte Ulrich Heilmann auf seinem Blog zu Musik, Digital Audio und Röhrentechnik unter dem Titel Nachbau EL34 Audionist den ersten Teil des Bauberichts seines GRANDE. Segschneider und ich kennen den Uli auch persönlich und freuen uns sehr, dass ihn unsere Veröffentlichung so angesprochen hat.
Hier der schon recht weit fortgeschrittene Aufbau vom Uli:
Wir drücken die Daumen für einen erfolgreichen Fortgang der Arbeiten!
Berichtigung
Uli hat die Bauanleitung und die Wirkweise des GRANDE so durchdrungen, dass ihm ein Fehler aufgefallen ist: der 470K-Widerstand, der nach dem Abschalten des GRANDE die Siebelkos entladen soll, gehört zwischen den 285V-Ausgang und Masse der Siebketten-Platinen. Ich aber hab den Widerling irrtümlich zwischen 285V und 320 V geschaltet. Man kann das aber leicht beheben, indem man der Massebahn eine zusätzliche Bohrung verpasst und den 470k aufrecht montiert.
Aus so (FALSCH!!!):
wird dann so (RICHTIG!!!):
und die Welt ist wieder in Ordnung! In den Beitrag GRANDE #3 ist es eingepflegt worden.
Allen (potentiellen) Nachbauern weiter viel Freude und Erfolg!
Mitte 2017 hatte ich Gelegenheit, ein Paar ALTEC Santana-Lautsprecher über längere Zeit zu testen und schließlich zu erwerben. Während der Testphase stellte ich die Boxen anlässlich eines Treffens meinen Audiofreunden vor, die mir einhellig zum Kauf rieten (siehe: Altec 604-8H-III vs. Altec Santana Mk.1).
Die Santanas sind wunderbar klingende Lautsprecher, die aber mehr Verstärkerleistung benötigen, als unsere bisherigen auf die höchst empfindlichen SABA-Breitbänder zugeschnittenen Endstufen aufbringen können. Gute Zimmerlautstärke ist mit der PL82 noch so eben zu erzielen, darüber wird’s kritisch. Es juckt einen in den Fingern, die LINE-Stufe noch ein bisschen weiter aufzudrehen, man treibt damit aber die arme Endröhre in die Begrenzung.
Schnell kam der Wunsch nach etwas mehr Leistung und damit einer neuen Endstufe auf. Nicht nur bei mir – ich zitiere stellvertretend aus einer Zuschrift von Michael Vogt aus Wien, in der er über seine PL82-Endstufe an Haigner-Lautsprechern berichtet:
Trotzdem ist die Leistung, wenn man einmal Party- und nicht Zimmerlautstärke haben möchte, ein wenig zu gering. Merkbar ist dies vor allem bei hohen Sopranstimmen, die auch schon bei normaler Lautstärke zum Clipping neigen. Da, und beim druckvollen Bass, ist ein Watt bei mir leider doch zu wenig.
Ich werde mein nächstes Projekt auf eine 2A3SE-Lösung konzentrieren. Wenn ich lineare 2-3 Watt bekomme, reicht das voll und ganz.
Drei Watt, das war auch Segschneiders und mein Ziel, als wir uns die ersten Gedanken über ein neues Endstufenprojekt machten. Drei Watt, das ist allerdings ein Leistungssegment, das von den Trioden 2A3 und 300B beherrscht wird. Dass wir uns darauf nicht einlassen wollten, war uns schnell klar. Nix für unsere Hobbykasse! Schnell brachte Segschneider die EL34 ins Spiel. Die würde als Triode geschaltet die gewünschten drei Watt aufbringen können. Auch der Ausgangstrafo stand bald fest – ein Ogonowski sollte es sein. Ein maßgeschneidertes Übertragerpaar der Größe SM102b dieses polnischen Trafowicklers durften wir schon an einer unserer PL82-Endstufen hören und bewundern.
Mit diesen selbst auferlegten Vorgaben ging Segschneider in Klausur. So entstand der Plan zum GRANDE – nun war es an mir, das Ding zu bauen.
