Hörtagebuch

Vollverstärker mit 5654 und EL84

Recht­zei­tig zu Ostern fer­tig gewor­den – der Voll­ver­stär­ker mit 5654 und EL84
Recht­zei­tig zu Ostern fer­tig gewor­den – der Voll­ver­stär­ker mit 5654 und EL84

Schon lange lag ich Segschneider mit meiner Vorstellung in den Ohren, demjenigen meiner beiden Söhne, der kein Vinylhörer ist, einen Vollverstärker bauen zu wollen. Der Sohn benötigt keinen (beröhrten) Phonovorverstärker, der auf zusätzliche Pegelanhebung durch eine LINE-Stufe angewiesen wäre und die sonst in Frage kommenden Signalquellen sind hochpegelig genug – wozu dann die LINE? Es liegt also nahe, lediglich eine Endstufe mit Quellenwahlschalter und Pegelsteller haben zu wollen.

Segschneider mochte sich mit meiner Idee nur widerwillig beschäftigen – er denkt eine Anlage immer in getrennten Komponenten und dann gehört die LINE für ihn einfach dazu. Außerdem ist ein Verstärker vom Schlage der in diesem Blog schon besprochenen PL82-Endstufe zwingend auf die LINE angewiesen, da man aus technischen Gründen nicht einfach ein Potentiometer als Pegelsteller an den Eingang hängen darf.

Segschneider erklärt, warum:

Der technische Grund ist einfach der: die Spannungsgegenkopplung an der Vorröhre, wie sie zum Beispiel im PL82-Endstufen-Entwurf ausführlicher erklärt ist, ist darauf ausgelegt, vom vorgeschalteten Gerät eine Quellimpedanz angeboten zu bekommen, die (a) unveränderlich ist und (b) recht klein, etwa 1,5 kΩ oder weniger. Ist die vorgeschaltete Quellimpedanz aber ein 100 kΩ-Poti, stimmt beides nicht mehr. Weder ist die Quellimpedanz dann klein (klein in Relation zu dem Gitterwiderstand von 100 kΩ!), noch ist sie konstant. Die Schaltung würde also nicht mehr so funktionieren, wie sie berechnet ist.

Entsprechend überrascht war ich, als mein Freund mir neulich doch einen Vorschlag für einen Vollverstärker vorlegte.

Die Schaltung

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Schaltplan Vollverstärker mit 5654 und EL84
Schaltplan Vollverstärker mit 5654 und EL84

Lassen wir zunächst Segschneider zu Wort kommen:

Es wurde bereits begründet, dass bei der Verwendung eines Potentiometers am Eingang eine Spannunsgegenkopplung von der Anode aufs Gitter der ersten Röhre nicht infrage kommt. Trotzdem ist es aber wichtig, eine möglichst stabile Verstärkung der ersten Röhre zur Verfügung zu haben, da der Entwurf eine Gegenkopplung verwendet, die natürlich von der Verstärkung der ersten Röhre mit abhängt und die zudem direkt auf die Kathode dieser ersten Röhre einkoppelt. Deshalb wurde hier eine Eingangsröhre ausgewählt, die 5654, die nach meiner – selbstverständlich subjektiven und begrenzten – Erfahrung recht stabil läuft, wenn man sie mit den Nennwerten betreibt – das sind 10 mA und 2 V an der Kathode. Der Kathodenwiderstand von 200 Ohm reicht gerade so hin, um die Gegenkopplung zu realisieren. Für die Endröhren wurde eine regelbare Festgitterspannung eingesetzt; sie erlaubt es, kleinere Ungleichheiten der beiden Endröhren (wie sie durch Exemplarstreuung oder Alterung auftreten können) auszugleichen. Die Festgitterspannung sollte so eingepegelt werden, dass durch beide Endröhren ein gleichhoher Strom – also 34 mA – fließt. Auch dies dient einem stabilen Betrieb des Verstärkers.

Die Netzteile

Die beiden identischen Netzteile des Vollverstärkers verwenden zwei gleiche Transformatoren alter Fertigung. Ich mag hier kein Fabrikat angeben, denn dann könnte es sein, dass ein Nachbauinteressent auf das Auftauchen des erhofften Trafopärchens endlos warten müsste.