Gefahrenhinweis
Röhrenschaltungen verwenden hohe elektrische Spannungen und werden überdies mit Netzspannung betrieben. Bei unsachgemäßem Umgang hiermit kann es zu Unfällen kommen, die schwere körperliche Schäden nach sich ziehen oder zum Tode führen können. Personen, die die erforderlichen Kenntnisse zum Umgang mit solchen Spannungen nicht haben, ist daher von der Beschäftigung mit Röhrenschaltungen bzw. hohen elektrischen Spannungen grundsätzlich abzuraten. Es versteht sich von selbst, dass ich für etwaige Schäden, die bei der Beschäftigung mit hier gezeigten Schaltungen entstehen können, keinerlei Haftung übernehmen kann. Überhaupt handelt es sich bei meinen Ausführungen nicht um konkrete Bauanleitungen, sondern lediglich um Schilderungen meiner Hobbyaktivitäten. Bei der Netzspannung mit ihrem Bezug zum Erdpotential genügt es, den Phasenleiter zu berühren, damit ein gefährlicher Strom über den Körper zur Erde fließt. Daher sind auf Netzspannung angewiesene Geräte im offenen Zustand grundsätzlich über einen Trenntrafo zu betreiben, der für eine galvanische Trennung des Geräts vom Erdpotential und von der Netzphase sorgt.
Gehäuse
Schon lange bewundere ich die Aufbauten meiner Audiofreunde, die im Vergleich zu mir alle mechanisch sehr versiert und mit bestem Werkzeug ausgestattet sind. Einer von den Jungs baut seinen Geräten regelrechte Paläste – im Vergleich dazu hausen meine Komponenten in Wellblechhütten. Lange dachte ich darüber nach, wie ich vorgehen sollte. Dann fiel mir Meinolfs V69-Restaurierung wieder ein. Meinolf hatte dort erstmals Systemprofile verwendet und war begeistert (siehe: V69a – Wiederaufbau – Gehäuse und Probebetrieb).
Das war die Lösung: der Anbieter Easy-Systemprofile schnitt die benötigten Profilstücke so genau zu, wie ich es mit meinen Mitteln nicht hinbekäme. Auch die Chassis- und Gehäusebleche bezog ich zugeschnitten von spezialisierten Anbietern. Mir blieben lediglich noch Bohr- und Schraubarbeiten. So macht Gehäusebau Spaß!
Ich habe mich für ein 20x20mm-Profil entschieden und daraus einen Quader von 420mm Breite, 160mm Höhe und 350mm Tiefe gebaut. Das ging mit den speziellen Eckverbindern sehr schnell und einfach. Die Chassisbleche sind angeordnet wie die Stufen eines Siegertreppchens. Dazu wurde das mittlere Chassisblech, das die Röhren und ihre Peripherie trägt, um eine Profilbreite angehoben. Das schafft zum einen den Platz für die diskreten Bauteile rund um die Röhren, zum anderen entstehen rechts und links des Blechs zwei Luftschlitze in Gehäusetiefe, was im Betrieb für einen guten Kamineffekt sorgt. Mittels so genannter Hammermuttern können Anbauteile an den Profilen frei positioniert werden.
Gehäuse und Sicherheit
Es ist unbedingt dafür zu sorgen, dass sämtliche metallischen Gehäuseteile elektrisch miteinander verbunden sind. Das Problem dabei: die Systemprofile sind sehr stark eloxiert und die Eloxierung ist nicht leitend! Zwar fressen sich die Hammermuttern (Bild 1) beim Festschrauben durch die Eloxierschicht und stellen so über die Schraube den elektrischen Kontakt zwischen Chassis und Profil her. Das gilt aber nicht für die metallischen Eckverbinder (Bild 2). Deren Madenschrauben schaffen es nicht, die Eloxage zu durchdringen. Hier müssen wir also nachhelfen, indem wir die Auftreffpunkte der Madenschrauben im Profil mit der Dremel von der Schicht befreien (Bild 3). Das komplett durchleitende Gehäuse ist später mit dem Schutzleiter zu verbinden.
Positionierung der Komponenten
Folgende Überlegungen waren ausschlaggebend bei der Anordnung der Baugruppen:
Der Netztrafo sollte zur Vermeidung direkter Brummeinstreuung in die Ausgangsübertrager von diesen möglichst und gleich weit entfernt sein. Das funktioniert nur, wenn die AÜs auf der einen Schmalseite stehen und der NT mittig auf der anderen Schmalseite montiert wird.
Die Vorröhren sollten – ebenso zur Vermeidung direkter Einstreuungen – möglichst weit vom Netztrafo entfernt zu den AÜs hin positioniert werden. So kommt es, dass die weniger einstreuempfindlichen Endröhren nicht in relativer Nähe zu den Ausgangsübertragern, sondern näher beim Netztrafo stehen.
Die zentrale elektrische Masse findet ihren Platz in der Chassismitte zwischen den vier Röhren.
Die Positionen der drei Platinen ergeben sich so von selbst.
Zentrale elektrische Masse, Gehäusemasse, Schutzleiter und Massebezug der beiden Heizkreise
Der Pfosten für die zentrale elektrische Masse wird gebildet aus drei Distanzbolzen, von denen der mittlere aus Polyamid besteht und somit nichtleitend ist. Am oberen Ende des Pfostens befindet sich der Massestern.
Der Stern, an dem sich alle Schaltungsteile bis auf die Siebketten-Module Masse „holen“, besteht aus Schraublötösen und wird direkt mit dem Masse-Ausgang des Gleichrichter-/Ladeelko-Moduls verbunden. Der Bezug des Sterns zur Gehäusemasse wird mittels eines 100 Ohm-Widerstandes hergestellt. Dazu gibt es am Fuß der Konstruktion zwei Lötösen mit direktem Kontakt zum Chassis. An der zweiten endet der Schutzleiter.
Mit dem Massestern werden auch die Symmetrierwiderstände der beiden Röhrenheizungskreise verbunden.
Netzteil
Das Netzteil besteht aus vier Modulen: dem Netztrafo, der Gleichrichter-/Ladeelko-Einheit und für jeden Kanal einer Siebketten-Baugruppe.
Netztrafo
Wie schon im Beitrag GRANDE #2 angedeutet, gestaltete sich die Suche nach einem Trafowickler, der uns einen passenden Netztrafo mit M-Kern und mittelangezapfter Sekundärwicklung maßschneidert, äußerst schwierig. Letztlich war dieses Abenteuer zum Scheitern verurteilt – nun stehen hier ein paar (bezahlte!) Prototypen herum, mit denen niemand etwas anfangen kann.
Gut, dass wir uns besannen und nun über den Einsatz eines Ringkern-Trafos nachdachten. Björn aus Hamburg bestärkte uns darin und lieferte auch gleich die Bestelldaten mit. Die wiederum waren bei der Firma Rondo-Müller aus Rodewisch in Sachsen in den besten Händen! Das gestaltete sich so: an einem Freitag das Anfrageformular auf www.mueller-rondo.com ausgefüllt:
prim.: 230V sek.: 2x280V/0,225A, 2×6,3V/2A, Schirmwicklung Cu-Folie Restlochverguss mit Distanzhülse für M8-Schraube
Am Montag drauf bekam ich mein Angebot. Ich bestätigte umgehend. 10 Tage später war das Teil hier! Und das in Topqualität! Fazit: die Fa. Müller kann uneingeschränkt empfohlen werden!
Allerdings hatte ich versäumt, den Montagesatz mitzubestellen. Das war per Ebay dann eine 2-Tage-Sache.
Die primäre Beschaltung des Netztrafos
Ringkerntrafos haben bei allen Vorteilen eine unangenehme Eigenschaft: im Einschaltmoment können sehr große Ströme fließen, die gelegentlich auch den Sicherungsautomaten im Zählerkasten ansprechen lassen. Außerdem muss man als träge Primär-Feinsicherung einen viel zu großen Wert einsetzen, um diese nicht dauernd wechseln zu müssen. Dabei verliert man aber wegen der verringerten Schutzwirkung an Gerätesicherheit.
Doch es gibt Abhilfe: man schaltet der Primärwicklung einen Heißleiter (NTC) in Reihe. Dieser hat im kalten Zustand seinen höchsten Widerstand und begrenzt so den Einschaltstromstoß. Dabei erhitzt sich der Heißleiter und verliert den größten Teil seines Widerstandes. Im Mustergerät verwende ich einen NTC von Epcos mit dem Wert 5Ω/2W. Der verhindert zuverlässig das Ansprechen der Sicherung. So habe ich ihn verbaut:
Aus einem Stückchen Cu-Epoxy habe ich drei Lötinseln herausgedremelt. Das Plättchen klebt auf der Rückseite des Trafo-Halteblechs. Die kleine schwarze Scheibe ist der NTC.
Hier das Ganze noch mal als Schaltbild-Auszug. Dort sieht man in Reihe mit dem Heißleiter und der Primärwicklung die Feinsicherung 1A träge:
Warum Zweiwege-Gleichrichtung?
Aus klanglichen Gründen – wie bei so vielen Dingen, die wir hier tun …
Platinen
Es wurden Platinen entworfen, deren Layouts hier als hochaufgelöste PDF-Dateien herunter geladen werden können. Die Platinen sind insofern universell, als sie durch veränderte Längswiderstände auch für andere Endstufen und Netztransformatoren anpassbar sind. Die PDFs sollten jeweils 1:1 (also unskaliert!) auf zwei Overheadfolien ausgedruckt werden, die passgenau übereinander (um eine höhere Dichte zu erzielen) auf fotobeschichtetes Platinenmateriel gelegt und durchbelichtet werden. Das Verfahren wird bekannt sein.