Die richtige Vorgehensweise ist die: man schalte der Hochvolt-Sekundärwicklung eines vielleicht infrage kommenden Trafo-Testlings eine Gleichrichterbrücke und einen Ladeelko von 47µF/450V nach. Die am Ladeelko liegende Gleichspannung wird mit ca. 45mA belastet (Hochlastwiderstände verwenden). Ist der Trafo in der Lage, über einen Zeitraum von einer Stunde unter dieser Belastung etwa 325V Gleichspannung am Ladeelko zu liefern und dabei nicht so heiß zu werden, dass man ihn nicht mehr anfassen kann, kann man ihn und seinen identischen Zwilling einsetzen. Das können sehr viele Ausbau-Netztrafos aus der Röhrenradio-Ära.

Bei diesen Messungen ist ein Trenntrafo zu verwenden, siehe Gefahrenhinweis. Das weitere Vorgehen beim Entwurf des Netzteils ist hier beschrieben.

Siebketten

Dazu hier das Schaltbild meines Netzteils (für einen Kanal!):
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Netzteil (ein Kanal) Vollverstärker
Netzteil (ein Kanal) Vollverstärker

Bei Belastung mit 44mA stehen bei dem von mir gerechneten Netzteil +329V am Ladeelko an. Darauf folgt eine dreistufige RC-Siebkette mit einer Dämpfung (bei 100Hz Störsignal) von -110db. An deren Ende stehen bei 44mA Belastung +265V für die Versorgung der Endröhre zur Verfügung. An diesem Punkt setzt auch eine zweite, diesmal zweigliedrige RC-Siebkette an, die eventuelle Störsignale um weitere 70dB dämpft und an ihrem Ausgang bei 10mA Belastung noch +235V für die Versorgung der Vorröhre zur Verfügung stellt.

Die hohe Gesamtdämpfung von -180dB trägt wesentlich dazu bei, dass der hier gezeigte Aufbau in Bezug auf Störsignale absolut still ist. Angenehmer Nebeneffekt: die durch die zweite Siebkette entstehende hohe Entkopplung der Versorgungsspannungen von Vor- und Endröhre verhindert das berüchtigte Aufschaukeln der Endstufe (motorboating).

Es hilft nix: meine im Schaltplan des Netzteils angegebenen Bauteil-Werte stimmen zunächst mal nur für die Trafos, die ich verwende. Beim Einsatz anderer Trafos ist die Dimensionierung der Siebkette wahrscheinlich neu zu rechnen. Wie das geht, ist eingehend beschrieben in meinem Beitrag zu RC-gesiebten Netzteilen hier in diesem Blog.

Gittervorspannungs-Netzteil

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Schaltplan Gittervorspannungs-Netzteil
Schaltplan Gittervorspannungs-Netzteil

Die negativen Gittervorspannungen für die beiden Endröhren werden mit einem eigenen kleinen Netzteil erzeugt. Auf der Platine befindet sich eine einfache Siebkette mit RC-Gliedern, allerdings mit sehr hoher Dämpfung bezogen auf 100Hz. Die Stabilisierung erfolgt mit einer Zenerdiode, über Spindeltrimmer werden die beiden Ausgangsspannungen justiert.

Gittervorspannungs-Netzteil
Gittervorspannungs-Netzteil

Dieses Modul habe ich zwei Audiofreunden zu verdanken – vom einen kommt die Schaltung, der andere gab mir die Platine und den Trafo. Beiden sei herzlich gedankt!

Röhrenbestückung

Durch den Einsatz von Allerweltsröhren wie der 5654 und der EL84 eignet sich dieses Gerät hervorragend zum tube rolling. Segschneider und ich haben in dieser Richtung allerdings noch wenig unternommen – derzeit werkeln hier als SIEMENS gelabelte EL84 von VALVO – die 5654 sind blau gelabelt und ebenfalls von VALVO. Das funktioniert sehr zufriedenstellend, ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten. Der geneigte Nachbauer möge selbst entscheiden, wieviel Energie (und Geld) er in weitere Versuche stecken möchte.