Hinweis: Das Netzteil hat während der Entwicklung des GRANDE mehrere Häutungen mitmachen müssen. Aufmerksamen Lesern wird auffallen, dass die beiden gezeigten bestückten Platinen noch nicht in allen Details den zum Download angebotenen Designs entsprechen. Auch steht auf der Gleichrichterplatine noch ein Ladeelko der 500V-Klasse – in der endgültigen Auslegung reicht hier eine 450V-Type, da die Kaltanlaufspannung am Ladeelko – das ist die Spannung bei gezogenen Röhren – unter 450V bleibt. An dieser Stelle ein Dankeschön an Björn J., der mir ein wenig Nachhilfe in Netzteil-Platinendesign erteilt hat. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse flossen in die endgültigen Platinen mit ein.
Bei der von uns verwendeten Gleichrichtung entsteht am Ladeelko eine Ripple-Spannung mit einer Frequenz von 100Hz.
Dämpfung der Siebkette Endröhre
Die Siebkette für die Endröhre besteht aus drei Siebgliedern:
195 Ohm / 470µF – Siebfaktor bei 100Hz = 57,55
195 Ohm / 470µF – Siebfaktor bei 100Hz = 57,55
195 Ohm / 1880µF – Siebfaktor bei 100Hz = 230,2
Gesamtsiebfaktor = 762423, das entspricht einer Dämpfung der am Pluspol des Ladeelkos anliegenden Ripple-Spannung von -117db – ein guter Wert!
Dämpfung der Siebkette Vorröhre
Die zusätzliche Siebkette besteht aus zwei Siebgliedern:
1,8 kOhm / 100µF – Siebfaktor bei 100 Hz = 113
1,5 kOhm / 100µF – Siebfaktor bei 100 Hz = 94,2
Gesamtsiebfaktor = 10645, das entspricht einer weiteren Dämpfung der Störsignale von -80,5db – zusammen mit der ersten Kette ergibt das eine Dämpfung von -197,5dB!
Resonanzverhältnisse
Leszek Ogonowski gibt für die Primärwicklung seines Ausgangsübertragers LO SE25-3 eine Induktivität von 24 H an. Zusammen mit der Kapazität des letzten Siebgliedes der Endröhren-Siebkette von 1880 µF bildet das einen Serienschwingkreis mit der Resonanzfrequenz F = 0,75 Hz.
Die Güte dieses Schwingkreises wird bestimmt durch den Kupferwiderstand der Primärwicklung von 150 Ohm samt dem in Reihe liegenden Widerstand von 82 Ohm, der Kapazität 1880 µF des letzten Elkos und der Induktivität 24 H der Primärwicklung. Ich will hier niemanden mit Formeln quälen, aber ich versichere, dass sich daraus eine Güte von Q = 0,48 ergibt. Damit liegt der Fall überkritischer Dämpfung vor: es können keine unerwünschten Schwingungen mehr entstehen.
Manch einer wird sich schon gefragt haben, warum wir in den Siebketten für die Endröhren parallele Längswiderstände einsetzen. Das ist leicht erklärt: zunächst sehe man sich das nachfolgende Foto an. Man sieht dort, dass jeweils einer der parallelen Widerstände fest in die Platine eingelötet, der andere aber in Lötösen montiert ist. Damit lässt er sich einfach von oben austauschen.
Segschneider ging bei der Berechnung der Basisbestückung des Netzteils von folgenden Eckwerten aus:
Netzspannung: 230 VAC
Spannung am Ladeelko bei einem Laststrom von 180mA: 373 VDC
(dazu gehört ein entsprechend gerechneter Netztrafo)
Der Netztrafo des Mustergerätes weicht ein wenig von den errechneten „Idealwerten“ ab: er sorgt bei einer Netzspannung von 237 VAC (also einer höheren Netzspannung, die so aber am Wohnort des Autors ständig vorliegt!) für eine Gleichspannung am Ladeelko – bei einem Laststrom von 180mA – von ebenfalls 373 VDC.
Ich freue mich sehr darüber, dass das bei mir so passt und ich somit keine Änderungen vornehmen muss!
Normaler Betriebsfall
Die Sollwerte wurden von Segschneider errechnet auf Basis der genauesten zur Verfügung stehenden Röhrendaten zur EL34 (Quelle: Mullard). Ich besitze mehrere Röhrenpaare, die sich so verhalten wie vorausberechnet.
Durch die dreigliedrige Siebkette jeder Endröhre fließt ein Strom von 90mA, die Summe der Ströme von Vor- (10mA) und Endröhre (80mA). Der Längswiderstand dieser Siebkette wird gebildet aus
Der Spannungsabfall an 585Ω beträgt bei 90mA U=R*I = 585Ω*0,09A = 52,65V. Bei 373V am Ladeelko (bei einem Laststrom von 180mA, beide Kanäle in Betrieb) und einem Spannungsabfall von 53V an den Längswiderständen der Endröhren-Siebketten resultiert an deren Ausgang eine Spannung von 320V. Punktlandung!
Unterspannung
Die obige Rechnung bezieht sich auf die Verhältnisse im Mustergerät des Verfassers, an dessen Wohnort eine Netzspannung von 237 VAC geliefert wird. Was aber, wenn eine niedrigere Spannung aus der Steckdose kommt?
Mal angenommen, der Netztrafo liefere aufgrund niedrigerer Netzspannung 10 VAC weniger an die Gleichrichter. Rein theoretisch liegen dann √2*10V = 1,4142*10V = 14,14 V weniger Gleichspannung am Ladeelko an. Erfahrungsgemäß rechnet man besser mit dem Faktor 1,35. 13,5 V also, die am Ladeelko fehlen. Statt 373V liegen dort nur noch 359,5V an. Was tun? Wir müssen den Spannungsabfall in der Siebkette um 13,5V verringern. Die Siebkette ist dreigliedrig, wir verteilen die 13,5 V auf die drei Siebglieder – in jedem sollen 4,5 V weniger abfallen als bisher.
Im oben beschriebenen normalen Betriebsfall fallen am Längswiderstend jedes Siebgliedes U=R*I = 195Ω*0,09A = 17,55V ab, nun sollen es nur noch 13,05V sein. Der Längswiderstand von 195Ω, gebildet aus zwei parallelen Widerständen von 390Ω, muss verkleinert werden. Der neue Längswiderstand errechnet sich zu R = U/I = 13,05V/0,09A = 145Ω.
Wir bauen die drei 390Ω-Widerstände aus, die in den Lötösen stecken und ersetzen sie durch den Norm-Wert 220Ω (der errechnete Wert liegt bei 230Ω, wir begnügen uns hier mit einem Wert aus der Normreihe). Jedem „fest eingebauten“ 390Ω-Widerstand liegt somit ein 220Ω-Widerstand parallel. Laut Widerstandrechner auf den Seiten von Sengpiel-Audio ergibt sich aus 220Ω || 390Ω ein Wert von 140,6Ω, das ist hinreichend genau: der Gesamt-Längswiderstand der Siebkette beträgt dann 3*140,6Ω = 421,8Ω, der Spannungsabfall U=R*I = 421,8Ω*0,09A = 38V.
Wie oben angenommen, liegen am Ladeelko 359,5V an. Abzüglich des Spannungsabfalls von 38V ergibt sich am Ausgang der Endröhren-Siebkette eine Spannung von 321,5V. Das ist uns genau genug!
Durch die Erniedrigung der drei Längswiderstände von 195 auf 140,6 Ohm verlieren wir an Dämpfung. Wir erhalten letztlich -112dB gegenüber -117dB bei Basisbestückung – ein Verlust, der aber zu verschmerzen und auch nicht hörbar ist!
Überspannung
Liegt am Ladeelko bei Belastung durch beide Verstärkerkanäle (bei um die 180mA Laststrom) eine signifikant höhere Spannung als 373V (≥383V) an, sind die Serienwiderstände in den beiden Endröhren-Siebketten zu vergrößern, um einen höheren Spannungsabfall zu erhalten. Dabei geht man vor wie bei Unterspannung, nur dass je Siebglied der „Lötosen“-Widerstand gegen einen höheren Wert ausgetauscht wird. Die Rechenwege sind die selben wie bei Unterspannung.
Andere Gründe für abweichende Spannungen
Das bisher Beschriebene gilt dann, wenn bei Betrieb am Ladeelko entweder Überspannung bei leicht erhöhtem Strom oder Unterspannung bei leicht vermindertem Strom (beides bezogen auf die Sollwerte von 180mA und 373V) vorliegt.
Allerdings: in meinem Besitz befindet sich auch ein Röhrenpaar, dessen beide Exemplare 85 statt 80mA ziehen bei Rückgang der Spannung am Ladeelko von 373 auf 367V. Dies ist ein Verhalten, das sich durch Manipulationen an den Siebketten nicht unterdrücken lässt. Man müsste in den Arbeitspunkt der Röhren eingreifen. Davon sehe ich ab: der GRANDE soll nicht auf ein spezielles Röhrenpaar eingestellt werden, sondern mit vielen Röhrenpaaren harmonieren, die sich erwartungsgemäß verhalten.
Einem in diesem Sinne eingestellten Grande kann allerdings auch ein solches Röhrenpaar nichts anhaben (und umgekehrt), da der Entwurf dieser Endstufe den Grenzwerten einer EL34 in keiner Weise nahe kommt. Hier ist nichts auf Kante genäht.