Ausgangsübertrager

Der Schaltplan ist auf die Verwendung von gut erhältlichen Ausgangstrafos der Firma reinhöfer electronic ausgelegt, und zwar der Typen 53.61U (mit M65-Kern) oder 53.71U (mit M74-Kern). Diese Trafos stellen ein ehrliches Produkt mit sehr gutem Verhältnis von Preis und Leistung dar, mit dem das Hören bei Einsatz im beschriebenen Vollverstärker richtig Spaß macht.

Es sei aber nicht verschwiegen, dass Steigerungen möglich sind, wenn man deutlich tiefer in die Tasche greift. Die Autoren bevorzugen Ausgangsübertrager mit Schnittbandkernen, mit deren Größe man bei einem Verstärker mit zu erwartender Ausgangsleistung von unter einem Watt pro Kanal allerdings nicht zu übertreiben braucht – ein SM65- oder SM74-Kern reicht hier allemal aus.

Wichtig: bei Verwendung anderer als der hier genannten Übertrager ist darauf zu achten, wie hoch der Kupferwiderstand von deren Primärwicklung ist. 400Ω ist der hier geforderte Wert. Bei weniger als 400Ω ist ein Widerstand in Reihe zu schalten (siehe Schaltplan), ist er höher, muss die Versorgungsspannung der Endröhre um den Betrag erhöht werden, um den sich der Spannungsabfall am Ausgangstrafo erhöht.

Beispiel: bei einem Ruhestrom der Endröhre von 34mA fallen an 400Ω Kupferwiderstand der Primärwicklung 0,034A x 400Ω = 13,6V ab. Bei gleichem Ruhestrom und angenommenen Rcu von 600Ω wären es 0,034A x 600Ω = 20,4V. Die Versorgungsspannung der Endröhre müsste dann um den Unterschiedsbetrag von 6,8V erhöht werden. Das macht Eingriffe in die Siebketten von End- und Vorröhren erforderlich. Eventuell sind die Gittervorspannungen der Endröhren nachzujustieren.

Einsatz als Kopfhörerverstärker

Im Produktkatalog der Firma Reinhöfer finden sich Trafos, bei deren Einsatz man mit dem hier beschriebenen Vollverstärker sicherlich eine hervorragende Kopfhörerwiedergabe erzielen kann. Gemeint sind die Typen 53.61U50 und 63.61U80.

Aktualisierung 13.04.2017: Herr Beyer von der Firma Reinhöfer teilt mir soeben mit, dass der Primärwicklungs-Kupferwiderstand der Übertrager 53.61U50 und 63.61U80 bei Beschaltung auf 10kΩ Impedanz 400 bis 420Ω beträgt. Damit sind sie im hier beschriebenen Gerät ohne weitere Änderungen gegen die für Lautsprecherbetrieb bestimmten Typen austauschbar.

Ein unerwartetes Problem und dessen Lösung

Nachdem das Gerät fertig, getestet und für gut befunden war, wurde das Gehäuse mit der zugehörigen Haube aus Stahlblech geschlossen. Großer Schreck: nach dem Wiedereinschalten lautes mechanisches Brummen – das Gehäuse gab ein Dauergeräusch von sich wie ein laufender Kühlschrank. Die beiden Netztrafos versetzten das Stahlblech in Schwingungen. Eigentlich kein Wunder: die obere Fläche der Trafos und das obere Gehäuseblech haben nur ein paar mm Abstand.

Drei Maßnahmen im Verbund machten dem Problem ein Ende:

  • zunächst kleidete ich das Stahlblechgehäuse mit einer alubeschichteten gewebeartigen Wärmeschutzfolie aus der Autoindustrie aus (von einem Freund, der in der Branche arbeitet), seitdem klingt die Haube beim Draufklopfen nicht mehr blechern, sondern trocken-dumpf wie ein Stück Holz – Anteil am Erfolg: 20%.
  • danach legte ich die das Problem verursachenden (identischen) Netztrafos gegenphasig ans Netz, dadurch hoben sich die beiden magnetischen Wechselfelder zum großen Teil auf – Anteil am Erfolg: 50%! (Eine Idee, die mir im Wald beim Hundespaziergang gekommen ist).
  • schließlich klebte ich auf beide oberen Flächen der Trafos so viele Lagen der erwähnten Folie, dass bei Schließung des Gehäuses dieses stramm auf den Trafos aufliegt – Anteil am Erfolg: 30%. Ich nehme an, vor dieser Maßnahme war oberhalb der Trafos ein Schwingungsbauch und jetzt ist dort ein Schwingungsknoten entstanden.