Aufbau der Endstufenschaltung
Die Montage von Widerständen und Kondensatoren erfolgt auch bei dieser Endstufe auf Platinensteckerleisten mit Lötösen-Anschluss. Dieses Vorgehen hat sich bei mir schon mehrfach bewährt. Auch hier allerdings der Hinweis, dass man unbedingt über dieses vom Zahnarzt bekannte Werkzeug verfügen sollte, eine sogenannte Zahnsonde, mit der man die kleinen Lötösen vorsichtig aufweiten kann, wenn man beispielsweise noch ein drittes Drähtchen einfädeln will. Überhaupt ein sehr universelles Teil, auf das ich nicht mehr verzichten möchte! So sieht eine Zahnsonde aus:
Die großen PIO-Kondensatoren habe ich auf das Chassis geklebt. Für Klebungen an Stellen, die im Betrieb sehr warm werden können, verwende ich seit Jahren mit gutem Erfolg Pattex REPAIR GEL.
Hier nun der Verdrahtungsplan:
Die Gitterwiderstände (680 Ohm) und die Triodisierungswiderstände (100 Ohm) werden direkt an den Röhrenfassungen verlötet. Es ist eine gute Idee, die Kathodenzuleitungen mit blau und die Anodenzuleitungen mit rot isoliertem Draht auszuführen. Bei späteren Messungen in der Schaltung weiß man dann sofort, wo man die Messspitze anzusetzen hat.
Von den in GRANDE #2 beschriebenen Methoden der Triodisierung der EL34 ist hier die klassische Variante 1 verwirklicht.
Masseführung, Brummvermeidung
An den Stern der elektrischen Masse gehören (jedes für sich mit separater Leitung!):
die Leitung, die zum Masseausgang des Gleichrichter-/Ladeelko-Moduls führt
die Schirmwicklung des Netztransformators
die Masse des rechten Audiomoduls (nicht des rechten Siebkettenmoduls), und zwar von dessen Eingang
die Masse des linken Audiomoduls (nicht des linken Siebkettenmoduls), und zwar von dessen Eingang
die Symmetrier-Widerstände der beiden Heizkreise
der 100 Ohm-Widerstand, der mit seinem anderen Ende mit der Gehäusemasse verbunden wird
An den Gehäusemasse-Punkt werden lediglich der zuletzt erwähnte Widerstand sowie zwingend (!) der Schutzleiter angeschlossen.
Die beiden Cinch-Einbaubuchsen werden isoliert vom Gehäuse montiert. Sie beziehen ihre Masse über die Abschirmung ihres Signalkabels. Schaltungsseitig ist die Abschirmung mit der jeweiligen Kanalmasse am Eingang zu verbinden.
Die beiden Masseeingänge der Siebketten-Module werden direkt mit dem Masseausgang des Gleichrichter-/Ladeelko-Moduls verbunden. Da die Masse nicht durch die Siebketten-Module durchgeschleift wird, bleiben deren Masseausgänge ungenutzt.
Ziel muss sein, dass bei kurzgeschlossenen Eingängen die Endstufe absolut still ist! Wird das eben beschriebene Vorgehen bei der Masseführung beherzigt, ist die Chance, eine brummfreie Endstufe zu haben, schon recht groß! Sollte es dann dennoch brummen, ist Fehlersuche angesagt …
Wichtiger Hinweis: die Gründe für Brummen können sehr vielfältig sein. Ungünstige Leitungsführung, kalte Lötstellen – manchmal ist der Verursacher schwer auszumachen. Man lässt sich aber auch schnell nasführen, wie ich in diesem Beispiel:
Die offene Endstufe war auf dem Kopf stehend auf dem Tisch vor mir aufgebaut, die Eingänge kurzgeschlossen und aus den Lautsprechern brummte es – leise, aber vernehmlich. Bei Annäherung mit der Hand nahm das Brummen zu, bei Entfernung aber blieb ein Restbrummen. Dann berührte ich zufällig das Gehäuse und – völlige Stille! Es dauerte ein bisschen, bis ich drauf kam: der Regel-Trenntrafo, an dem ich die Endstufe betrieb, schleift aus Sicherheitsgründen den Schutzleiter nicht durch. Also hing die gesamte Endstufenmasse in Bezug zum Erdpotential quasi in der Luft. Das musste brummen …
So weit Segschneiders und meine Ausführungen zu Konzeption und Aufbau des GRANDE – Projekts. Nun warten wir neugierig auf erste Erfahrungen unserer Leser! Gut möglich, dass wir dann noch eine Nachbetrachtung veröffentlichen.
Anhang: Bezugsquellen
Netztransformator:
Fa. RONDO Müller www.mueller-rondo.com
Email: info@mueller-rondo.com
Bestelldaten:
Ringkerntrafo 152VA
prim.: 230V
sek.: 2x280V/0,225A, 2×6,3V/2A, Schirmwicklung Cu-Folie
Restlochverguss mit Distanzhülse für M8-Schraube
Achtung: nicht vergessen, gleich einen Montagesatz mit anzufragen!
Mit der Suche nach einem Trafowickler, der uns einen auf unser Projekt maßgeschneiderten Netztrafo mit M-Kern und mittelangezapfter Sekundärwicklung für Zweiwege-Gleichrichtung rechnet und macht, taten wir uns schwerer, als wir es uns ohnehin vorgestellt hatten. Uns war klar: es gibt heute nur noch wenige Firmen – oder genauer gesagt: wenige Menschen -, die dieses Handwerk von Grund auf beherrschen. Und die, die es können, sprechen offenbar eine andere Sprache als wir Amateure. Diese Sprachbarriere, mit der wir zunächst nicht gerechnet hatten, bescherte uns im Laufe der Zeit drei nur bedingt einsetzbare Prototypen, die man keinem empfehlen kann, der unser Projekt nachbauen will.
Wohlmeinende Freunde rieten uns daraufhin, über den Einsatz eines Ringkerntrafos nachzudenken. Björn rechnete ihn für uns und die Firma RONDO Müller hat ihn gewickelt. Das war der Durchbruch!
Dieser Trafo speist nach Gleichrichtung eine klassische Siebkette. Wer höhere Leistung will, muss höhere Spannungen und Ströme bereitstellen. An diesem grundlegenden Zusammenhang führt kein Weg vorbei. Deshalb werden 450-Volt-Typen als Elkos eingesetzt, in einer Größe von 470µF. Wir hatten Glück und konnten einen Sonderposten solcher Kondensatoren zu einem sehr bescheidenen Preis abgreifen. Deshalb als kleiner Einkaufstipp: es lohnt sich manchmal, nicht nur nach der passenden Anzahl Ausschau zu halten, sondern durchaus auch den Einkauf einer etwas größeren Menge zu erwägen. Die überzähligen Exemplare können entweder beim nächsten Projekt verwendet oder an Audiofreunde abgegeben werden.
Bereits in vorangegangenen Veröffentlichungen hatten wir darauf hingewiesen, dass die Zusammenschaltung des letzten Siebkondensators mit dem Ausgangsübertrager einen Serienschwingkreis bildet und dass man freundlicherweise etwas dagegen tun sollte (siehe: Resonanzverhältnisse). Bei Kleinleistungsendstufen hat man es diesbezüglich einfach, man kann den dämpfenden Widerstand Rd (gebildet aus dem Kupferwiderstand der primären Trafowicklung, hier 150 Ohm, und dem zugeschalteten Widerstand, hier 82 Ohm) erhöhen und den dadurch eintretenden Leistungsverlust hinnehmen. Möchte man hingegen eine größere Leistung, geht das so nicht. Deshalb setzen wir, verglichen mit der PL82-Endstufe, einen geringeren Dämpfungswiderstand ein und verwenden mehrere 470µF-Elkos als letztes Siebglied, so dass ebenfalls eine gute Dämpfung des Schwingkreises erreicht wird. Zugleich wird eine stabile Versorgung mit Gleichstrom erreicht, denn 4 x 470µF als letzter Elko, das schafft schon einen soliden Puffer gegen Schwankungen.
Wie man generell die passenden Werte für einen solchen Aufbau errechnet, ist auf diesen Seiten bereits vorgestellt worden (siehe: Netzteil mit RC-Siebung für einen Röhrenverstärker). Wir möchten es an dieser Stelle nicht wiederholen. Wer sich dafür interessiert oder unseren Aufbau nachrechnen mag, kann das leicht nachschlagen.
Audioschaltung
Die Firma Mullard schlägt in ihren alten Unterlagen eine Triodeneinstellung von 250V und 70mA vor. Das hätte sich mit unseren primären 3,0kOhm Impedanz des Ogonowski-Übertragers nicht so gematched, dass volle 3 Watt Ausgangsleistung entstanden wären. Deshalb haben wir den Arbeitspunkt leicht angehoben auf 80mA (maximal 100mA) und 280 Volt. In beidem verdaut eine (klassische, wir reden nicht von Chinakrachern) EL34 deutlich mehr, die Maximalwerte schöpfen wir damit nicht aus. Auch mit der Verlustleistung von 22,8 Watt bewegen wir uns noch im maßvollen Bereich – Mullard nennt 30 Watt maximal, sofern 500 Volt an der Anode nicht überschritten werden. Diese Einstellung gewährt uns hohe Linearität und lässt zugleich eine angenehme Lebensdauer erwarten.