Nun hört man schon in einem halben Meter Abstand nix mehr davon, nachdem es vorher den Hörgenuss ordentlich beeinträchtigte.

  • einen Pfeil hatte ich noch im Köcher: ich hätte einen der beiden Netztrafos gegenüber dem anderen auf der Hochachse um 90° verdrehen können. Gut möglich, dass auch das eine heilsame Wirkung gehabt hätte, allerdings scheute ich den damit verbundenen Umbau.

Fazit:

Der Verstärker verhält sich vom ersten Einschalten an elektrisch absolut still – das heißt: keinerlei Brumm, bei offenen Eingängen minimales Rauschen (Ohrkontakt mit der Pappe des Greencone), bei kurzgeschlossenen Eingängen: nichts …!

Das Klangbild ist nach oben hin sehr luftig-offen, mit ausgeglichenen Mitten und respektablen Tiefen. Hohe Räumlichkeit, dadurch Klangereignisse gut ortbar, breite Bühne. Alles in allem ein äußerst zufriedenstellendes Ergebnis. Wie sagt man so schön: „… da staunt der Laie, und der Fachmann (in diesem Fall Freund Segschneider) wundert sich!“

Abschließend einige Bilder vom Aufbau des Vollverstärkers:

Alle Abbildungen © 2017 by Michael Münch
Bildergalerie, zum Vergrößern anklicken:

Willemsen legt auf (Box-Set 2017)

Willemsen legt auf (9 CD, 1 DVD, 2017)
Willemsen legt auf (9 CD, 1 DVD, 2017)

Vor gut einem Jahr – am 7. Februar 2016 – starb 60-jährig der Publizist und Moderator Roger Willemsen an den Folgen seiner Krebserkrankung. Ich wiederhole mich, wenn ich schreibe, dass Willemsen ein Gebildeter und Intellektueller im ganz posi­ti­ven Sinne war, ein Welterklärer frei von Besserwisserei. Ein druckreif-Redner, stil­si­cher, mit­rei­ßend, ein Erzähler, ein Fanatiker für die gute Sache. Und ein Musikkenner vor dem Herrn!

Willemsen legt auf war eine Radio-Sendereihe von NDR Kultur, betreut von Kulturredakteur Hendrik Haubold. Der erklärt auf der Internetseite des NDR, was es mit dieser Sendung auf sich hatte:

In der Sende- und Veranstaltungsreihe „Willemsen legt auf“ ging es um kluge und spannende Titel-Vergleiche in den Genres Klassik und Jazz. Konkret um solche Fragen: Gibt es zwischen den beiden programmatische Übereinstimmungen oder Korrespondenzen im Sound, gibt es Gattungsüberschneidungen und/oder kompositionstechnische Analogien oder etwa Verwandtschaften im Ausdruck? Nicht zuletzt diese spannende Frage: gab es ein Bluesgefühl schon vor dem Blues in beiden Genres? Eine Frage, die längst überfällig war. Roger war der Autor und Moderator, ich sein Redakteur. Wie man sich denken konnte, war er auch in dieser Disziplin brillant. Gemeinsam produzierten wir 279 Sendefolgen und gingen 26 Mal in Hamburg auf die Bühne und zweimal in Hannover, unterstützt von Anke Engelke, die das – genauso wie Roger – fantastisch machte.

© NDR, Hendrik Haubold

Ich erinnere mich gern an meine Hörerfahrungen mit dieser Sendung. Während jeweils etwa 15 Minuten stellte Willemsen ein klassisches Werk einem Jazztitel gegenüber. Herrlich zu erleben, wie der Musikfreund mit sich vor Begeisterung gelegentlich beinah überschlagender Stimme Unterschiede und Parallelen zwischen den Musiken herausarbeitete. Aus seinem enzyklopädischen Wissen schöpfend reicherte er das an mit Anekdoten und Schnurren über die beteiligten musikalischen Protagonisten – scheute sich auch nicht, seine eigenen Gefühle als Hörer zu schildern. Niemals niedermachend, immer zugewandt! Werbung für die Musik – im allerbesten Sinne!