Die treibende Röhre wurde ebenfalls auf diesen Seiten schon vorgestellt. Es ist eine 5654 oder eine ihrer Varianten. Für Neueinsteiger ist wiederum erwähnenswert, dass es diese Röhre aus alter russischer Fertigung als 6Zh1P-EV, russisch 6Ж1П-ЕВ (noch) recht preiswert gibt. Und es existiert eine Fülle von Varianten, die eine weitgehende Anpassung an die individuellen Hörgewohnheiten erlaubt. Zu den klanglich hochwertigen gehören zum Beispiel die WE403B, die seltene Armeeversion RCA 5654 command – nicht zu verwechseln mit der ordinären Militärausgabe RCA 6AK5W mit military-Stempel, die schwedische Ericsson 5591, die Mullard M8100 und und und. Mit anderen Worten: dem tuberolling, wie die englisch sprechende community das nennt, sind kaum Grenzen gesetzt.
Die besondere Beschaltung der ersten Röhre, mit einer Spannungsgegenkopplung von der Anode aufs Gitter wurde ebenfalls bereits erläutert (siehe: Treiberröhre). Wer die Vorzüge dieser Beschaltung begründet haben möchte, kann das hier nachlesen. Die gesamte Schaltung ist zweistufig und verwendet die Profi-Gegenkopplung von der Anode der Leistungsröhre zur Kathode der ersten Röhre. Dieser Aufbau hat sich bewährt, wenn man erstklassige klangliche Eigenschaften erreichen will – wir sahen keinen Grund, davon abzuweichen.
Da es vorwiegend um letzteres geht, nämlich die erstklassigen klanglichen Eigenschaften, ist es den Verfassern auch völlig egal, dass die Kombination dieses Röhren-Winzlings mit der vielfach größeren EL34 in den Augen mancher Audiophiler vielleicht eigentümlich ausschaut. Wer mit einem offenen Aufbau des GRANDE liebäugelt, für den ist es vielleicht die Kröte, die er ungern schluckt. Aber optische Gefälligkeiten standen bei dieser Konzeption wirklich nicht im Vordergrund, sondern klangliche. Und klanglich ist dies eine selten gute Kombination mit großem Gestaltungspotential.
Triodisierung
Die EL34 gehört zu den selteneren Pentoden, bei denen das dritte Gitter nicht mit der Kathode fest verbunden ist, sondern separat herausgeführt wird. Damit bietet sich die Möglichkeit, sie auf drei unterschiedliche Arten zu triodisieren.
Nummer eins ist als bekannter Standard in der Szene weit verbreitet.
Dabei wird die Kathode mit dem dritten Gitter verbunden und das zweite Gitter über einen 100 Ohm-Widerstand an die Anode angeschlossen. Diese Methode gilt als narrensicher und hat den Ruf, immer zuverlässig zu funktionieren.
Nummer zwei geht einen anderen Weg, der auch in den Unterlagen der einen oder anderen Profi-Röhre vorgeschlagen wird. Auch diese Methode gilt als ein altbewährtes Verfahren.
Hier werden sowohl zweites als auch drittes Gitter mit der Anode ohne zwischengeschaltete Widerstände verbunden, damit entsteht quasi eine dreiteilige Anode. Diese Version wurde zum Beispiel für die Poströhre C3m in den Unterlagen von Siemens vorgeschlagen.
Schließlich kommt aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine etwas neuere Variante. Dabei wird das zweite Gitter (wie in Variante eins) über einen 100 Ohm-Widerstand mit der Anode verbunden, wohingegen das dritte Gitter über einen 100 nF-Kondensator, Spannungsfestigkeit mindestens 400V, besser 500V, auf die Kathode gelegt wird.
Diese Art der Triodisierung hat Segschneider in einer Schaltung eingesetzt, die eine geringere Leistung abgibt und die obengenannten Mullard-Arbeitspunkte verwendet (250 v Anodenspannung und 70 mA Strom) und war von den klanglichen Resultaten angetan, nachdem er zuvor Variante eins gehört hatte. Mit diesen drei Varianten hat der Anwender die Möglichkeit, eine Feinabstimmung dieses Entwurfs nach seinen Vorstellungen zu erzielen – und selbstverständlich auch nach seinen Hörgewohnheiten.
Denjenigen, die sich eingehender über die Triodisierung von Pentoden informieren möchten, bieten wir hier als Download das Manuskript eines Vortrages an, den Tom Schlangen 2006 im Rahmen des European Triode Festival gehalten hat: Pentodes connected as Triodes. Wir bedanken uns bei Tom Schlangen für die freundliche Genehmigung!