Mit der Veröffentlichung eines üppig ausgestatteten Box-Sets am 24. Februar 2017 wird das nun wieder erlebbar. Ich kann jedem Musikinteressierten die Anschaffung nur wärmstens ans Herz legen.

Sehr gut geeignet auch als Geschenk. Mein von mir bedachter Freund Meinolf meint:

Und Abends dann Willemsen. Das ist ja das Beste, was seit langem über den CD Player gelaufen ist. Eine einzigartige Entdeckungsreise durch die Musikgeschichte. Doll!!

heavy rotation Vol. 20: Avalanche Quartet – Leonard Cohen Songs (CD 2007)

Nachtrag zu In Memoriam L. C.

Avalanche Quartet - Leonard Cohen Songs (CD 2007)Segschneider stieß im Netz auf ein Video des Avalanche Quartet und dessen Interpretation des Cohen-Titels Dance Me To The End Of Love, berichtete darüber in einem Beitrag im Januar, beklagte aber auch, es sei keine CD des Ensembles aufzutreiben. Gemeinsam haben wir nun das schweizerische Plattenlabel fazerecords ausfindig gemacht, bei dem man die CD Leonard Cohen Songs direkt beziehen kann. Kurz entschlossen geordert, stellt sich dieses Album inzwischen als überaus empfehlenswerter Kauf und Dauergast in der Schublade meines CD-Players heraus!

Der Silberling vereint 14 Werke des Meisters, darunter Bird On A Wire, Famous Blue Raincoat, Dance Me To The End Of Love, Sisters Of Mercy und Lover, Lover. Entkernte Arrangements, eine stimmige akustische Instrumentierung und die hervorragenden gesanglichen Qualitäten der Holländer, allen voran die des Frontmanns Henk Hofstede, verpassen dem Material eine Frischzellenkur. Der Sänger bringt es fertig, den Klassikern diesen Cohen-typischen Hauch von Melancholie zu lassen, ohne den aber zu persiflieren. Er macht seinen Helden nicht nach, aber beim Zuhören hat man das Gefühl, Cohen wäre mit im Raum gewesen und hätte dem Ganzen seinen Segen gegeben. Wunderbar gespielt und erstklassig klingend!

Wer also mit Lust auf Cohen am Plattenregal stehend doch wieder im letzten Moment zu Jennifer Warnes´ Album Famous Blue Raincoat gegriffen hat, dem böte sich hier eine zumindest gleichwertige Alternative …

UHER SG 560 Royal

UHER SG560 Royal
UHER SG560 Royal – ein schönes Gerät!

Email an meinen Freund Meinolf vom 08. Februar 2017:

(…) Aktuell noch etwas anderes: ich habe heute ein Tonbandgerät geschenkt bekommen. Es handelt sich um ein UHER SG560 Royal. Ein Band war drauf, allerdings ziemlich verdreckt, als wenn sich auf dem Wickel irgendwas abgesetzt hätte. Daher hab ich die Kiste nur mal kurz angemacht. Macht schon im Leerlauf einen ziemlichen mechanischen Lärm, transportiert aber, was dann zu einer dumpfen Wiedergabe führt. Der Vor- und Rücklauf funktioniert (ganz schön flott!), allerdings arretiert der zugehörige Hebel nur für kurze Zeit, so dass das Band dann irgendwann wieder stoppt.

Das UHER hat wohl länger gestanden. Gehörte dem vor einiger Zeit verstorbenen Vater eines Bekannten. Ich finde, dass es chick aussieht in seiner schwarzen Optik, kein Schnickschnack dran. Die deutschsprachigen Beschriftungen sind noch tiptop in Ordnung. Fast ein bisschen Dieter-Rams-mäßig alles. Zwei Fragen an Dich: 1. lohnt es, sich mit dem Gerät noch einige Mühe zu geben und Geld reinzustecken und 2. wenn ja, wolltest Du mir das Teil wieder flott machen? Das könnte dann mein Einstieg ins Thema Bandmaschinen werden.

Das Gerät wegschmeißen zu müssen wäre wirklich ein Jammer …

Und hier die umgehende Antwort:

Lieber Michael,

willkommen im Club, Du Glückspilz! Das war DIE MASCHINE meiner Jugendträume. Hab mir die Nase am Schaufenster plattgedrückt …

Gerne nehme ich Sie in meine Obhut, wenn Du mir Zeit lässt. Aber es klingt nach wenigen Defekten und nach gründlicher Überholung …

Ja, ein Glückspilz bin ich wirklich. Schon auch wegen des Gerätes, vor allem aber, weil ich in Meinolf einen Freund habe, der mit enormem zeitlichen Einsatz und großer Freude am Tun mit der Maschine regelrecht „gekämpft“ und aus ihr wieder ein technisches und optisches Schmuckstück gemacht hat. In einem irrte er in seiner Mail: es waren nicht wenige Defekte, auf die er im Verlauf der Revision stieß, sondern ein Sack voll! Wohl kein Wunder bei über 40 Jahre alter Technik …

In einer aktuellen Email zählt Meinolf auf:

Was steht nun „unter dem Strich“:

Mechanik:

Tausch des Motors, des Reibrades, eines Treibrades, der Antriebsrolle, Komplettjustage aller Gestänge um Start/Stop/Aufnahme herum, Reparatur des defekten Schalters Aufnahme, Revison aller mechanischen Teile mit Spezialspray

Elektronik:

Komplettrevision des Netzteils, Tausch aller Kondensatoren und Transistoren im Wiedergabeverstärker, dito im Aufnahmeverstärker, Neuanpassung der Aufnahmeköpfe/Spannungsteiler Auskopplung, Durchmessen mit Signalverstärker und Oszilloskop aller Aufnahme-/Wiedergabewege

Optik:

Komplettreinigung, Polieren der Haube, Aufarbeiten der Oberflächen

(…)

Es steht damit ein Stück deutscher Analoggeschichte in Deiner Anlage – und ein ganz feines Einmotorenlaufwerk!

Meinolf betreibt eine sehr informative Website über vintage audio. Dort findet sich ein ausführlicher, reich bebilderter Werkstattbericht über die Komplettrevision meiner Bandmaschine. Sehr zu empfehlen!

Und, Meinolf: großes Dankeschön an Dich!

UHER SG560 Royal auf der Werkbank
UHER SG560 Royal auf Meinolfs Werkbank

Nit für Kooche, Lück

Samstag, 25. Februar 2017, Ossensamstag, kurz nach 14:00 Uhr: in der benachbarten Großstadt beginnt in diesen Minuten der diesjährige Karnevalsumzug. Für mich Grund genug, um Osnabrück einen großen Bogen zu machen. Fragt mich einer, wie ich zum Karneval stehe, behaupte ich gern, den habe mir mein Arzt verboten, was mir zuweilen mitleidige Blicke einträgt.

Dabei gaben meine karnevalistischen Anfänge (unten, ca. 1960) zu den schönsten Hoffnungen Anlass:

meine karnevalistischen Anfänge, ca. 1961

25 Jahre später – Mitte der 80er Jahre – machte ich als Bildjournalist auch Aufnahmen vom Karneval. Sieht man da etwa schon, dass ich eine etwas zwiespältige Einstellung zum organisierten Spaß habe?

Altweiber-Karneval, ca. 1985
Altweiber-Karneval, ca. 1985
Sitzungs-Karneval, ca. 1985
Sitzungs-Karneval, ca. 1985
die Mädels vom Elferrat, ca. 1985
die Mädels vom Elferrat, ca. 1985

BAP - vun drinne noh drusse (LP 1982)Da stand ich schon lange unter dem „schädlichen“ Einfluss des wunderbaren BAP-Albums von drinne noh drusse, auf dem sich so legendäre Titel wie Kristallnaachh, Do kanns zaubere und eben auch Nit für Kooche, die Karnevals-Verweigerungshymne finden.

Oh, nit für Kooche, Lück,
bliev ich Karneval he.
Nä, ich verpiss mich hück,
ich maach nit met dobei.

Ach, ich muss doch mal wieder ein bisschen BAP hören …

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